Montag, 15. Dezember 2025

Das andere Stadtratsprotokoll - der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 15.12.2025: Die Zuckerstangen - Edition

 

Prolog: It’s beginning to look a lot like Christmas….

 

Von draus, von weit, von Olten kommt ich her – ich muss euch sagen, es stadtratet sehr. Überall auf den Tannenspitzen, sah ich goldene Gemeinderät:innen (hier sehr schnell sprechen) sitzen. Und droben aus dem Himmelstor, sah mit grossen Augen der Reto hervor…oder so. Call me Theodor Storm. Hallo und herzlich willkommen zur letzten Stadtratssitzung von 2025 und damit auch zum letzten Stadtratsprotokoll dieses Jahres. Greift euch Lebkuchen, Mailänderli, Christstollen und verleibt ihn euch ein, während ich euch berichte, was in dieser hochheiligen Nacht, der Stadtrat im Himmel für Freude euch macht.

 

Bald schon ist Weihnachten und bestimmt sind alle Beteiligten dieser Familienfeier Zusammenkunft des Stadtrats bereits beseelt vom heiligen Geist der Weihnacht erfüllt und liebevoll und mitfühlend miteinander und grosszügig und alles das, was das Wunder von Weihnachten uns gelehrt hat (und ja, ich muss selbst ein bisschen würgen, wenn ich diese Zeilen lese, aber ich schreibe noch an einem Weihnachtsroman und bin am Üben).

 

 

Teil 1: Kling, Stadtrat, klingelingeling

Es folgen einige Wahlen, denn durch den Rücktritt von Roland Loser (SP), der ja in den erlauchten Kreis des Gemeinderats aufgenommen wird (gibt es eigentlich eine feierliche Übergabe? Ich stelle mir da so einen Hermelinmantel vor, der um die Schultern gelegt wird und der Stapi schlägt ihn dann mit dem Schwert zum Gemeinderat – ohne ihn dabei dem Kopf abzusäbeln versteht sich, ich stelle es mir schwierig vor ohne Kopf zu regieren), müssen einige Kommissionssitze neu vergeben werden.

Außerdem gibt es einen neuen Chefhirten für die Stadtratsschäfchen, und zwar in Person von Diego Clavadetscher (FDP) und eine neue Vizechefhirtin, in Person von Corinna Grossenbacher (SVP), sowie neue Schafzähler:innen Gerhard Käser (SP) und Nicole Baumann – Zumstein (GLP). Viel Erfolg und Glück. Joy to the world!

 

Trotz Weihnachtsstimmung darf das harte politische Geschäft natürlich nicht vernachlässigt werden (auch die Geburt Jesus ist nicht wichtiger, als der Stadtrat von Langenthal), es geht aber trotzdem um ein stimmungsvolles Thema, nämlich um die Audioprotokollierung. Der Stadtrat testet aktuell eine Software, die die Stadtratssitzung aufnimmt – Idee wäre es, dass die Leute zukünftig nicht nur das schriftliche Protokoll (oder meines) lesen könnten, sondern die Sitzung und die einzelnen Redebeiträge anhören könnten (auf der kantonalen Ebene kann man das schon). Jetzt geht es darum, ob man dieses Projekt weiterverfolgen soll oder es wie ein alter Tannenbaum zum Fenster rausgeschmissen wird.

 

SP, GLP und SVP zeigen sich grundsätzlich offen gegenüber dieser Modernisierung, wobei SP – Fraktionssprecher Sandro Baumgartner mahnt, dass er schon erwarte, dass mit ihren Stimmen sorgfältig umgegangen werde, eine Sorge, die auch Pascal Dietrich (Liste 49) teilt, der zudem den Fortschrittlichkeit dieses Tools bezweifelt und zu bedenken gibt, dass es für den Protokollführer nicht nur eine Erleichterung sei: Dadurch, dass die Sitzungen auf Schweizerdeutsch geführt werden, kommt die ÜbersetzungsKI an ihre Grenzen und der Protokollführer muss alles zusätzlich übersetzen. Trotz dieser Einwände, überwiegen für die Stadträt:innen größtenteils die Vorteile und entscheiden, dass das Projekt weitergeführt wird.

