Montag, 30. Juni 2025

Das andere Stadtratsprotokoll - der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 30.06.2025: Die Hot Summer - Edition

 Prolog: Da bin ich wieder! Hurra!

 

·        Hallo *scheu um die Ecke guck*. Ja. Mich gibt’s noch. Lange ist’s her, aber ich war zu beschäftigt damit die Wellen des Lebens zu reiten. Beziehungsweise mich hysterisch ans wild im Meer treibende Surfbrett zu klammern und zu versuchen nicht unterzugehen, aber hey: Ich bin nicht abgesoffen. Und da bin ich wieder um an diesem ABARTIG heissen Tag (ich hasse den Sommer. So fest) live (jedenfalls hoffe ich, dass ich es live schaffe, mein schon etwas älteres Laptop kann nicht so gut mit der Hitze und klingt manchmal wie ein verschnupftes Nilpferd, das gerade einen Sprint hingelegt hat, aber ich hoffe, die Technik hält. Falls ihr also plötzlich nichts mehr von mir hört, bin ich nicht etwa vom Stuhl gekippt, sondern der Laptop ist gekippt. Oder wir beide.

·        Die Sitzung fängt schon einmal etwas anders an, weil in Langenthal etwas geschieht, was nicht so schön ist bzw. eigentlich ein kleiner Skandal ist: Die Geburtenabteilung vom SRO wird geschlossen. Das hat sich schon länger abgezeichnet, jetzt ist es aber doch plötzlich sehr schnell gegangen und es steht fest: Ab Oktober wird es in Langenthal keinen Gebärsaal mehr geben. Die SP/GL Fraktion bittet deshalb um eine Diskussion, die bürgerliche Ratsseite findet zwar den Entscheid des Kantons auch fragwürdig, findet aber, dass es kein parlamentarisches Instrument dafür gibt, um das zu traktandieren. Die SP/GL Fraktion weicht deshalb auf eine persönliche Erklärung am Schluss der Ratssitzung aus.

 

Teil 1: «Ich wär so gerne Millionär, dann wär mein Konto niemals leer…»

 

·        Mein alljährliches Highlight kommt wieder: Die Jahresrechnung! Whoop, Whoop! Und Überraschung: Wir haben im Gesamthaushalt immer noch ein Defizit von 2 Millionen. Das ist wie mein eigenes Haushaltsbudget, da habe ich auch immer Defizit (okay, nicht gerade 2 Millionen, aber ich übe mich auch gerade im Sparen – beispielsweise will ich lernen mir den Pony mit der Gartenschere zu schneiden und führe gerade ein Experiment durch namens «wie lange kann ich mich von Joghurt ernähren, ohne zu verhungern»).

·        Das Defizit (also das städtische nicht meines) ist halt so zustande gekommen, wie Defizite nun mal zusammenkommen: Weniger Erträge (letztes Jahr hatten wir relativ viele Steuereinnahmen von juristischen Personen) und mehr Aufwände (beispielsweise die Markthalle, bei der man noch relativ «spontan» ausbessern musste, weil die eigentlich auch schon länger sanierungsbedürftig wäre). Der Personalaufwand ist weniger geworden, weil Stellen nicht besetzt wurden (genialer Wirtschaftstrick, Leute, die nicht da sind, muss man nicht bezahlen, nur blöd, wenn man dann Dienstleistungen extern vergeben muss und das ganze dann teurer wird).

·        Die Realisierungsquote von Investitionen ist übrigens historisch tief – weil wir beispielsweise die Kindergärten nicht gebaut haben. Jetzt haben wir keine Kindergärten, dafür gespart. Zumindest bis wir die Pavillons zahlen müssen, die wir bauen müssen, weil wir die Kindergärten nicht gebaut haben, was nicht ganz so erbaulich ist, aber naja aufbauende Nachrichten sind ja eher rar geworden in Zeiten, wo man abbaut, wobei wir hoffen, dass wir nicht die Zukunft verbauen.

·        Trotzdem ist das Ergebnis leicht besser als vermutet – dank Sondereffekten (auf die man sich nicht verlassen kann, weil es eben einmalige Effekte sind)

·        Die GPK hat einige Dinge und Fehler zu bemängeln, allerdings, so der Sprecher Pascal Dietrich (Liste 49) nichts, was einer Annahme der Rechnung im Weg stünde. Er kritisiert aber, dass die zuständige Revisionsstelle die Mängel und «Fehlerchen» nicht bemerkt hat – na, die sind wahrscheinlich einfach nicht ganz so kompetent wie unsere GPK und hat auch nicht ganz so scharfe Augen.

·        Die Kritik teilt die FDP/JLL/Liste 49 Fraktion (ich fände ja kürzere Fraktionsnamen wirklich praktisch. Wie wäre es denn, wenn wir die Parteibezeichnungen ganz weglassen würde und stattdessen Teamnamen vergeben? Da gäbe es dann «Team Glücksbärchis» oder «Team Stadttheater – Ultras» oder «Team Sparfüchse» - ach, es gebe so viele Möglichkeiten) und fügt noch an, dass der Posten Stadttheater bedenklich sei, weil die Einnahmen schon wieder unter den Erwartungen liegen. Also, langsam finde ich diese Stadttheater - Besessenheit des Parlaments ein bisschen bedenklich, gibt es denn gar keinen anderen Zankapfel mehr? Warum streiten wir nicht mal um was anderes, wie keine Ahnung, den Tierpark oder so!

 

·        Auch ansonsten ist die Diskussion eine Wiederholung aller Jahresrechnung Diskussionen: Die Bürgerlichen sind nach wie vor der Meinung, dass wir die Finanzen mit Sparen dann schon in den Griff kriegen, denn Gott bewahre uns vor Steuererhöhungen, während Links – in Gestalt von Roland Loser – den altbekannten Spruch «Wir geben nicht zu viel aus – wir nehmen zu wenig ein.» Da der Gemeinderat stramm bürgerlich ist, stehen die Zeichen aber weiter auf Sparen.

