Dienstag, 11. Februar 2020

Kommentar zum Abstimmungsresultat: Der SCL hat sich verschätzt


Das Langenthaler Volk hat entschieden: Mit 2‘486 zu 2‘070 Stimmen lehnte es am vergangenen Sonntag die Erhöhung des jährlichen Unterstützungsbeitrags an die Eismiete des SCL Nachwuchses ab. Das Resultat ist bemerkenswert. Trotz prominenter politischer Unterstützung, trotz wohlwollender Zeitungsberichte, trotz einer gross angelegten Werbekampagne, hat . Warum?

Ein Grund für die Niederlage des Clubs: Er hat es verpasst sich Verbündete bei anderen Sportclubs zu suchen. Hätte er bei Sportvereinen und ihren Nachwuchsabteilungen angeklopft und gemeinsam mit ihnen auf ein Sportförderungskonzept gedrängt, dass die städtischen Beiträge an die Vereine (und deren Gebühren) klären würde, hätte er nicht nur auf eine breitere Unterstützung hoffen können, er hätte auch gezeigt, dass es ihm nicht nur um die eigenen Interessen geht, sondern generell um das Wohl des Sportnachwuchses. Das hätte ihm viele Pluspunkte eingebracht und ihn auch vom Image des ehrgeizigen, egoistischen Clubs befreit.  

Jetzt kann man argumentieren, dass man für die Ausarbeitung dieses Sportförderungskonzepts – das offenbar erst angedacht ist - keine Zeit mehr hatte  und der SCL eine schnelle Lösung brauchte. Es ist tatsächlich ein Versäumnis der Politik, dass dieses Konzept in der Stadt schlichtweg fehlt. Aber genau deshalb war es ein Fehler, den Beitrag an den SCL Nachwuchs unbefristet sprechen zu wollen. Als Übergangslösung hätte das Anliegen zweifellos mehr Chancen gehabt. Der SCL blieb auch in diesem Punkt kompromisslos. 

Der grösste Fehler war jedoch die Art und Weise wie der Club diese Erhöhung einforderte.  Sein Kräftemessen mit dem Gemeinderat, in dessen Verlauf der SCL sogar kurzzeitig die Zahlung der Eismiete einstellte, kam nicht überall gut an. Es unterstrich den grossen Einfluss dieses Clubs und die Sonderstellung, die er in Langenthal geniesst. Kein anderer Verein oder Sportclub wäre in der Lage gewesen, die Exekutive so unter Druck zu setzen. Das ist eine Tatsache, die der SCL  gleich selbst mit dieser Aktion demonstriert hat. Da nützte es dann auch nichts mehr, vorzurechnen, dass eine Stunde in der Turnhalle viel weniger kostet, als eine Stunde auf dem Eis. Der Gerechtigkeitssinn der Menschen war geweckt. 

Dass es dem Referendumskomitee ohne grossen Werbeaufwand und nur mithilfe von Argumenten gelungen ist, das Volk von einem „Nein“ zu überzeugen, beweist, dass in einer   Demokratie nicht immer der gewinnt, der am meisten Geld investiert. Das Resultat ist zudem eine Bestätigung für diejenigen Stadträte, die das Referendum ergriffen haben und dafür herbe Kritik einstecken mussten. Letztendlich hatten sie ein gutes Gespür für die Stimmung im Volk. 

Trotz des klar geäusserten Volkswillens, scheint der SCL noch immer Mühe damit zu haben, die eigenen Fehler zu erkennen. Wenn der Verwaltungspräsident der Langenthaler Nachwuchs AG, sich darüber echauffiert, dass die „lokale, politische Elite es fertig gebrachte habe, dass dieser Vorstoss mit falschen Argumenten eine Abfuhr erhalten habe“, verkennt er, dass der Gemeinderat sich für dieses Anliegen sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat. Er missachtet ebenso, dass einflussreiche Stadträte – und Stadträtinnen sich für den SCL stark gemacht haben, und dass schlussendlich auch sie es waren, die im Stadtrat, in der Zeitung und auf Social Media Stellung bezogen haben. Mangelnden Einsatz kann man den Befürwortern – und Befürworterinnen wohl kaum vorwerfen.