 

Ich wäre ja für einen Livestream. Dann könnte ich gemütlich zuhause in meinem Himmelbett (das ich nicht habe) sitzen, gekleidet in meinen seidenen Morgenmantel (den ich auch nicht habe), in der einen Hand ein Glas Sekt (das ich auch nicht habe – also das Glas schon, den Sekt nicht) und in der anderen einen Kübel Eis (den ich tatsächlich immer habe – Eis ist mein Leben. Und Lebkuchen natürlich). Und dann könnte ich mir das alles in Ruhe reinziehen und immer und immer wieder meine Lieblingsstellen zurückspulen. Das wäre ein echter Mehrwert für mich. Äh, ich meine für Langenthal, natürlich.

 

 

Teil 2: Es fasnachtet sehr

 

Und dann kommen wir zu DEM Traktandum, das dazu geführt hat, dass ich heute die Zuschauerränge mit gefühlt der halben Fasnachtsgesellschaft teilen darf (wobei es nicht ganz so krass ist, wie wenn die Lehrer:innen aufmarschieren – dann erinnert es fast an eine Besetzung), nämlich zum Leistungsverstrag mit der LFG. Dabei geht es vor allem darum, dass etwas schriftlich reglementiert und festgehalten wird, was schon jahrelang angewendet wird. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass die Fasnacht aufgrund eines abgelehnten Stadtbudgets (ach, was, das passiert doch nie *hust*) nicht stattfinden kann (Schnee und Viren können leider nicht vertraglich verhindert werden).

Dass die Fasnacht für Langenthal eine große Bedeutung hat, stellt niemand in Frage. Besonders hervorgestrichen wird das von Patrick Jordi (FDP), seines Zeichens leidenschaftlicher Guggenmusiker und, wie er selbst in seinem Statement offenbart, in seinem Anwärterjahr für die LFG. Diskutiert wird allerdings, dass dieser Leistungsvertrag unbegrenzt sein soll – Leistungsverträge werden normalerweise zeitlich begrenzt und dann wieder neu verhandelt.

Sandro Baumgartner und Saima Sägesser (SP) formulieren die Kritik ihrer Fraktion. Es sei eine Ungleichbehandlung der anderen Kulturhäuser, so Sandro Baumgartner und nennt konkret das Stadttheater und das Chrämerhuus, die ebenfalls eine große Ausstrahlung über die Stadtgrenzen ausübten und einen Mehrwert erbringen würden. Und er nimmt auch Bezug auf einen ominösen Newsletter, der von der LFG verschickt wurde und in dem ein – naja, nennen wir es, latent aggressiver Ton mitschwang und in dem geschrieben wurde, dass die rund 2000 Fasnächtler:innen ja dann die  Stadträt:innen auch nicht mehr auf ihre Wahlzettel schreiben würden. Augenzwinkernd erklärt Baumgartner, dass er sich ja freuen würde, wenn der anonyme Schreiberling 2‘000 Leute dazu bewegen könne, überhaupt wählen zu gehen – das sei nur gut für die Wahlbeteiligung. Saima Sägesser wiederum erklärt ihre ablehnende Haltung mit fehlenden Inhalten – so hätte sich die SP gewünscht, dass die LFG ihren Einfluss nutzt um sich deutlich gegen Diskriminierung ausspricht und auch heikle Themen wie sexuelle Gewalt oder kulturelle Aneignung aufgreift und Lösungen dafür bietet.

Trotz dieser Kritik kommt der Leistungsvertrag fast einstimmig durch und das ohne, dass jemand Konfetti werfen musste oder eine Gugge protestierend durch den Saal zog. Viel Aufregung um nichts. Lasst mich allen, die hier mitlesen, einen guten Rat in Sachen Stadtrat geben (nachdem ich wahrscheinlich über 40 von diesen Happenings besucht habe, würde ich mich schon als erfahren bezeichnen): Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht und nur weil sich Leute kritisch äußern oder Änderungsvorschläge haben, heißt das nicht zwingend, dass ein Geschäft abgelehnt wird – und es ist halt einfach auch der Job des Stadtrats kritisch zu sein und zu diskutieren. Also: Don’t panic!

In diesem sagenumwobenen Newsletter wurde auch noch geschrieben, dass die LFG mir im Zuschauerraum Gesellschaft leisten will. Dazu möchte ich sagen, dass ich natürlich gerne Gesellschaft habe (außer morgens – dann lasst ihr mich bitte in Ruhe. Und mittags sprecht ihr mich bitte auch nicht an. Ach ja, und abends bin ich auch eher unleidlich…hm, am besten redet ihr mit mir zwischen 23.30 und 23.45, dann habe ich mein persönliches Hoch), aber ich hätte sie halt gerne auch, wenn nicht gerade ein Traktandum auf dem Zettel steht, was euch bewegt. Weil, es ist immer schade, wie der Zuschauerraum sich dann sofort leert, sobald die eigene Herzenssache durchgekommen ist. Ein Umstand, der Pascal Dietrich zu ungeahnten dichterischen Höhen führt: „Tut der Stadtrat bei die deinem Geschäft bocken – musst du einfach hinten in den Zuschauerraum hocken!“ Nicht mehr lange und er nennt sich nicht mehr Dietrich – sondern Dichterich.

       

       Teil 3: Alle Jahre wieder…kommt das Stadttheater

 

Nach einigen Fristverlängerungen (und einem Traktandum, das ich komplett verpennt habe, weil ich Lebkuchen essen musste, sorry), geht es mal wieder ums Stadttheater. Und zwar um eine Motion der GLP/EVP Fraktion, die für das Stadttheater eine Spezialfinanzierung fordert – das würde bedeuten, dass das Stadttheater nicht mehr im städtischen Budget auftauchen würde. Motionärin Murielle Schärer betont dann auch, dass das Führen einer Kulturinstitution immer gewissen Schwankungen unterliege und durch diese Auslösung das Stadttheater sich eben nicht mehr für jeden Fünfer rechtfertigen müsse. Es entstehe auch Handlungsspielraum, so Schärer und trotzdem bestünde mit der Stadt im Rücken noch ein Sicherheitsnetz.

 

Franziska Zaugg – Streuli (FDP) sieht im Namen ihrer Fraktion in der Spezialfinanzierung nicht die Lösung der Probleme, während Saima Sägesser (SP) der Meinung ist, dass man den bereits eingeschlagenen Weg mit dem Stadttheater weiterführen will und nicht wieder etwas Neues anfangen will. Mit der „sympathischen“ Motion, so Corinna Grossenbacher (SVP), hätte sich auch die SVP lange beschäftigt, letztendlich würden sie aber auch der ablehnenden Haltung des Gemeinderats und des Amts für Kultur und Bildung folgen, weil sie befürchten, dass zu viele Ressourcen für die Ausarbeitung eines Reglements gebunden werden, dass dann doch wieder über den Haufen geworfen wird.

 

Motionärin Murielle Schärer (GLP) sieht die Argumente der Fraktionen, bittet aber um eine Sache. „Macht vorwärts und lasst es nicht wieder zehn Jahre dauern, bis etwas passiert!“, so Schärer. Also bitte! Wann hat denn in Langenthal jemals etwas lange gedauert? Wir sind total speditiv! Also, nachdem wir einen Bericht eingeholt und einen zweiten Bericht geschrieben haben und den ersten Bericht dann noch einmal durchgekaut haben und die Statistik dazu sorgfältig ausgearbeitet und eine dritte Meinung zu ebenjener Statistik eingeholt haben – aber dann sind wir blitzschnell.

 

Weiter diskutiert wird die Umbenennung von Haltestellen, die zum Teil noch veraltete Namen tragen, mit denen niemand mehr was anfangen kann. Wobei prompt wieder darum gestritten wird, mit welchem Namen sich die Leute jetzt besser identifizieren können. Ich wäre ja für Namen wie „Pupsender Regenbogen“, „schnurrende Katze“ oder „rülpsender Drache“, weil ich es mir sehr lustig vorstelle, wie diese angenehm mechanische Frauenstimme im Bus haucht: „Pupsender Regenbogen – Umsteigemöglichkeiten in alle Richtungen.“

 

Teil 4: Es ist ein Stadtratspräsident entsprungen…

 

Die GPK hat ihren jährlichen Verwaltungsbesuch hinter sich gebracht und Corinna Grossenbacher (SVP) hat nach eigener Aussage das „Vergnügen“ (wobei sie das in einem Ton sagt, als fände sie ein Bad mit Piranhas im Grunde erstrebenswerter) das Fazit dieses Besuchs präsentieren. Sie dankt der Verwaltung für ihre gute Arbeit, macht aber auch deutlich, dass es in Sachen Strukturen vielleicht noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt und auch noch einiges nach der Methode das haben wir schon immer so gemacht wird. Ja. Würde jetzt behaupten, dass ist in Langenthal generell die am meisten verbreitete Methode, haha.

 

Und dann heißt es Abschied nehmen: Martina Moser (SP) ist als Gemeinderätin zurückgetreten und hat heute ihr letzte Sitzung hinter sich gebracht. Und da werde ich doch glatt emotional: Martina war/ ist ein Mensch, der für mich bewiesen hat, dass man nicht laut sein muss, um in der Politik seine Spuren zu hinterlassen und sie war deshalb auch immer ein Vorbild. Danke, Martina! Du wirst fehlen.

 

Mut und Bereitschaft hat es gebraucht zum Wandel, so Martina Moser bei ihren Abschiedsworten. Sie kann                                                                                                            sich beruflich weiterentwickeln, das hat aber auch zur Folge, dass sie das Gemeinderatsamt nicht mehr ausüben kann. „Geben wir acht aufeinander“, so Martina Moser und bedankt sich auch bei allen Wählenden, die ihr ihr Vertrauen geschenkt haben, wie auch bei ihrem Gemeinderat  – und Stadtratskolleg:innen – aber auch bei ihrem „Büezer“, ihrem Amtsvorsteher Thomas Egger. Und sie wünscht allen, Kraft und Mut für Veränderungen, die anstehen, sowie ihrem Nachfolger Roland Loser alles Gute im neuen Amt.

 

Und es folgen noch weitere Abschiedsworte, diesmal vom Stadtratspräsidenten Fabian Fankhauser (GLP), der zwar noch im Stadtrat verbleibt, aber sein Jahr als höchster Langenthaler beendet. „Ich habe euch zwei Sachen versprochen: Dass ich euch nicht über den Unterschied zwischen Arbeit und Energie belehre und dass ich die Sitzungen speditiv leite. Ich würde behaupten, das habe ich erreicht, jedenfalls habe ich mir da selbst ein erfüllt gegeben“, so Fankhauser, der trotz weniger Traktanden und einer abgesagten Sitzung ein ereignisreiches Jahr hinter sich hat, weil sehr viel im Hintergrund umstrukturiert wurde und die Abläufe in Langenthal durchleuchtet werden. Fankhauser nutzt seinen Moment auch für einen „Appell“ an die rechtsextremistischen Gruppierungen, die immer wieder Kleber mit widerlichen Inhalten anbringen. Sie sollen doch einfach wegbleiben, rät Fankhauser und die Stadt in Ruhe lassen. Aber er nimmt auch die Stadträt:innen von links bis rechts in die Pflicht sich gegen Extremismus zu stellen. Und letztendlich: „Wir alle sitzen freiwillig hier und wir alle wollen das Beste für die Stadt – vergesst das nicht und sucht über die Parteigrenzen nach Lösungen. Und: nicht jeder Veränderungsvorschlag ist auch eine Kritik.“

 

Pointiert, engagiert und mit Humor – so fasst Diego Clavadetscher (FDP)  Fabian Fankhausers Charakter und seine Reden zusammen, ein Kämpfer für seine Überzeugungen. „Danke für dein Vorbild in Sachen Stadtrat und Meinungsbildung…und in Demokratie.“ Der sichtlich gerührte Fankhauser beendet damit ein letztes Mal die Stadtratssitzung,

 

Und damit geht die Saison 2025 zu Ende – auch für mich. Vielen Dank fürs Mitlesen und Teilen und da sein – ich hoffe, ich habe euch trotz ernster Themen immer wieder erfolgreich zum Lachen gebracht und ihr konntet auch dann schmunzeln, wenn das Lama vielleicht auch mal schärfer oder zynisch oder ironisch war – ich meine es nicht so, ich bin nur ein ganz kleines bisschen böse. Wir sehen uns.

Das andere Stadtratsprotokoll - der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 15.12.2025: Die Zuckerstangen - Edition

  Prolog: It’s beginning to look a lot like Christmas….   Von draus, von weit, von Olten kommt ich her – ich muss euch sagen, es stadtra...