 

 

Teil 2: «Es war einmal eine Abwasseranlage…»

·        Der Jahresbericht 2024 wird präsentiert von Stadtpräsident Reto Müller (SP), frisch designierter Regierungsratskandidat (Habemus Reto). Der ist meistens unbestritten, weil schliesslich nur eine Zusammenfassung der Verwaltungstätigkeiten. Da gibt es manchmal die eine oder andere lustige Anekdote, etwas, dass der Badiwirt gegen den schlechten Sommeranfang kämpfen musste («dieses Jahr wahrscheinlich eher gegen die vielen Leute», so Müller).

·        Die SP streicht als positive Entwicklung die Wiedereinführung der Kulturlegi ein (dank geht an die Burgergemeinde), die Schulraumplanung und die Schulsozialarbeit (ach, ich meine natürlich Entlastung der Lehrpersonen, so sorry), der Sprecher Dan Weber macht aber beliebt den Jahresbericht zeitgemässer und lesefreundlicher zu gestalten. Ja! Früher habe ich den noch gelesen, inzwischen sehe ich ihn an und denke: In der Zeit kann ich eine versaute Elfen -Fantasy – Story lesen und das macht mir bedeutend mehr Spass.

·        Passend zum Wetter entwässern wir uns jetzt noch, denn es geht um den Entwässerungsplan (ich muss hier meine Quote von schlechten Wortwitzen erfüllen). Es geht um ein Bauprojekt und ausnahmsweise interessiert es mich, weil dieser Schwingfestweg bei dem gebaut werden muss, ist MEINER.  Also, er gehört mir nicht Da geh ich zum Bahnhof und spare jeden Morgen fünf Minuten. Und jetzt kann ich da nicht mehr durch, weil gebaut werden soll? Das ist gemein. Aber gut, wenn man die Abwasseranlagen bauen muss *schmoll*.

·        Das Projekt ist von 1996. «Da war ich 9 – jährig», erklärt der zuständige Ressortvorsteher Michael Schär schmunzelnd. Ich war drei. Damals wusste ich noch nichts von Abwasseranlagen – ach war das eine schöne Zeit. Der Kredit wird auf jeden Fall bewilligt – ich stell meinen Wecker dann schon mal um.

 

 

Teil 3: Und täglich grüsst die Alte Mühle

·        Weil wir gerade eh schon am Kredit bewilligen sind (wieso schreibe ich eigentlich wir? Ich mache das nicht, das macht unser hochverehrter Stadtrat und das sind Höhen, in die ich mich nicht schwingen möchte), machen wir gerade damit weiter: Ein neues Parkleitsystem muss her. Finde ich gut, ich wusste bis jetzt nicht mal, dass wir eines haben. Aber ich fahre auch kein Auto, vielleicht liegt es daran – ich parkier mein Einhorn einfach dort, wo ich will, bis jetzt hat das noch niemanden gestört.

·        Wow, jetzt lerne ich noch ein neues Wort. «Suchverkehr.» Gelte ich dann, wenn ich mal wieder ein Adresse oder einen Ort nicht finde als «Suchpersonenverkehr»? Oder bin ich eine «Suchfussgängerin»? Fragen über Fragen. Auf jeden Fall bekommen wir ein neues Parkleitsystem. Hurra! Lasst die Korken knallen.

·        Ja und dann kommen wir zum Geschäft, das medial wohl am meisten für Aufsehen gesorgt hat: Aus dem geplanten Familienzentrum in der Alten Mühle wird vorläufig nichts – ToKJO hat sich zurückgezogen, weil es fürchtet die Hauswirtschaftskosten nicht tragen zu können. Der Gemeinderat muss das Geschäft also quasi abbrechen, weil es in der Form nicht mehr durchführbar ist. Die zuständige Gemeinderätin Martina Moser (SP) betont jedoch, dass der Bedarf nach einem solchen Familienzentrum nach wie vor da sei. Es muss aber eine neue Vorlage erarbeitet werden. Für das Projekt besteht in dem Sinn noch Hoffnung, bei der Alten Mühle wissen wir wieder nicht wie’s weitergeht- In Langenthal nichts Neues.

·        Zum Rückzug äussern will sich aber niemand (erstaunt mich ein bisschen, aber gut, die Hitze macht vielleicht auch den sonst so eloquenten Stadtrat stumm), dem Antrag des Gemeinderats wird aber Folge geleistet.

 

Teil 4: Katzis statt Nazis

·        Zum nächsten Geschäft muss man sagen, dass es wieder aussergewöhnlich ist, weil es sich um eine parlamentarische Erklärung handelt. Das ist ein Instrument, das praktisch noch nie zur Anwendung gekommen ist, weshalb allgemeine Unsicherheiten herrschte, wie man das jetzt formal korrekt anwendet.  Nach einigem Hin und Her ist es jetzt doch im Stadtrat gelandet.

·        Die SP/GL Fraktion hat gemeinsam mit der GLP/EVP eine Erklärung verfasst, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus ausspricht. Auslöser dafür war, dass die Junge Tat auch hier in unserer Region wieder aktiver wird – so haben sie vor einem Jahr hier in der Alten Mühle ein Treffen abgehalten. «Wir wollen, dass der Bevölkerung signalisiert wird, dass sich die politischen Gremien dieses Problems annehmen – und dass es eben nicht nötig ist, das mit Gewalt auf der Strasse auszutragen», so Linus Rothacher (SP), der zudem betont, dass es nicht darum geht, jemanden an den Pranger zu stellen.

·        Die FDP - Fraktion lehnt die Erklärung grösstenteils ab – nicht inhaltlich, wie Franziska Zaugg – Streuli für ihre Fraktion ausführt, sondern weil dieses Vorgehen dem rechtsstaatlichen Prinzip widerspreche. Die Meinungsfreiheit sei wichtig, sie schütze eben auch unbequeme oder absurde Meinungen – der Stadtrat habe nicht die Aufgabe Normen vorzugeben und zu verurteilen. «Wir stehen für Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Wahrung der Grundrechte.»

·        Dieser Argumentation folgt die SVP – Fraktion. «Wir sind auch gegen Rassismus», so Michael Schenk, aber es sei eben der falsche Ort, um solche Bekenntnisse abzugeben.

·        Dan Weber (SP) – der zum Zeitpunkt vom Erstellen der Erklärung noch nicht Teil der Fraktion war – sieht die Erklärung grundsätzlich positiv, bemängelt aber das Fehlen der expliziten Erwähnung der LGBTQ+ Gemeinschaft, die oft Ziel von Hass und Angriffen ist und würde sich ein anderes Gefäss wünschen, «Mehr Raum für Dialog» fordert er, offenere Kommunikation untereinander über die Parteigrenzen hinweg. Gruppentherapie (okay, nein, das hat er nicht gesagt, das wäre mein Vorschlag. Alternativ könnte man auch Teambuilding betreiben – nichts schweisst einen mehr zusammen, als sich gemeinsam auf ein selbst gebasteltes Boot zu setzen und einen tosenden Fluss runterzufahren.

·        Robert Haas (SVP) findet, dass das eigentliche Problem der Linksextremismus ist und zeigt eine Tabelle aus dem Jahre 2023, die aufzeigen soll, dass es zu weitaus mehr linksextremistischen Vorfällen gekommen ist, als zu rechtsextremistischen Vorfällen, vor allem, was Gewalt gegen Polizei betrifft. Das sei auch eine «mediale Manipulation» weil man immer viel grössere Berichte über rechtsextremistische Vorfälle macht und kaum über linksextremistischen Übergriffe.
 

·        Corinna Grossenbacher (SVP) ist genervt, stört sich an der fordernder Formulierung und an dem schlecht ausformulierten Text und vor allem auch daran, dass man immer auf dem «Rechtsextremismus» draufhaut und Langenthal, so Grossenbacher, habe vielleicht «ab und zu ein Kleberli» aber ganz sicher kein Rechtsextremismusproblem.

·        «Wir dürfen nicht zuschauen», entgegnet Fanny Zürn (Grüne), «es gibt nur eine schlechte Werbung für Langenthal und das ist, wenn die Junge Tat hier weiter Treffen abhält.»

·        Ich fasse jetzt mal zusammen, weil sich die Voten wiederholen: Die bürgerliche Seite ist geschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus, lehnt die parlamentarische Erklärung aber ab, weil sie was verlangt, was der Gemeinderat nicht liefern könne und einen totalitären Anstrich habe. Meinungen und Haltungen könne man nicht befehlen. Naja, aber immerhin erklärt jedes FDP – Mitglied einzeln, dass es gegen Rassismus ist – hätte ich ein Trinkspiel daraus gemacht, lege ich jetzt besoffen unter dem Tisch. Den ich nicht habe. Unter dem Stuhl.

·        Gerhard Käser (SP) zeigt sich ebenfalls erfreut über die vielen Erklärungen gegen Rassismus. «Ich hoffe, ihr vertretet diese Meinung auch am Stammtisch», meint er leicht süffisant Richtung Bürgerliche, da gehe es nämlich anders zu, als hier behauptet wird. «Ich verstehe meine Rolle als Politiker anders», erklärt Mike Siegrist, «ich vertrete die Anliegen der Leute, die mich gewählt haben – und das ist eines davon.»

·        Diego Clavadetscher (FDP) macht sich Sorgen um das zarte Pflänzchen Demokratie (was ist mit mir? Ich bin auch ein zartes Pflänzchen!), weil man politische demokratische Gremien und Zivilgesellschaft nicht vermischen. Es sei zudem nicht richtig Menschen auszuschliessen, so Clavadetscher, auch wenn sie schwierige Meinungen vertreten. Damit stelle man sich auf dieselbe Stufe wie die anderen.

·        Einen Abweichler innerhalb der FDP gibt es aber: Patrick Jordi (FDP), äussert zwar Bedenken an der Form, bekennt sich aber zur Erklärung. Saima Sägesser (SP) appelliert noch einmal an das Parlament. Hass sei keine Meinungsfreiheit, so Sägesser, und die Bevölkerung wartet auf ein solches Zeichen. Das beweise ihre Rede am 1. August, wo sie als Stadtratspräsident tosenden Applaus für ihre Rede gegen Faschismus geerntet hat.

·        Daniel Huber (SVP) findet man solle sich mehr auf die Stadtpolitik konzentriere und nicht auf die Weltpolitik, weil es gebe, hier genug zu tun. Ins selbe Horn stösst Michael Schenk. «Die Diskussion hat nichts geändert – ändern tut sich nur etwas, wenn wir das im Alltag leben.

·        Linus Rothacher nimmt noch einmal Stellung zur Kritik. Das Instrument sei nicht missbraucht worden, so klar ist es schlicht noch nicht definiert worden. Die Verletzung der Gewaltenteilung sei ebenfalls nicht gegeben, niemand fälle hier ein Richterspruch, nur weil das Wort «verurteilen» drin vorkäme, das sei eine gängige Formulierung und als Parlament könne man sehr wohl Position beziehen. Und: «Dass man Langenthal mit rechtsextremistischen Themen in Verbindung bringt, hat nicht Langenthal erfunden.»

 

·        Nach den Voten hat es sich schon abgezeichnet: Die parlamentarische Erklärung wird abgelehnt. Ich sage dazu nur: Katzis statt Nazis. Und sonst sage ich jetzt wahrscheinlich lieber nichts, weil mir ist heiss, ich habe meine Tage und eine mir sehr nahe stehende Person hat mir schon vor der Sitzung geraten, ich solle die Diskussion erstmal setzen lassen bevor ich meine Meinung dazu äussere.

 

 

Teil 5: Und zum Schluss noch dies

·        Am Ende gibt es noch eine persönliche Erklärung von Cornelia Gerber – Schärer, die dem interdisziplinären Team SRO dankt für ihren grossen persönlichen Einsatz. Sie haben innerhalb kürzester Zeit Widerstand organisiert gegen die geplante Schliessung des Gebärsaals von Langenthal. «Ich bin eine Stimme als Mutter, als Pflegende – und es macht mich traurig, wenn man so mit Menschen umgeht, die sich um unser Wohl und um den Anfang unseres Lebens kümmern», so Gerber – Schärer, zumal auch die politischen Behörden teilweise ausgelassen wurden. Franziska Zaugg – Streuli verliest für die FDP/JLL/ Liste 49er verliest ebenfalls einen von ihnen formulierten Brief.

·        Dieser Entscheid die Geburtsstation wurde über unseren Kopf getroffen und ich glaube in dieser Sache sind wir uns tatsächlich parteiübergreifend mehr oder wenig einig, deshalb hoffe ich doch, dass der Stadtrat zumindest in diesem Thema gemeinsam etwas in die Wege leitet.

Best of: 

·        «Es gibt Institutionen die 2 Millionen Defizit machen und geschlossen werden – da müssen wir vorwärts machen!» Ich weiss jetzt nicht, ob man eine Gemeinde «schliessen» kann, aber Finanzmaestro Patrick Freudiger (SVP) wird schon wissen, von was er redet.

·        «Wir hoffen doch schon, dass wir in der Stadt ein bisschen schlauer sind als in dem Verein.» Roland Loser (SP) zum Votum eines SVP – Stadtrats, der erzählt hat, man würde im Militär auch mal Patronen verschiessen, wenn man weniger gebraucht hat als nötig.

·        «Das isch eh Witz gsi – scho guet.» Michael Schär (FDP) ein bisschen resigniert, weil niemand sein Wortspiel aus «Stadtpräsident» und «Stadtratspräsident» würdigt – ich fühle dich so sehr.

·        «Entweder sie kennen sich in Langenthal aus – oder sie lernen es nie.» Mike Siegrist (EVP über die Orientierungsfähigkeiten der Langenthaler Autofahrenden.

·        «Lieber die Mücke jetzt bekämpfen – bevor der Elefant im Raum steht.» Zoologie mit Muriel Schärer (GLP)

·        «Das war eine interessante Performance…» Vielleicht sogar stadttheaterwürdig? Saima Sägesser (SP) zur FDP – Fraktion, die ihre Voten alle mit denselben Satz beginnen und damit einen denkwürdigen Beitrag an die expressionische Dichtkunst beisteuert.

·        «Die 7te ist: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit – wir haben es also bald geschafft.» Wieder Patrick Freudiger, der das Parlament behutsam durch seine Präsentation führt.

Montag, 12. Mai 2025

Das andere Stadtratsprotokoll - der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 12.05.2025 - die Regen-Edition

 

Teil 1: Verrücktes Vorwort

 

·        Hallo und herzlich willkommen zum besten – weil einzigen – Liveticker zur Stadtratssitzung vom 12. 5. 2025 und ich hätte an der Stelle gerne Applaus für mich, weil ich mich durch den strömenden Regen gekämpft habe, um hier teilzunehmen. Alles für euch, meine allerliebsten Lamafans, ich lasse mich von so ein bisschen Regen nicht abhalten, selbst wenn er mir in die Socken läuft und den Rücken hinunterrinnt, selbst Wind und Sturm könnten mich nicht davon abhalten diese wichtige Aufgabe zu erfüllen, selbst wenn ich wie Anakin Skywalker alle meine Gliedmassen im Feuer verlieren würde, würd ich mit letzter Kraft in die Alte Mühle robben, um kein einziges der ehrwürdigen Worte zu verpassen, die der Stadtrat spricht.

·        Heute ist eine Premiere, und zwar die Stadtratspremiere des neuen Stadtschreibers Marc Häusler, denn der «alte» Stadtschreiber Daniel Steiner ist nun offiziell im verdienten Ruhestand und lässt es sich hoffentlich mit einer riesigen Kokosnuss unter wedelnden Palmen gut gehen. Habe ich euch eigentlich erzählt, dass die Frau von Daniel Steiner mir erzählt hat, dass sie meine Stadtratsprotokolle immer gelesen hat und dank mir immer wusste, wie lange es noch etwa dauert und in welcher Laune er heimkommt? Ist das nicht toll, was ich für einen Mehrwert generiere, jetzt unterstütze ich auch noch Paare in ihrer Beziehungsarbeit. Man reiche mir den Pokal!

 

Teil 2: Feurige Feuerwehr (okay, der ist schlecht, aber ich konnte nicht widerstehen)

 

·        Ich dachte, wir hätten diese Phase überwunden, aber wir sind wieder bei den Reglementen angekommen – hurra. Und mit den Reglementen kommt auch die obligatorische zweite Lesung. Was habe ich es vermisst! Mindestens so fest wie Sonnenbrand oder Reizhusten oder Ausschlag am Hintern.  Ungewöhnlich ist allerdings, dass der Gemeinderat gleich am Anfang die Entscheidung treffen will, ob eine zweite Lesung stattfindet oder nicht. Das sei aber in der Kompetenz des Stadtrats, mahnt die GPK in Gestalt von Michael Schenk (SVP) und es kann ja wohl nicht angehen, dass diese Entscheidung einfach von der Exekutive vorweggenommen wird.

·        Die Revision wird präsentiert von Mr. Martin Lerch (SVP) dem neuen Vorsteher der Öffentlichen Sicherheit. Er steigt gewohnt positiv ein, indem er daran erinnert, dass es jederzeit bei uns allen brennen kann (SAG DOCH SO WAS NICHT, DAS TRIGGERT MICH IMMER! Bin kurz in Panik geraten und habe mir überlegt, ob ich den Herd WIRKLICH ausgemacht habe, aber dann habe ich mich daran erinnert, dass ich nie koche und den Herd das letzte Mal vor drei Monaten angemacht habe, also alles gut). Er lobt unsere hervorragende Feuerwehr, die auf einen Milizsystem basiert und die daher ein neues transparentes und revidiertes Reglement verdiene.

·        Ich habe letzthin erst begriffen, dass ich theoretisch auch in der Feuerwehr mitmachen könnte und kurz hat mich der Gedanke erfreut, dass ich so eine schicke Jacke tragen könnte (und keine Abgabe leisten müsste), aber dann ist mir in den Sinn gekommen, dass ich nicht mal Zündhölzer selber anzünden will und es als Ministrantin mal fast geschafft habe meinen Rock am Adventskranz in Brand zu setzen und dann habe ich den Gedanken ganz schnell wieder abgeschrieben. Besagte Ersatzabgabe soll übrigens erhöht werden, weil die eigentlich immer etwas zu tief war. Zudem wird die Ersatzabgabe nicht mehr mit einem festen Betrag ins Reglement geschrieben, sondern flexibler gestaltet.

·        Die linke Seite zeigt sich dankbar für die Weitsicht des Gemeinderats die Finanzierung jetzt anzugehen, bevor man in einer Unterdeckung geht und lobt einzelne Punkte des Reglements ausdrücklich, wie etwa die Schaffung einer Jugendfeuerwehr (ab dem 14. Lebensjahr dürfen Jugendliche neu freiwillig in der Feuerwehr mitwirken und ab dem  Erreichen des Mindestalters auch bei ernsteren Einsätzen eingesetzt werden) während die GLP und die FDP einige Anträge ankündigen, um noch mehr Klarheit zu schaffen, wie sie es ausdrücken. Es geht dabei hauptsächlich um den Feinschliff von Formulierungen und hey bis jetzt hat noch niemand ein Komma korrigiert, aber dafür werden einzelne Wörter in ihrer Bedeutung so genau seziert, dass der Duden vor Neid erblassen würde.

·        Ich habe komplett vergessen – oder verdrängt – wie scheisse langweilig die Revision eines Reglements ist. Nicht mehr lange und ich fülle noch meine Steuererklärung aus, um mich zu unterhalten har, har, har. Aber hey, wir sind ja schon bei Traktandum 3 von 14, also alles gut. Martin Lerch (SVP) zeigt sich jedenfalls begeistert über Stadträt:innen, weil die so toll mitgearbeitet haben (naja hoffentlich arbeiten die mit für das sind die da, trotzdem natürlich süss bedankt er sich und ist er offen für Verbesserungen).  Aber weil die Stadträt:innen sich so fleissig reingenkniet haben, gibt es keine zweite Lesung – yeah. Make Love, not 2. Lesung! Und das Reglement wird verabschiedet, hallelujah!

 

Teil 3: Bildende Bauten

·        Was wäre eine Stadtratssitzung ohne irgendein Geschäft, das sich mit der Infrastruktur eines unserer Schulhäuser auseinandersetzt? Dieses Mal geht es um das Schulhaus Elzmatt, das eine neue Heizung braucht. Und zwar eine Pelletheizung, weil das die sinnvollste Lösung ist.  Das wusste ich gleich, ich musste nicht erst googeln was eine Pelletheizung ist, nein, Heizungen sind meine Spezialität (okay, nein, ich habe ausnahmsweise mal wieder die Stadtratsunterlagen gelesen) Natürlich will niemand, dass die armen Kinderlein frieren (ausser mir vielleicht, weil ich ein bösartiges Wesen bin) und so wird das Geschäft widerspruchslos durchgewunken. So lobe ich mir meinen Stadtrat.

·        Sanieren müssen wir auch die Berufsfachschule, die schon mal im besseren Zustand war. Der Kanton hat freundlicherweise die Gelder dafürgesprochen (lieben wir) und einen Wettbewerb veranstaltet, wo man Projekte einreichen konnte und der glückliche Gewinnerentwurf wird jetzt umgesetzt. Dafür mussten aber einige Anpassungen in der Überbauungsordnung vorgenommen werden, die nun vom Stadtrat in seiner Funktion als unser oberstes und edelstes Gremium abgesegnet werden muss.

·        Die Fraktionen zeigen sich angetan, dass der Kanton Bern den Bildungsstandort Oberaargau stärkt. Und naja, wenn der Kanton zahlt – wie heisst es so schön: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Auch diesem Geschäft wird einstimmig zugestimmt. Harmonie und Liebe für alle.

 

Teil 4: Mahlende Mühlen

·        Heute ist eigentlich fast mehr Retro (nicht zu verwechseln mit Reto) Edition als Regenedition, weil wir haben mal wieder die «Alte Mühle» auf dem Zettel. Der umstrittenste Teil dieses Geschäfts dürfte die Forderung sein, dass man die Gratisnutzung der Vereine aufhebt (bis jetzt ist es ja so, dass Vereine von Langenthal diese schönen Räumlichkeit gratis nutzen können) und der Bevölkerung anderen Raum zur Verfügung stellt. Dies, so argumentiert die Mutter der Motion, die FDP, weil das eine grosse Einschränkung darstellt und eine Lösung für die komplexe Mühlesituation erschwert. Man müsse zudem diskutieren, so Rosario Volante, ob es Aufgabe der Stadt sei, Vereinen Gratisräume zur Verfügung zu stellen.

·        Wenig begeistert von diesem Vorstoss zeigt sich Saima Sägesser (SP), die darin einen Versuch der Bürgerlichen wittert, das geplante Familienzentrum zu torpedieren. «Ich kann solche böswilligen Unterstellungen nicht stehen lassen», widerspricht ihr da vehement Pascal Dietrich (parteilos/FDP Fraktion), «rein von der Zeitachse geht das gar nicht auf, das Familienzentrum wäre befristet bis ins Jahr 2030 geplant.» Entscheiden wird in diesem Punkt, ob die Gratisnutzung weiter besteht oder nicht, sowieso das Stimmvolk – also freut euch. Wenn die Gratisnutzung fällt, dann wird sich tatsächlich ein gewisser Handlungsspielraum entfalten, weil, die Alte Mühle verlöre dann den öffentlichen Zweck und könnte umgewidmet werden bzw. sogar verkauft werden (habe ich das nicht schön gesagt? Klingt richtig klug, oder? Okay, eventuell habe ich einfach aufgeschrieben, was Stapi Reto Müller (SP) erklärt hat, aber das habe ich dafür richtig gut gemacht).

 

·        Die FDP/JLL Fraktion möchte den Gemeinderat damit beauftragen, eine Vorlage für die zukünftige Nutzung der «Alten Mühle» zu erarbeiten (wir hatten ja noch fast gar keine Konzepte für die Alte Mühle in der Vergangenheit, haha), damit auch für die Zeit nach dem Familienzentrum etwas aufgegleist wird (also, falls das Pilotprojekt nicht weitergeführt wird). Das wird so weit gutgeheissen.

 

Teil 5: Kriselnde Kultur

 

·        Kultur gab in den letzten Jahren immer wieder zu reden und zumindest von der bürgerlichen Seite kamen immer wieder Signale, dass sie gerne da mehr eingreifen würden. Von daher ist die Motion der FDP/JLL Fraktion nicht so überraschend, die nämlich fordert, dass die sogenannten Leistungsverträge, die mit den Kulturinstitutionen, aber auch mit der Stadt, der Region und dem Kanton abgeschlossen werden, im Stadtrat besprochen werden sollen, weil bis jetzt kann er die faktisch nur absegnen.

·        Wenig überraschend ist auch, dass die SP/GL Fraktion so gar nicht begeistert von dieser Motion ist. Saima Sägesser (SP) verortet gefährliche Tendenzen, etwa, dass Kulturförderung dann plötzlich von der politischen Meinung der Entscheidungsträger:innen abhängt, sie sieht es aber auch grundsätzlich kritisch, dass der Stadtrat noch mehr an sich reissen will. «Wie stellt ihr euch das denn vor? Sollen dann alle Kulturschaffenden, die sich Förderung wünschen, im Stadtrat antanzen?», fragt sie rhetorisch in den Saal.

·        Ein bisschen weniger scharf, aber dennoch deutlich äussern sich Murielle Schärer (GLP) und Janosch Fankhauser (SVP), die den Kommissionen ebenfalls nicht reinreden wollen und sich zufrieden mit den bisherigen Abläufen zeigen. Schärer weist zudem auf das Kulturförderungskonzept hin, dass noch in der Arbeit ist.

·        Pascal Dietrich (parteilos/FDP/JLL Fraktion) zeigt sich sichtlich angesäuert über den «Frontalangriff» von Saima Sägesser (SP) (seine Formulierung, nicht meine) und vertritt den Standpunkt, dass es ja urdemokratisch sei, die Diskussion auf diese Weise zu öffnen. Nathalie Scheibli (SP) versucht zu schlichten, indem sie Gesprächsbereitschaft signalisiert, will aber der Motion nicht zustimmen, weil es diese dafür nicht braucht. Genau, geht mal ein Bier trinken! Oder geht mal zusammen ins Stadttheater oder ins Kino oder an die Fasnacht oder an ein Konzert oder in die Buchhandlung (Buchzeichen ist btw für Buchhandlung des Jahres nominiert).

·        Also, irgendwie geht es gar nicht mehr so sehr um den Vorstoss, sondern eher um die Diskussionen, was jetzt Demokratie ist und welche Rolle der Stadtrat übernimmt. Saima Sägesser (SP) führt noch einmal aus, dass sie es nicht in Ordnung findet, wenn der Stadtrat weiterhin seine Macht mehrt («Am Schluss müssen wir hier noch jedes Baugesuch und jedes Einbürgerungsverfahren diskutieren!»). Georg Cap (Grüne) rundet die Diskussion schliesslich ab, indem er das verbindende Element von Kultur betont und dass sie eben frei von Politik sei und so neue Begegnungen schaffe. Die Motion wird jedenfalls versenkt. Wie die Titanic, am Eisberg von Mitte – Links zerschellt (und ein paar SVP – Pinguine waren auch dabei).

 

Teil 6: Freudiger Frischling

·        Und dann kommen wir schon zum letzten Traktandum: Der Neue stellt sich vor, Marc Häusler ist seit 12 Tagen Stadtschreiber. Er versuche mit all seinem Wissen die Lücke, die durch den Abgang von Daniel Steiner entstanden sei, füllen und könne dabei auf hervorragende Mitarbeitende zählen. Trotzdem bitte er um Verständnis falls anfangs nicht alles so funktioniere wie gewohnt. Marc Häusler zählt nicht nur Meilensteine seines Lebens auf, sondern macht auch deutlich, dass er einigen Stadtratsmitglieder auf seinem Weg bereits begegnet ist (naja, Oberaargau. Man läuft sich immer wieder über den Weg, wir sind quasi eine grosse dysfunktionale Familie). Auf jeden Fall, herzlich willkommen Herr Häusler und viel Spass, ich hoffe die Motivation ist nach dieser Sitzung nicht gleich wieder in den Keller gesunken (wobei es war nicht so schlimm. Wir können noch schlimmer, muhahaha).

·        Tja und damit beende ich diesen Liveticker, denn ich bin wahnsinnig müde und muss jetzt ins Bettchen (also ignoriert bitte Kommafehler und zusätzliche Leerschläge, ich korrigier die dann morgen. Vielleicht, wenn ich Bock habe, ich bin ein vielbeschäftigtes Lama. Wir sehen uns!

 

Best of


«Hätte die SP noch eine zweite Kandidatur?» So scharf sind sie in der SP dann doch nicht auf die Finanzkommission, Herr Stadtratspräsident Fabian Fankhauser (GLP).

«Zurecht hat die Feuerwehr den Ruf auch geselligen Anlässen nicht abgeneigt zu sein…» Weiss gar nicht, wie Diego Clavadetscher (FDP) darauf kommt.

«Linus Grossacher…äh Rothacher…» Kurz mal Grossenbacher und Rothacher fusioniert und tada: Neues Pokémon. Wieder Fabian Fankhauser

«Das Familienzentrum kann den Finger der Alten Mühle nicht verbinden…» Na, wenn es nur der Finger ist, geht’s ja noch oder, Corinna Grossenbacher (SVP?)

«Für einisch mal nid einstimmig…» Soll es auch bei der SVP geben. Janosch Fankhauser (SVP)

«Wir nehmen zur Kenntnis, dass das, was wir wollen, ganz daneben ist.» Pascal Dietrich (parteilos, FDP/JLL Fraktion) fasst die Debatte für sich noch mal zusammen.

«Dann ist das kein Milizparlament nicht mehr, dann wohnen wir hier drin!» Schöner Wohnen mit Saima Sägesser (SP).

«Inhaltlich sind die Antworten sehr politisch und diplomatisch formuliert – also sehr nichtssagend.» Also bitte, Mike Sigrist, in der Politik sagt man doch immer alles ganz genauso wies so ungefähr in etwa gemeint oder gedacht oder gefühlt ist….

Montag, 31. März 2025

Das andere Stadtratsprotokoll - die Lalalala - Edition: Der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 31.03.2025


 Beipackzettel

·        Ich bin wieder da – und das kann nur eines bedeuten, es gibt wieder eine Stadtratssitzung zu verbloggen. Mit dem Frühling kommen die Pollen – und die Stadträt:innen und beide sorgen für tränende Augen und Hustenreiz. Spass. Natürlich nicht. Der Stadtrat bringt natürlich gute Laune, wenn die Augen tränen dann höchstens vor Lachen und gehustet wird nur am Rednerpult, wenn sich eine:r an seinem eigenen Redeschwall verschluckt.

·        Und ich muss noch was auflösen: Ich habe meinen Kuchen bekommen. Treue Leser:innen können sich vielleicht erinnern, dass ich ursprünglich mit dem damaligen Stadtrat und jetzigem Stadtratspräsidenten Fabian Fankhauser (GLP) um den Ausgang der Gemeinderatswahlen gewettet habe (seine Vermutung basierte auf Daten, meine auf Tarotkarten, wir lagen beide falsch, aber ich ein bisschen weniger), der damalige und jetzige Stapi dann reingegrätscht ist und uns beiden Kuchen am Wahltag versprochen hat. Den wir aber nicht bekommen haben, deshalb habe ich mich gezwungen gefühlt, den verehrten Stadtpräsidenten immer wieder GANZ subtil auf dieses Versäumnis und den ausstehenden Kuchen aufmerksam zu machen (falls ihr euch also gefragt habt, warum ich immer von Kuchen gefaselt habe: Das war der Grund). Jedenfalls haben der Stadtratspräsident und ich den Kuchen inzwischen vom Stadtpräsidenten bekommen. Will man etwas von Politiker:innen muss man ihnen einfach lange genug damit in den Ohren liegen.

·        Es gibt noch mehr Frohes zu erkunden: Wir haben eine neue Stadtratssekretärin! Barbara Labbé übernimmt diese Funktion im Mandat und ist gespannt darauf, wie es hier bei uns läuft. Herzlich willkommen, Frau Labé – hier läuft es anders. Es läuft nicht schlecht, aber anders. Wir sind nämlich besonders.

 

Teil 1: “Like a bridge over troubled water…”

·        Und es wäre keine Stadtratssitzung, wenn wir nicht gleich mit ein paar Juristereien beginnen würden und zwar geht es um eine Nachtraktandierung,  die es so eigentlich noch nie gegeben hat (jedenfalls nicht, seit ich dabei bin – und vorher war die Erde ja schliesslich wüst und leer). Das heisst eigentlich nur, dass das Stadtratsbüro ein neues Traktandum aufnehmen möchte, das aber nur mit der Zustimmung des Stadtrats tun kann, weil der Aktenversand ja nicht rechtzeitig erfolgen konnte.

·        Bei dem Traktandum handelt es sich ebenfalls um ein Novum, und zwar beantragt die GPK, eine Diskussion im Stadtrat über irgendwas, was sie in der GPK besprochen hat. Damit – so der Sprecher des Stadtratsbüros, Diego Clavadetscher (FDP), nicht enorm viel Zeit in ein Projekt investiert wird, dass vielleicht auf gar keine Zustimmung trifft. Soll es ja schon gegeben haben…

·        Nachdem dieses neue Traktandum brav abgeknickt wurde, kommen wir zu einem sehr appetitlichen Thema: Abwasser. Oder wie es im Fachjargon heisst: Schmutz – und Sauberwasserleitung (wow, das klingt wirklich gleich viel positiver). Eine sich im eher schlechten Zustand befindende Leitung muss saniert werden, weil die Stadt diese dringend benötigt, um neue Haushalte mit Wasser zu versorgen. Und eine andere Leitung ist leider gerade nicht verfügbar. Immer diese besetzten Leistungen.

·        Das Problem an dieser Leitung ist: Sie ist privat. Deshalb sah die GPK das Geschäft nicht ganz unkritisch, denn gehört diese Leitung jetzt der Stadt oder gehört sie ihr nicht. Die Eigentumsübertragung ist noch nicht erfolgt (bitte seid beeindruckt von meinen geschliffenen Formulierungen) und eine Leitung für sehr viel Geld sanieren, wenn sie einem nicht gehört, ist natürlich eher unsexy. Deshalb beantragt die GPK eine Ergänzung des Beschlusses. Genau wie die SVP, die quasi eine Ergänzung der Ergänzung fordert, nämlich dass das Eigentum offiziell übertragen werden muss, bevor Geldmittel gesprochen werden. Damit wir ganz sicher sind, dass die Besitzer:innen sich nicht doch plötzlich an die Leitung ketten und schreien: «Das ist unsere Leitung – Hände weg!!!»

·        Schon glaubte man, dass ungewohnte Einigkeit wie ein frischer Frühlingswind durch diese Stadtratshallen weht – doch da regt sich Widerstand in Person von Robert Kummer (FDP), der noch ein paar andere Punkte reinbringt: Nämlich, dass bis zum heutigen Tag die jetzigen Eigentümer:innen für den Unterhalt der Leitung zuständig gewesen wären, diese aber heute im schlechten Zustand und nicht zugänglich sind. Die Privateigentümer:innen hätten  diese Pflichten also folglich jahrelang vernachlässigt und es könne nicht sein, so Kummer, dass die öffentliche Hand ohne rechtliche Grundlage jetzt einfach so viel Geld spreche. Deshalb stellt er einen Rückweisungsantrag, zugunsten der städtischen Finanzen, wie er hinzufügt.  Badam!

 

·        Pascal Dietrich (parteilos) reagiert auf Robert Kummers Votum und führt, ähnlich wie seine grüne Kollegin Fanny Zürn ins Feld, dass die Privateigentümer:innen all die Jahre ihre Abwassergebührten entrichtet haben und zusätzlich die Anschlussgebühren stemmten. Dietrich regt sich eher darüber auf, dass man vom Kanton aus weitere teure bauliche Wasserschutzmassnahmen ergreifen muss, wegen einem «Rinnsal» wie er es ausdrückt. Aber man müsse eben in den sauren Apfel beissen. Und hoffen, dass er nicht vergiftet wird. (Schneewittchen lässt grüssen).

 

·        Gemeinderat Michael Schär (FDP) ergreift noch einmal das Wort. Wichtig, so Schär, sei ihm die Gleichbehandlung der Gebührenzahlenden. Und die Stadt habe eine Erschliessungspflicht, das heisst, sie können nicht einfach sagen: «Nö, sorry, wir haben gerade keine Leitung, hier habt ihr als Trost einen Lolli.» (Der letzte Satz stammt von mir. Ich versuche mich hier gerade selbst zu unterhalten). Und in den besagten Bauparzellen gibt es halt keine andere Leitung als eben die nicht mehr ganz so flotte im Privateigentum.

 

·        Robert Kummer macht noch einmal auf das Sparpotenzial aufmerksam – in dem Fall wäre es eben juristisch korrekt, die Kosten nicht zu übernehmen. «Schliesslich», so Robert Kummer, «wird sich in diesem Rat oft genug beklagt, dass wir aus rechtlicher Sicht keinen finanziellen Spielraum haben. Jetzt hätten wir ihn.» Aber man könne das Geld auch mit vollen Händen ausgeben, so Robert Kummers dramatisches Schlusswort. Wow. Wer hätte gedacht, dass man bei einem Abwasserthema dermassen Feuer fangen kann. Allerdings löscht Wasser bekanntlich Feuer – und so wird Kummers Rückweisungsantrag zurückgewiesen und die Finanzierung der Sanierung (das reimt sich! Schillers Geist ist in mich gefahren!)

 

 

Teil 2: Provisorische Provisorien

·        Verlassen wir den dunklen Untergrund der Stadt und wenden uns Themen im Tageslicht zu. Wobei das Thema wahrscheinlich nicht minder emotional wird wie das Abwasserzeug, denn es geht um Kindergärten *hier bitte gruseliges Geräusch denken* und in Langenthal gibt es kaum etwas, was für so viele Wutanfälle in der Politik sorgt wie Kindergärten, denn wir erinnern uns daran: Die geplanten Kindergärten – Neubauten und die damit einhergehende Zentralisierung, die vom Gemeinde – und Stadtrat gewünscht wurde, wurde vom Stimmvolk an der Urne brutal versenkt. Nur sind die Kinder halt eben immer noch da. Beziehungsweise es hat mehr Kinder gegeben (nicht von mir, ich bin schon lange zum Schluss gekommen, dass ich, um die Infrastruktur von Langenthal zu schonen, auf eine Fortpflanzung verzichte. Bin ich nicht eine Heldin? Okay, vielleicht liegt es an meinen nur kümmerlich vorhandenen Mutterinstinkten…) und die müssen ja jetzt irgendwo in den Kindergarten, weil wir können die ja nicht einfach im Wald aussetzen und darauf warten, dass sie anhand von Brotkrumen wieder nachhause finden. Deshalb muss man jetzt auf das neue Schuljahr hin Provisorien erreichten.

·        Pascal Dietrich, bekannt als wackerer Streiter für Quartier – Kindergärten, regt noch kurz an, dass man ja die Waldhofschule auch als Kindergarteninfrastruktur nutzen könnte, was Stadtpräsident Reto Müller (SP) zu der etwas spitzen Bemerkung verleitet, dass man dann ja wieder zentralisieren müsse, denn der Waldhofbau sei schliesslich riesig. Ansonsten zeigt sich der Stadtrat überraschend einig und stimmt den Provisorien zu. Huch. Das ging schnell. Dafür war ich jetzt gar nicht bereit. Will niemand mehr was sagen? Niemand??? Hallo?

 

Teil 3: Fragen über Fragen

·        Parlamentarische Fragestunde, yay! Ich glaube ja, dieses Traktandum wäre wesentlich lustiger, wenn wir es «Gemeinderat roasten» nennen würden, wobei der Stadtrat macht das ja ohne direkte Aufforderung schon oft genug.  Und ich habe SCHON wieder Hunger! Wieso habe ich immer Hunger hier? Ich habe extra vorher noch, was gegessen und alles was ich aktuell denken kann, ist: PIZZA, PIZZA, PIZZA!!!

·        Falls ihr euch übrigens fragt, wo das sogenannte Stadtmarketingkonzept bleibt, das so oft angekündigt worden ist: Das kommt nicht. Weil, wir machen schon sowieso viel und wichtig sei es, die Sachen auch mal umzusetzen, so Reto Müller auf die Frage von Saima Sägesser (SP) Was ist denn aus dem alten Credo «Wir - müssen - alles - manisch – aufschreiben - und - ins - kleinste Detail - planen, bevor - wir – irgendetwas -  machen – weil – sonst – geht - alles - den – Bach - runter» geworden? Wurde das gleich mit dem Stadtmarketingkonzept geschreddert, oder was?

·        Kann es sein, dass die Badi auch immer auseinanderfällt? Das Klettergerüst musste abgebaut werden, weil es nicht mehr den Sicherheitsstandard entsprach und ein Ersatz zu teuer war. Naja. Immerhin können die Kinder immer noch «nicht auf Lava» treten auf den Badipflastersteinen spielen (denn die fühlen sich bekanntlich tatsächlich wie Lava an).

·        Martin Lerch (SVP) freut sich, dass er gleich vier Fragen beantworten darf. Das nenne ich mal eine vorbildliche Einstellung, ich bin nämlich nicht ganz sicher, ob alle Gemeinderät:innen so euphorisch sind, wenn sie Fragen beantworten «dürfen». Er darf dann auch gleich Auskunft geben über die Revision des Ortspolizeireglement, die bis jetzt nicht erfolgt ist. Martin Lerch verspricht dem Fragesteller, dass er sich dem Annehmen wird, denn er sei nicht dafür bekannt Probleme aufzuschieben, sondern sie zu lösen. Oh, oh. An diesen Spruch werde ich Martin Lerch gerne in Zukunft erinnern (ich kann sehr penetrant sein. Ich sage nur: Kuchen)

 

 

Teil 4: Und zum Abschied leise Servus

 

 

·        Die GPK stand vor einer schwierigen Situation. Sie haben Barbara Labbé im Mandat angestellt, hatten aber nicht die Befugnis, das Geld für dieses Mandatverhältnis zu sprechen. Sie mussten das dem Gemeinderat beantragen, der jedoch auf der Grossratssessionen zweimal nicht getagt hat, worauf sich diese Entscheidung verschob. