Montag, 26. August 2019

Das andere Stadtratsprtokoll VII


Was könnte einen perfekten Sommer besser abrunden als eine knackige, spritzige Stadtratssitzung? Das wird sicher genauso lustig wie meine Irlandreise, dachte ich im Vorfeld, nur, dass es statt „Slàinte“ und „Uisce bheatha“ „strukturelles Defizit“ und „Zinssätze“ heisst. Und dass es statt Elfen und Schafe, Gemeinderäte – und Gemeinderätinnen sowie Stadträte – und Stadträtinnen gibt (ich überlasse es den Lesenden zu entscheiden, wer in dieser Aufteilung jetzt wer ist). Ausserdem ist Irland definitiv kühler als im Sitzungszimmer des Stadtrates, wo ich mich nach spätestens fünf Minuten fühle wie im Backofen (wer hatte eigentlich die grandiose Idee, ein Zimmer direkt unter dem Dach zu wählen? Gab es keine freien Räumlichkeiten im Schwimmbad?)

Bevor sich die Herren und Damen Stadtrat über das Budget und den Finanzplan 2020 – 2024 beugten (gibt es eigentlich keine Themen ohne Zahlen mehr?), begrüsste der Zeremonienmeister, der Stadtratspräsident  Patrick Freudiger (SVP) die Anwesenden und versprach eine kurze Sitzung. Worte, denen ich keinen Glauben schenkte, wie ich gestehen muss, denn nach meiner Erfahrung ist das mit den „kurzen“ Sitzungen wie mit den „kurzen“ Voten: Man kann diese Aussage in etwa so ernst nehmen, wie wenn jemand sagt, er gehe mal „kurz“ eine rauchen oder „kurz“ die Welt retten. Aber, in diesem Fall sollte  Freudiger Recht behalten. Mea culpa.

Patrick Freudiger machte auch auf personelle Änderungen aufmerksam. Stadtratssekretärin Janine Jauner ist im Mutterschaftsurlaub oder um es mit Freudigers Worten auszudrücken: Sie darf ein Kind bekommen. Offenbar hat das Bundesamt für Bevölkerungszuwachs und Umweltschutz ihr dafür die Erlaubnis erteilt. Und Gabi Heiniger, die zuverlässige Protokollantin (die richtige Protokollantin) hat eine neue Stelle angetreten. Da der Stadtschreiber sich noch immer in Rekonvaleszenz befindet, springt für ihn Rechtsanwalt Dr. Arn ein und so sassen eine Menge neue Leute mit am erhobenen Tisch des Stadtratsbüros (ist eigentlich schon mal jemanden aufgefallen, dass diese Tafel GENAUSO aussieht wie der Lehrertisch in Hogwarts? Abgesehen davon, dass niemand einen Hexenhut trägt). Auch im Stadtrat gab es einen Neuzugang: Mike Siegrist (EVP) ist für Anita Steiner – Thaler nachgerutscht.

Das hinderte Patrick Freudiger nicht daran, in üblicher forscher Weise mit Traktandum 1 zu beginnen: Das Budget 2020 und der Finanzplan 2020 – 2024. Weil beides zusammenhängt (denn ohne Budget gibt es kein Finanzplan und ohne Finanzplan kein Budget, was uns zu der hochphilosophischen Frage führt, was zuerst da war: Der Finanzplan oder das Budget?) präsentierte der zuständige Gemeinderat, Finanzminister Roberto de Nino beides zusammen.

Um es kurz zu machen: Budgetmässig sieht es nicht so rosig aus, aber auch nicht zappenduster Die Stadt Langenthal hat ein strukturelles Defizit von 3, 1 Millionen (findet ihr nicht auch, dass alles viel wichtiger klingt, wenn man ein strukturell vorne dranhängt? Strukturelle Buchhändlerin hat doch gleich ein ganz anderes Gewicht als dieses  popelige Buchhändlerin!). Das Budget „ruiniert“ hat das Projekt mit dem schönen Namen „IT – Plattform – Outsourcing“, das stattliche 2.4 Millionen verschlingt (IT  - Outsorucing heisst, dass das Stadtparlament, die Regierung und das Stimmvolk entschieden hat, die Informatik der Stadtverwaltung nicht mehr selbst zu betreuen, sondern sie von einem externen Anbietern erneuern zu lassen.)

Dennoch, so Roberto de Nino, sei diese Ausgabe richtig und wichtig, denn hätte man sich dafür entschieden, die veraltete Technik ständig nachzubessern, hätte das zu noch mehr Aufwänden und Kosten jährlich geführt. Wenn ich das mal mit einem Sinnbild versehen dürfte: Wenn dein Boot ein Loch hat und du dieses Loch mit einem Kaugummi notdürftig reparierst, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Kaugummi schmilzt, das Wasser ungebremst ins Boot läuft und es untergeht.

Zum Glück gibt es auch Einnahmen. Nicht nur die üblichen Einnahmen aus Steuern (mein Geld, dein Geld, unser Geld, dass wir brav der Stadt, dem Kanton, dem Bund abliefern), sondern auch noch eine unerwartet hohe Dividende von der IB Langenthal. Die hat nämlich Geburtstag und zu diesem feierlichen Anlass schüttet sie eine Jubiläumsdivdende aus. Normalerweise schenken einem ja die anderen etwas zum Geburtstag, nicht umgekehrt, aber wir wollen uns jetzt mal nicht beschweren.

Auch der Finanzplan enthält mehr Ausgaben als Einnahmen. Tatsächlich rechnet der Finanzvorsteher damit, dass sich die Schulden der Stadt Langenthal im Jahre 2024 auf rund 116 Mio Franken belaufen werden (Ich finde, man muss das positiv sehen. Könnten ja auch 120 Mio Franken sein…). Ein Grund für diese hohe Summe sind die Investitionen. Denn bei all den Kredite, die in den letzten Stadtratssitzungen gesprochen wurden – ESP Bahnhof zum Beispiel – handelt es sich ja nicht um Konfetti, sondern eben um Geld. Wer shoppt, muss eben auch zahlen (Wobei es im Fall des Bahnhofs so sein wird, dass zumindest ein Teil der investierten Summe wieder zurückbezahlt wird).

Ein Thema, dass bei Budgetdiskussionen in Gemeinden grundsätzlich aufpoppt sind die Steuern. Denn wenn man mehr Aufwände hat, muss man umgekehrt dafür mehr Einnahmen generieren, das weiss sogar ich mit meinen eher beschränken Buchhaltungswissen. Und Erträge generiert man in einer Stadt nun einmal hauptsächlich mit Steuern. Es läge daher eigentlich nahe, die Steuern zu erhöhen. Der Gemeinderat möchte das jedoch vermeiden, denn der relativ niedrige Steuersatz macht die Stadt ja auch attraktiv. Steuererhöhungen sind zudem aus nachvollziehbaren Gründen beim Volk nicht wirklich beliebt und wer weiss: Plötzlich hätte die Stadt Langenthal dann einen Robin Hood, der mit Pfeil und Bogen gegen die hohen Steuern kämpft? (wobei wenns ein gutaussehender Kerl ist: Warum nicht.)

Die Steuern waren dann auch Thema bei der Geschäftsprüfungskommission, wie deren Sprecher Diego Clavadetscher (FDP) bestätigt. Auch sie hat dem Gemeinderat die Frage gestellt, ob denn eine Steuererhöhung anstehe, was dieser verneint habe. Auch die anderen Fragen der GPK konnte die Exekutive zufriedenstellend beantworten und so stellte sie dann auch brav die formale Richtigkeit des Geschäfts fest.

Bei den Äusserungen der Fraktionen wurde klar, dass niemand im Anbetracht des Defizits Freudensprünge macht, dass sich aber alle mehr oder wenig einig sind, dass man das Budget und auch den Finanzplan bereits so weit als möglich aufgehübscht hat. Denn bei vielen Bereichen kann die Stadt ja auch nicht viel machen, zum Beispiel bei Dingen, die von Kanton und Bund abhängen (Stichwort Sozialhilfe oder Verkehr). Jürg Schenk von der EVP äusserte Sorge darüber, dass mehr ausgegeben wird, als eingenommen, gab aber zu, dass auch seine Fraktion das Ei des Kolumbus nicht gefunden hat.

Ähnliche Töne schlug Pascal Dietrich (FDP) an, der den Prozess, in dem das Budget und der Finanzplan entstanden sind, lobte, mit dem Resultat aber unzufrieden ist. In seinen Votum konnte er sich einen kleinen Seitenhieb Richtung Gemeinderat dann nicht gänzlich verkneifen. Als es vor Jahren um die Sanierung des Stadttheaters gegangen sei, habe man versichert, dass der laufende Betrieb im renovierten Gebäude, nicht mehr kosten würde, als der im alten Gebäude. Dies sei jetzt aber laut Aufstellung der Fall: Der Betrieb kostet mehr. „Da hat man was anderes versprochen“, merkte Dietrich leicht süffisant an.

Paul Bayard (SP) wendete sich in seiner Stellungnahme dann gleich direkt an die Steuerzahler – und Steuerzahlerinnen. Er mahnte, dass es nicht richtig sei, Sachen über Gebühren zu finanzieren, die man über Steuergelder finanzieren sollte. Damit bezog er sich auch auf die Geburtstagsdividende der IBL, die ja, indirekt vom Gebührenzahler/ der Gebührenzahlerin finanziert werden wird (So viel zum Thema Geschenk). Er erinnerte auch daran, dass sich Umstände schnell ändern können, wie ja auch die aktuelle Weltpolitik beweise, wo ja „schurige Gstalte hervorkroche chöme.“ In diesem Sinne wisse man ja auch nicht, was die Zukunft für Langenthal bringe. Die SP/GL Fraktion unterstütze den Finanzplan daher nur zum Teil.

Kurz und schmerzlos machte es Patrick Fluri von der SVP, der lakonisch verkündete, die SVP werde das Budget grösstenteils annehmen. Praktisch veranlagt wie SVPler nun einmal sind, schlug er auch gleich noch eine Sparmassnahme vor. „Hätten wir all das Papier, das wir im Vorfeld erhalten haben, in elektronischer Form, würde das auch helfen die Kosten zu senken“, bemerkte er.

Seine Parteikolleggin Corinna Grossenbacher (SVP) dagegen zeigte sich enttäuscht, dass die Stadt darauf verzichtet die Positionen zu beeinflussen, die nicht gebunden sind. Sie brachte das Beispiel vom Personalaufwand in der Verwaltung, denn nach Meinung der SVP, hätte man durch die Auslagerung der IT, Stellen sparen können bzw. müssen.  Denn Personalaufwand ist ebenfalls ein sehr grosser Ausgabeposten (nicht nur in der Stadt sondern überall. Darum kommen auch alle Unternehmen auf die glorreiche Idee, Leute rauszuschmeissen, wenn es schlecht läuft).

Janosch Fankhauser (ebenfalls von der SVP) hatte ganz andere Ausgaben im Visiert. In der Detailberatung über das Budget stellte seine Partei den Antrag, bei der Bundesfeier mit Feuerwerk zu sparen, denn immerhin kostete das kurzweilige Vergnügen dieses Jahr rund 15‘000 Franken (übrigens hatte ich ab diesem Punkt den Song „Feuerwerk“ von Vincent Weiss im Ohr – Danke, SVP, für diesen Ohrwurm!)  und erhöhe auch den CO2 Ausstoss. Die SVP hatte die Idee, 4‘000 Franken weniger ins Bum Bum zu investieren und das Geld dafür dem Old Capitol zuzusprechen (das Old Capitol ist ein ehemaliges Kino, das inzwischen zum beliebten Kulturlokal avanciert ist).

In Sachen Feuerwerk waren alle Redner – und Rednerinnen mehr oder weniger einverstanden. Paul Bayard war der Ansicht, dass man eigentlich auf den ganzen Zauber verzichten könne, denn schliesslich störe das alle Hunde und Katzen (und Lamas) und es sei ja wirklich nicht besonders sinnvoll, für 15 Minuten 15‘000 zu verballern. Für irritiertes Stirnrunzeln sorgte im ersten Moment allerdings die kühne Verknüpfung zwischen Feuerwerk und Old Capitol, zwei Dinge, die ja eigentlich nicht viel miteinander zu tun haben. Janosch Fankhauser begründete diese Idee damit, dass das Old Capitol von Freiwilligenarbeit lebt und Schwierigkeiten hat sich zu finanzieren. Der Stadtrat zeigte Herz für das O.C und stimmte den Antrag, inklusive Quersubventionierung zu. Gespart wurde dadurch allerdings nichts.

Ein anderer Antrag der SVP – die in den Ferien offenbar neue Energie getankt hat – betraf die Liegenschaftssteuer. Der Kanton Bern hat die Liegenschaften neu bewertet, stiess aber bei manchen Städten auf Widerstand. Das Bundesgericht hat diesen Städten Recht gegeben, der Grosse Rat muss noch einmal über die Bücher. Die SVP Langenthal wollte die Liegenschaftssteuern im Budget anpassen und von 1.0 % auf 0.9% senken.

Bernhard Marti (SP) konnte diesem Ansinnen nicht viel abgewinnen. Denn mal abgesehen davon, dass damit nur eine Anspruchsgruppe begünstigt würde – sei das auch ein Entscheid ins Blaue, weil man ja nicht weiss, wie sich die Regelung im Kanton Bern jetzt entwickeln wird. Ausserdem mache eine Steuersenkung bei diesem Minus im Budget keinen Sinn und es gebe mehr Mieter als Eigentümer.

Pascal Dietrich äusserte sich ähnlich, zumindest was die Sache mit dem hängigen Prozess im Kanton Bern betrifft, der es schwer mache, jetzt schon etwas zu fixieren. Roberto de Nino schliesslich erklärte noch einmal, dass der Gemeinderat weder Steuererhöhungen noch Steuersenkungen anstrebe (fast erwartete ich, dass er auf den Tisch springt und anfängt „ich erhöh euch die Steuern, gewählt ist gewählt, ihr könnt mich nicht mehr feuern“ zu singen). Ausserdem würde die Senkung der Liegenschaftssteuern ein Loch von 350’00 in die Kasse reissen. Wie zu erwarten wurde der Antrag deutlich abgelehnt. Nachdem das geklärt war, schritt man zur Schlussabstimmung: Dem Budget wurde mehrheitlich zugestimmt. Auch die dazugehörige Abstimmungsbotschaft – denn auch das Volk darf noch darüber befinden – wurde ohne weitere Änderungsanträge durchgewinkt und so konnte man dieses Traktandum abhaken und sich dem nächsten zuwenden, das den klangvollen Titel trug: Gesamtsanierung Kugelfang Hinterberg und Neugestaltung Kinderspielplatz. Hierbei handelte es sich eine Motion von Daniel Steiner – Brütsch (EVP), die aus dem Jahr 2017 stammt und noch immer nicht umgesetzt ist. Gemeinderat Pierre Masson (SP), zuständig für das Departement Energie, Versorgung und Entsorgung beantragte erneute eine Fristverlängerung.

Beim Kugelfang handelt es sich – wie der Name es schon vermuten lässt – um eine ehemalige Schiessanlage, deren Erdreich von Altlasten befreit werden müsste und die sich in der Nähe eines Kinderspielplatzes befindet, den man ebenfalls auffrischen müsste. Eine Zeitlang sprach man davon, nur den Kinderspielplatz zu sanieren, bis die Motion von Steiner – Brütsch die Gesamtsanierung des Gebiets ins Spiel brachte. Der Motion wurde zugestimmt, doch die Umsetzung harzt. Wie Pierre Masson ausführte,  hat der Kanton Bern die Sanierung zwar als dringend eingestuft und es gibt inzwischen auch ein Konzept, dennoch braucht es noch einmal einen Aufschub bis 2020.

Daniel Steiners Begeisterung ob dieser Neuigkeit hielt sich spürbar in Grenzen. Er bezeichnete den langwierigen Prozess gar als „Drama“ und äusserte die Befürchtung, dass am Ende die gesamte Sanierung ins Wasser fallen könnte. Trotz seiner Frustration blieb ihm nichts anderes übrig, als die Fristverlängerung zähneknirschend zu akzeptieren.
Ein Schicksal, das er mit der SP/GL Fraktion teilte, die die Berichterstattung zum Postulat Umsetzung des Masterplans Arbeitsintegration in Langenthal auch nicht gerade prickelnd fand. Carole Howald (JLL) dagegen war zufrieden, denn der Gemeinderat hat das von ihr angestossene Geschäft, Easy Vote in Langenthal, an die Hand genommen und umgesetzt. Wenigstens eine ist glücklich.

Da man ja ohnehin gerade in der Vergangenheit schwelgte, beschäftigte man sich auch noch mit einem Thema, das Langenthal seit fünf Jahren immer wieder beschäftigt: Die Alte Mühle, ein zauberhaftes Gebäude vom historischen Wert, in dem auch die Stadtratssitzung abgehalten wird. Sonst passiert da aber nicht mehr viel, denn der Restaurationsbetrieb musste eingestellt werden. Alle Versuche eine rentable Nutzung für die Alte Mühle zu finden, sind gescheitert und trotz diverser Theorien, Arbeitsgruppen und Zeitungsartikel sind wir mehr oder weniger gleich weit wie vor fünf Jahren, als der damalige Wirt aufgeben musste.
Es ist nicht verwunderlich, dass die Alte Mühle immer wieder auf der politischen Agenda auftaucht, ist sie ja nun wahrlich nicht gerade ein Ruhmesblatt für Langenthal. Die FDP/JLL Fraktion, wagt erneut einen Vorstoss mit der Motion: Gebiet der Alten Mühle rasch beleben und rentabilisieren. Damit renne man offene Türen ein, versicherte Stadtpräsident Reto Müller, der die Gelegenheit nutze, diese unendliche Geschichte in allen Kapiteln noch einmal zu erzählen und aufzuzählen, was alles konkret am Laufen sei. Im Namen des Gemeinderats empfahl er die Motion zur Annahme.

Seiner Aufforderung folgte die SP/GL – Fraktion, ebenso wie die SVP – Fraktion – wenn auch ohne grosse Begeisterung, wie Stefan Grossenbacher erklärte, aber Begeisterung wird ja auch beim Abstimmen nicht verlangt. Überraschungsei Beatrice Lüthi (FDP), dagegen stellte sich gegen die Motion ihrer Fraktion zur Ablehnung, wobei ihr vor allem das Silo ein Dorn im Auge ist. Das Silo ist ein äusserst hässliches Gebäude, das ebenfalls zum Mühleareal gehört und das aus – mir unerfindlichen Gründen – in manchen Langenthalern – und Langenthalerinnen Nostalgie auslöst. Beatrice Lüthi erklärte, dass im Jahr 1981 eigentlich schon klar gewesen sei, dass dieses Silo abgerissen werden würde. Davon spricht heute niemand mehr. Trotz dieses Votums wurde die Motion mit grosser Mehrheit angenommen.

Das letzte Geschäft des Abends drehte sich um Abfall. Es ging um eine Ergänzung oder Überarbeitung des bestehenden Abfallkonzepts, insbesondere in Hinblick auf Plastik, der, wie wir alle wissen, ein grosses Umweltproblem ist. Und wie immer, wenn man über Umwelt diskutiert, dreht man sich im Kreis, weil der eine behauptet, die Entsorgung in Deutschland sei super, weshalb es Sinn macht, den Abfall dort hinzufahren, während der andere erklärt, dann könne man den „Güsel“ auch gleich bei uns zum normalen Abfall schmeissen, weil das in Deutschland eh auch so gemacht wird und der dritte wiederum findet, wenn man es den Menschen zu leicht mache, Plastik zu entsorgen, würden sie noch viel weniger darauf achten, was sie kaufen. Man streitet also ewig lange, was ökologischer ist und am Ende bleibt alles gleich unökologisch, weil die ökologischen Lösungen nicht ökologisch genug sind.

Der Abfallchef von Langenthal, Pierre Masson, erklärte, dass auch diese Motion offene Türen einrenne (vielleicht sollte sich der Glaspalast keine neue IT, sondern neue Türen leisten, wenn sich die offenbar so schlecht schliessen lasse) und das man daran sei, ein Abfallkonzept zu erarbeiten, dass sich eben auch mit der Frage nach, wohin mit den Kunststoff beschäftige. Trotz einer Diskussion, die mehr oder weniger genauso ablief, wie oben beschrieben, nahm der Stadtrat die Abfallmotion an.

Damit endete die Geschichte vom Budget, dem Finanzplan, dem Spielplatz, dem Feuerwerk und dem Güselsack. Und das noch vor zwölf Uhr! Das ich das noch erleben darf.

Was sonst noch passiert ist:


  • Zwischendurch dachte ich ja echt, Roland Loser (SP) stecke sich stinkfrech eine Zigarette im Stadtrat an…es stellte sich aber heraus, dass er sich nur den Stift zwischen die Zähne gesteckt hatte. Wohl bekomms.

  • Die Sitzordnung im Stadtrat hat sich verändert. Renate Niklaus (GLP) wurde zu den Grünen gesetzt, was für einige Verwirrung sorgte. Vielleicht sollte man dazu übergehen, für die Stadträte – und Stadträtinnen Sitzkissen mit Namenszug zu nähen.

  • Interessanterweise ist es so, dass eine einfache Anfrage vom Gemeinderat schriftlich, aber nicht mündlich beantwortet wird und auch der Antragssteller sich im Stadtrat nicht dazu äussern darf. So geschehen mit der Anfrage von Pascal Dietrich, betreffend Resolution Gemeindevielfalt. Es wurde zwar traktandiert, aber kein Wort darüber verloren. Worum es ging? Keine Ahnung. Aber schön, dass wir darüber geredet haben, dass wir nicht darüber reden werden.


Best of:

„Für die EVP/GLP Fraktion spricht Mike Siegrist…äh Jürg Schenk…aber die Fraktion war richtig oder?“ Der sonst so tadellose Patrick Freudiger  (SVP) bringt die Namen durcheinander, freut sich aber, dass er zumindest die Parteizugehörigkeit richtig genannt hat.

„Wir essen hier den Kuchen, der eigentlich für die nächste Generation reichen sollte.“ Paul Antoinette (SP). Nun, dann sollen sie halt Brot essen, zut alors!

„Es war wunderschön, aber es wäre auch mit 4‘000 Franken weniger noch schön.“ Janosch Fankhauser (SVP) erkennt, das Schönheit nicht nur mit Geld zu tun hat.

„Darum bitte ich euch, wer dafür ist, hebe die Hand!“ Wieder Janosch Fankhauser, der bei seinem Feuerwerkvotum so in Schwung ist, dass er die Abstimmung gleich selbst initieren will. Möglicherweise hat er beim Wort „Bundesfeier“ auch einfach Lust verspürt, den Rütlischwur nachzuspielen.

„Ich möchte hier festhalten, dass die Durchführung von Abstimmungen nicht der SVP – Fraktion obliegt!“ Patrick Freudiger, verteidigt seine Kompetenzen vehement, auch gegen Angreifer aus eigenen Reihen.

„Ich bin zwar nicht so gut, wie Rechtsanwalt Dr. Arn, aber möglicherweise kann auch ich helfen.“ Der leicht pikierte Patrick Freudiger auf Bernhard Martis (SP) Bitte an besagten Dr. Arn, eine rechtliche Unsicherheit zu klären. Der Prophet gilt eben nichts im eigenen Land…

„Mein Sohn wird wahrscheinlich nichts mehr von neuen Spielplatz haben…höchstens wenn er selbst Vater ist!“ Daniel Steiner – Brütsch (EVP), in Bezug auf die erneute Verzögerung der Spielplatzsanierung. Immerhin  Vater, nicht Grossvater, das lässt doch hoffen.

„Ich hoffe, dass Drama wird keine Tragödie, sondern eine Komödie mit Happy End.“ Wieder Steine – Brütsch. Nun, ein weiser Mann hat einmal gesagt: die Welt ist eine Komödie für diejenigen, die denken und eine Tragödie für diejenigen, die fühlen. Gilt vielleicht auch für die Politik.

„Maximus…äh Maximum.“ Josephine Lüdi (parteilos, SP/GL Fraktion) verirrt sich kurz ins alte Rom.

„Wir sind überzeugt, dass es mit Herr Bircher, kein Müsli geben wird.“ Scherzkeks Patrick Freudiger.

„Also, was wir hier alles beleben wollen…Marktgasse, Wuhrplatz…uns gehen doch langsam die Leute dafür aus!“ Aber, aber, Stefan Grossenbacher (SVP), zur Not finden wir sicher noch ein paar Schafherden irgendwo. Oder Lamas

 „Je mehr so ein Gebäude verfällt – und wenn es dazu zwischendurch noch ein wenig brennt – desto mehr scheint sich der Denkmalschutz dafür zu interessieren.“ Béatrice Lüthi (FDP) erklärt, wie ein Gebäude historisch wird.

„In Studien kann man alles finden, was man hören will.“ Pierre Masson (SP) mit einer Variation des berühmten Ausspruchs, dass man nie einer Statistik trauen soll, die man nicht selber gefälscht hat.  

Das andere Stadtratsprotokoll - Die Ostern - Edition: Der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 25.3.2024

  Das Vorgeplänkel ·         Hallo und herzlich willkommen zum neuen exklusiven anderen Stadtratsprotokoll, geschrieben wie üblich von e...