Ebenfalls unklug ist es, darüber zu lamentieren, dass in der Stadt ja wieder einmal nichts vorwärts gehe und man offenbar nur Durchschnitt bleiben wolle. Damit suggeriert er, dass einzig der SCL diese Stadt lebenswert und einzigartig macht. Diese Arroganz hat dem Club in dieser Abstimmung geschadet, sie wird ihm auch in der nächsten schaden, wenn die Verantwortlichen nicht lernen, sich zurückzunehmen.

Denn es steht bereits die nächste grosse Abstimmung zum Eissport vor der Tür. Der Planungskredit für die neue Eishalle im Hard und die Sanierung der alten Eishalle im Schoren wird am 15. März vor das Volk kommen. Die Ausgangslange wird anders sein, als bei der vergangenen Abstimmung und die Karten werden noch einmal neu gemischt. Auch wenn die zurückliegende und die zukünftige Abstimmung gerne miteinander verknüpft wurden – inhaltlich haben sie eigentlich nichts miteinander zu tun.

Dennoch täten der SCL, die Exekutive und die Pro – Seite gut daran, aus dem Abstimmungsresultat vom Sonntag zu lernen. Gelingt es ihnen nicht, auch kritische Stimmen von Nutzen eines Stadions für alle zu überzeugen, dürfte auch das schwierig werden. Diese kritischen Stimmen wird man nicht besänftigen, indem man sie per se als Neider – und Neiderinnen abstempelt. 

Sondern indem man auf sie zugeht.



Montag, 3. Februar 2020

Das andere Stadtratsprotokoll XII


Nun höre, du Volk von Langenthal, denn ich bringe euch frohe Kunde, in düsterer und stürmischer Zeit: Die hochwohlgeborenen Stadträte – und Stadträtinnen fanden sich erneut im stillen Kämmerlein ein, um ihre klugen Köpfe über wichtige Geschäfte zu beugen. Mit weiser Voraussicht, hehrem Herzen und scharfen Verstand gestalten sie die Zukunft unseres bezaubernden Städtchens, stets unter den wachsamen Augen des Langenthal Olymps namens Gemeinderat, der mit strenger Hand, aber weichem Herzen, die Geschicke Langenthals lenkt!

Na, was meint ihr, soll ich mal ein Protokoll in diesem Stil schreiben? Irgendeinmal mache ich das, denn immerhin hat der Stadtrat schon manchmal Ausmasse eines Shakespeare – Dramas. Wobei, die erste Stadtratssitzung verlief eigentlich sehr gesittet und speditiv. Liegt das vielleicht daran, dass jetzt mehr Frauen im Parlament sitzen? Mit Bernhard Marti (SP),  Samuel Köhli (SP), Daniel Steiner – Brütsch (EVP) und Lars Schlapbach (SVP) traten gleich mehrere erfahrene Stadträte zurück und für sie rückten fast ausnahmslos Frauen nach: Stefanie Fries – Loser (SP) Silvia Roth – Burkhalter (Parteilos) und Janina Heiniger (EVP). Neu in der SVP Fraktion ist Daniel Bircher (ohne Müsli, um den Wortwitz von Patrick Freudiger zu zitieren). Geniesst es, ihr Neuen, so lange ihr noch könnt…

Auch das Stadtratspräsidium ist in diesem Jahr in weiblicher Hand. Wobei es nicht einer gewissen Ironie entbehrt, dass Martina Moser (SP) das Amt am internationalen Tag der männlichen Körperpflege übernimmt (ja, den gibt es und der ist am 3. Februar). Auf jeden Fall meisterte Martina Moser die Herausforderung souverän, wobei sie ja ihre Berufserfahrung als Lehrerin mitbringt. So sehr unterscheidet sich der Stadtrat ja nicht von einer Schulklasse. Ständig muss jemand zu den unpassendsten Zeiten aufs Klo, in der Pause rennen einige nach draussen um zu rauchen und nicht jeder/jede hat das mit dem Hand aufheben wirklich im Griff. 

In ihrer Antrittsrede erinnerte Martina Moser an die erste Stadtratspräsidentin Marianne Zurlinden und dankte den zahlreichen Vorkämpferinnen, die dafür gesorgt haben, dass Frauen politisieren können und dürfen. Ebenfalls widmete sie sich den Kleinsten: Kinder einer Tagesstätte haben ihr ihre Wünsche geschrieben. Darunter sind eher materielle Wünsche wie ein schöner Spielplatz, aber auch sehr persönliche. So wünscht sich ein Kind, besser Skifahren zu lernen und ein anderes sehnt sich generell nach einer besseren Welt.
Wenn das mal nicht das nächste SP – Mitglied ist. 

Beim allerersten Stadtratsgeschäft im Jahr 2020, handelte es sich eigentlich um ein Wiederaufgewärmtes: Zukunft Eissport Langenthal, Genehmigung des Rahmenkredites. Spulen wir kurz zurück: Dieser Vorlage war schon einmal im Stadtrat und zwar am 16. September 2019 (das war diese monsterhafte Monstersitzung, die ich in mehrere Teile spalten musste, weil sie so abartig lang dauerte). Damals bemängelte der Stadtrat unter anderem, dass der GPK wichtige Akten fehlten, die Finanzierung eher schwammig aufgezeigt wurde und keine Möglichkeiten formuliert worden waren, was im Falle einer Insolvenz der KEB AG passieren würde. Deshalb entschied der Stadtrat sich zu einer zweiten Lesung. Eine zweite Lesung bedeutet: Der Gemeinderat muss die fehlenden Informationen nachliefern und die in der ersten Lesung angenommenen Anträge umsetzen (um beim Schulvergleich zu bleiben: Sie müssen nachsitzen). 

Bei diesem Rahmenkredit geht es um eine Summe von insgesamt 2‘050‘000.- Zum Teil werden diese Gelder für den Weiterbetrieb der Eishalle Schoren verwendet (die aufgemotzt werden muss). Der andere Teil wird in den „Neubau der Eissporthalle Hard – Planungsverfahren“ und für den „Neubau der Eissporthalle Hard - Finanzierung – und Organisationsmodelle“ investiert. Es geht also eigentlich um drei Teilprojekte.
Vielleicht fragt sich jetzt der eine oder andere (oder die eine oder andere) welche Kosten man sich unter einem Planungsverfahren vorstellen muss. Das sind zum Beispiel die Kosten, die für externe Beratungen anfallen, denn die Arealentwicklung muss schliesslich von Profis geplant werden und die arbeiten im Normalfall nicht gratis (Willkommen im Kapitalismus). Auch für die Entwicklung der finanziellen Strategie betreffend Neubau Eissporthalle Hard werden Kosten anfallen zum Beispiel Landwertschätzung, die ebenfalls eine Arbeitsleistung erfordert. 

Wichtig beim Thema Rahmenkredit ist zudem, dass eigentlich noch keine Ausgaben getätigt werden. Das Geld wird lediglich reserviert. Nicht Bestandteil dieses Rahmenkredits ist die Finanzierung der neuen Eishalle. Es ist nicht so, dass mit diesem Kredit Geld für die neue Eishalle gesprochen wird, es wird lediglich Geld dafür gesprochen, die Finanzierungsmodelle abzuklären. Das nur so als Klammerbemerkung zum Rahmenkredit, damit das nachfolgende Geschreibsel für euch verständlicher ist. 

Zurück zur aktuellen Stadtratssitzung. Die Vorsteherin  des Sportdepartements Helena Morgenthaler (SVP) hatte ihre Hausaufgaben auf jeden Fall gemacht. Die Aktenauflage wurde umfangreich ergänzt und es fand ein Hearing statt, bei dem der Stadtrat fast vollständig anwesend war. Allerdings erklärte Helena Morgenthaler auch, dass der Gemeinderat nicht auf alle gewünschten Änderungen eingegangen ist. So wollte der Gemeinderat nach wie vor nicht, dass die einzelnen Objektkredite durch den Stadtrat bewilligt werden müssen, weil er der Auffassung war, dass das zu einem Mehraufwand führen würde, der nur wenig Nutzen hätte. Ebenfalls ablehnend stand der Gemeinderat dem Antrag vom damaligen Stadtrat Bernhard Marti (SP) gegenüber, der bei der ersten Lesung bemängelte, dass es sich bei der sogenannten Eigentumsbereinigung in Wirklichkeit um eine Schenkung an den SCL handelte, weshalb das Teilprojekt „Weiterbetrieb Eissporthalle Schoren – Infrastrukturaufwand“ in Teilprojekt „Weiterbetrieb Eissporthalle Schoren – Infrastrukturaufwand – Beitrag SCL“ umbenennt werden sollte (ernsthaft, wer denkt sich diese Projekttitel aus? Noch länger ging es wohl nicht…). 

Hier möchte ich noch einmal eine Klammer machen: Bei der Eigentumsbereinigung geht es darum, dass der SCL in der Eishalle Schoren Investitionen getätigt hat (unter anderem eine Pressetribüne und eine MySports – Lounge), die faktisch dem SCL gehörten. Durch die sogenannte finale Eigentumsbereinigung geht der Besitz auf die KEB AG über. Dabei handelt es sich um eine Summe von 225‘998.75. Ein Teil des Stadtrats war schon in der ersten Sitzung der Ansicht, dass Eigentumsbereinigung nicht ganz der korrekte Ausdruck ist.
Warum erklärte Paul Beyeler (EVP). Er stellte den Antrag, die textliche Ergänzung „Beitrag SCL“ im Titel zu lassen, weil es sich, seiner Meinung nach eben um keinen Ertrag für die Stadt, sondern höchstens um eine Umlagerung der Kosen, zumal mit dem übertragenen Eigentum ja auch nichts angefangen werden kann (wobei: So eine Pressetribüne für den Stadtratssaal wäre doch auch ganz schön…) Obwohl Beyeler mal eben alle Kosten und Erträge aufrechnete – wobei ich zugeben muss, dass ich ihm nicht ganz folgen konnte – ging der Stadtrat mit dem Gemeinderat einig: Beitrag SCL wird aus dem Titel gestrichen, der Begriff finale Eigentumsbereinigung bleibt. 

Überhaupt waren der Stadtrat und Gemeinderat so harmonisch, dass ich mich zwischendurch fragte, ob sie wohl alle zusammen eine Ehetherapie besucht haben. Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat die Kompetenz über die Objektkredite bei sich selbst behalten will, führte zu keinerlei Diskussionen. Die GPK stellte die formale Richtigkeit fest, die Fraktionssprecher bedankten sich alle artig beim ABiKuS für die getane Arbeit (Falls ihr euch fragt, wer zum Teufel dieser vielzitierte ABiKuS ist: Das ist Amt für Bildung, Kultur und Sport) und die Einzelsprechenden zeigten sich ebenso positiv. 

Lediglich die EVP schlug kritische Töne an. Ihr Fraktionssprecher Jürg Schenk bemängelte die „Mir hei ja gnueg Gäud, gä mwea nume us“ Haltung, die an den Tag gelegt wird, denn schliesslich habe man ein strukturelles Defizit im Budget. Zudem erinnerte er an den hohen Energieverbrauch der Eishalle Schoren, die im Widerspruch zum angenommenen Postulat „Klimanotstand“ steht. 

Ein Grossteil des Stadtrates war aber der Ansicht, dass jetzt die Zeit gekommen ist, das Geschäft dem Stimmvolk vorzulegen, so dass der Souverän über die Zukunft des Eissportes in Langenthal entscheiden kann. Mit 29 Ja ZU 3 Nein – Stimmen bei 3 Enthaltungen wurde das Geschäft schliesslich verabschiedet. 

Bei der Abstimmungsbotschaft kam es auf Antrag von Renate Niklaus (GLP) zu einer Änderung. Sie und ihre Mitstreiterinnen Saima Sägesser (SP) und Beatrice Lüthi (FDP) wollten, dass in der Botschaft ausgewiesen wird, wie viele Frauen und Männer in den Sportclubs Mitglied sind. Dies sei ein Schritt zu einem gendergerechten Budget, dass aufzeige, wie viel für Männer und wie viel für Frauen ausgegeben wird, so Renate Niklaus. Mit einer knappen Mehrheit konnten die Frauen einen Sieg verbuchen. So wurde die korrigierte Botschaft verabschiedet. Das bedeutet, dass die Volksabstimmung wie geplant am 15. März stattfinden wird. 

Der Stadtrat kam danach zu einem etwas weniger eisigen, aber dennoch emotionalen Thema, das Langenthal immer wieder in Atem hält: Die Alte Mühe. Eine Motion der SVP mit dem Namen „Planungssicherheit für die Alte Mühle“ wünscht sich, dass vorwärts gemacht wird mit dem Areal. Konkret fordern sie, dass die Stiftung Mühle aufgelöst und ins städtische Eigentum übertragen wird, eine neue Überbauungsordnung für das Areal oder Teile davon ausgearbeitet wird und dass der Gemeinderat eine Vorlage zum Verkauf oder der Abgabe im Baurecht von Teilen der Liegenschaft ausarbeitet. 

Das war jetzt eine der berühmten Motionen, die offene Türen einrennen. Stadtpräsident Reto Müller (SP) konnte nämlich stolz das Resultat einer Nutzungsstudie für die Alte Mühle präsentieren und konkrete Konzeptvorschläge bringen. Und zwar wird auf dem Areal ein Disneyland entstehen! Ja, ihr habt richtig gelesen, ein Disneyland, mit Märchenwald, Schloss, Bahnen, Musicals, Mickey Maus und Cinderella! ICH BEKOMM EIN DISNEYLAND!!!
Okay, ja, das hab ich erfunden. Natürlich gibt’s kein Disneyland (obwohl ich finde, dass Langenthal eines braucht, aber auf mich hört ja niemand. Bin ja nur das Lama). Dafür eine parkähnliche Anlage. Ziel ist es natürlich auch, möglichst viel Fläche an Unternehmen/Dienstleister vermieten zu können, um auch einen ökonomischen Nutzen daraus zu ziehen. 

Da durch die bereits fortgeschrittenen Pläne des Gemeinderates Teile der Motion bereits erfüllt sind, schlug der Gemeinderat vor, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Der SVP – Sprecher Stefan Grossenbacher ging darauf ein, nicht ohne triumphierend zu bemerken, dass es manchmal eben etwas bringe, wenn man Druck aufsetzt (ohne jetzt Grossenbachers Motivation untergraben zu wollen: Ich hatte eher das Gefühl, dass der Gemeinderat einfach schon ziemlich weit in der Entwicklung des Geschäfts war und die Motion eher dazwischen rutschte.)

Nachdem die Motion zum Postulat gewandelt wurde, kam schon die nächste Motion aus den Reihen der SVP auf den Tisch: Sicherheit und Ordnung statt Kriminalität und Vandalismus – Videokameras im Schulareal Kreuzfeld.

Sicherheitsvorsteher Markus Gfeller (FDP) liess sich von diesem hochdramatischen Titel nicht aus der Ruhe bringen. Er vertrat die Haltung des Gemeinderates, der nicht so wirklich begeistert ist, von Videokameras im Kreuzfeld. Seiner Meinung nach würde das lediglich dazu führen, dass der Vandalismus an einem anderen Ort in der Stadt vorkommen würde, das heisst, das Problem würde verlagert werden. Und die ganze Stadt wolle man nun einmal nicht videoüberwachen (warum eigentlich nicht? Big Brother in Langenthal, wäre doch was!) Stattdessen riet Gfeller dazu, Vandalismus konsequent anzuzeigen und wenn nötig, die Polizei zu benachrichtigen. 

Daniel Bösiger (SVP) war das als Motionär natürlich ganz anderer Meinung. Er kritisierte, dass das Problem mit Vandalismus im Kreuzfeld schon seit Jahren bestünde. SIP (eine milde Form eines Sicherheitsdienstes, der ordnungstechnische Aufgaben in Langenthal übernimmt)  zeige zu wenig Wirkung, klagte er, und die KAPO habe ja eigentlich auch anderes zu tun, als bei Schulhäusern zu patrouillieren. Ferner wies Bösiger darauf hin, dass andere Städte, zum Beispiel Sursee, positive Erfahrungen mit der Einführung von Videokameras auf Schularealen gemacht hätten.  Zuletzt schoss er noch den Vorwurf Richtung Gemeinderat ab, sie würden die Problematik nicht ernstnehmen.

Das mit Abstand launigste Statement zu dem Thema hielt ausgerechnet ein Direktbetroffener: Gerhard Käser (SP) ist Schulleiter vom Kreuzfeld und sieht das Ganze wohl nicht ganz so tragisch, wie seine Stadtratsgspännli aus der SVP. Fröhlich referierte er darüber, wo denn wohl die Kameras auf dem roten Sportplatz installiert werden würden – am Tornetz? Etwas ernster fügte er an, dass das Ersetzen zerbrochener Fenster wohl weniger kosten würde, als das Installieren von Kameras. Und er gab noch Einblick in sein Leben als Batman von Langenthal: Wird er in der Nacht angerufen und von den unschönen Zwischenfällen in Kenntnis gesetzt, eilt er sofort auf den Sportplatz, um sein Schulareal gegen die Vandalen zu verteidigen – sofern sie ihm körperlich nicht völlig überlegen sind, wie er mit verschmitzten Lächeln nachschob. 

Allerdings erzählte er auch eine etwas kuriose Episode. Als er, ganz der vorbildliche Bürger, das SIP verständigen wollte, landete er auf dem Anrufbeantworter und wurde erst drei Tage später zurückgerufen. Und die KAPO Bern war auch nicht hilfreich, weil die meinten, der Langenthaler Posten sei dafür zuständig – nur war der halt schon geschlossen. Wahrscheinlich hätte Gerhard Käser eher mit dem Baseballschläger losziehen sollen, als mit dem Handy…

Pascal Dietrich (FDP) und Mike Sigrist (EVP) standen den Videokameras eher kritisch gegenüber. Ersterer attestierte der SVP eine gute Problemanalyse aber einen schlechten Lösungsansatz (das ist so wie ein Doktor, der richtige Diagnosen stellt, aber leider nicht weiss, wie er die Krankheit behandelt soll), Letzterer fand, dass Kameras das Sicherheitsgefühl der Menschen eher schwäche als stärke.

Der leutselige Tonfall, den seine Stadtratskameraden anschlugen, gefiel Janosch Fankhauser (SVP) gar nicht. Er habe mit einem Schulhausmeister geredet, der das Kreuzfeld als zunehmend rechtsfreien Raum bezeichnet hätte, erklärte Fankhauser, zur Verblüffung von Gerhard Käser, der von seinem Hausmeister was ganz anderes gehört hatte (wahrscheinlich gibt es im Kreuzfeld einen SP und einen SVP Hausmeister). Janosch Fankhauser ereiferte sich während seines Votums so sehr, dass er gar Gerhard Käser frontal angriff, weil der von den üblichen Verdächtigen geredet hat. Warum er die dann nicht angezeigt hätte, fragte sich Fankhauser erbost und schloss mit der Bemerkung, dass es schliesslich schon sehr viele Kameras im öffentlichen Raum hätten, von denen wir gar nichts wissen. 

(Vielleicht sollte ich dann aufhören, Bäume zu umarmen und Strassenlaternen zu knutschen, wenn das alles tatsächlich gefilmt wird. Möglicherweise schaut sich die Stadtverwaltung ja Filme über uns Bürger – und Bürgerinnen an, wenn ihnen langweilig ist?)

Trotz der energisch – zornigen Voten der SVP – Fraktion: Die Motion wurde abgelehnt. Keine Videokameras auf dem Schulareal Kreuzfeld. 

Mit dieser Abstimmung war das letzte Geschäft abgeschlossen und man kam zur parlamentarischen Fragestunde. Ja, die gibt es noch. Die wurde die letzten Male einfach nicht mehr gemacht, weil die Sitzungen immer so lange dauerten. Bei der parlamentarischen Fragestunde geht es nicht etwa um ein Quiz, dem sich der Stadtrat stellen muss, vielmehr haben die Stadtratsmitglieder die Möglichkeit, dem Gemeinderat unverbindlich Fragen zu stellen. 

In dieser Fragestunde ging es um den Versand der Easy Vote Unterlagen, die alte Lautsprecheranlage der Turnhallte sowie um das Gedeihen des Ferieninselprojekts. Zudem wurden Fragen zum Wochenmarkt, zu der Bearbeitung von Baubewilligungsgesuchen und zum Verbot von Schottergärten gestellt. Ihr seht also: Langenthal ist sehr vielfältig.
Als krönenden Abschluss der Sitzung verkündete Reto Müller, dass gegen das neue Wahl – und Abstimmungsreglement (wir erinnern uns: Das komplizierteste Reglement der Welt) Beschwerde eingegangen ist. Deshalb werden die bevorstehenden Wahlen nach altem Reglement vorgenommen. 


Na, dann hat sich die Arbeit ja richtig gelohnt…



Was sonst noch aufgefallen ist: 

Der Stapi ist erkältet, aber ich spare mir jetzt blöde Witze über das Coronavirus, denn das wäre sehr pietätlos, unlustig und taktlos. Und mir fällt keiner ein. Ausser, dass ich die Vorstellung von einem Stadtrat in Quarantäne ganz amüsant finde…also, wenn man sie zusammen in einen Raum einsperre würde. Wäre ein interessantes Sozialexperiment.

Bei der Abstimmung über die Abstimmungsbotschaft (ein Zungenbrecher!) kam es zu einem kleinen Chaos. Renate Niklaus und Saima Sägesser waren so verwirrt, dass sie versehentlich gegen ihren eigenen Antrag stimmten. Zum Glück bemerkte es die Stadtratspräsidentin rechtzeitig.

Zwischendurch hatten ich und meine Sitznachbarin Patricia die tolle Idee, dass man gut Werbepausen einspielen könnte, wenn das Auszählen der Stimmen länger dauert. Wir finden ja die Idee einer Super Bowl Performance à la Jennifer Lopez und Shakira durchaus prüfungswert.

Best of

„Das Teil…immer wenn ich was zeigen will, schaltet es einfach um!“ Reto Müller (SP) kämpft nicht nur mit seinem Schal und seiner Erkältung, sondern auch mit der lieben Technik. Als er auf der Leinwand total professionell das Konzept für die Alte Mühle mit, wechselte er versehentlich ständig die Folien.

„Wir sagen nicht kategorisch ja, aber auch nicht kategorisch nein.“ Politikerdeutsch mit Reto Müller.

„ Wenn wir Videokameras auf dem Kreuzfeldareal installieren bzw. installieren lassen – denn es macht ja wahrscheinlich keinen Sinn, wenn wir das selber machen….“ Markus Gfeller (FDP) ist eher Theoretiker als Macher, zumindest wenn es um Videokameras geht.

„Ich weiss nicht, inwiefern ich das befangen bin – schliesslich könnte ich in die Situation geraten auf dem Areal gefilmt zu werden. Nasenbohren geht dann wahrscheinlich nicht mehr.“ Gerhard Käser (SP) sorgt sich um seine Privatsphäre.

„Es sind immer die gleichen Verdächtigen, die kiffen, saufen, Drogen konsumieren, dann hintereinander herjagen, sich mit Sachen bewerfen und dabei irgendwas kaputt machen.“ Wieder Gerhard Käser, der die Wochenendaktivitäten der Vandalen erläutert. Klingt spassig, jetzt weiss ich, was ich in meiner Jugend verpasst habe.

„Mit Videokameras erwischt man ja nur die dümmsten 5%!“ Mike Sigrist (EVP) mit seiner eigenen Version der Darwin – Theorie.

„Ich war mal Stadtrat…war eine schöne Zeit.“ Reto Müller in nostalgischer Stimmung.

„Zudem handelt es sich bei Januar und Februar um Wintermonate mit Eis und Schnee…das gab’s früher noch.“ Markus Gfeller kennt das weisse Zeug offenbar noch.

„Aber Samstage sind ja auch nicht kälter als Dienstage!“ Pascal Dietrich will auch am Samstag auf dem Markt einkaufen – mit oder ohne Schnee.


Das andere Stadtratsprotokoll - Die Ostern - Edition: Der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 25.3.2024

  Das Vorgeplänkel ·         Hallo und herzlich willkommen zum neuen exklusiven anderen Stadtratsprotokoll, geschrieben wie üblich von e...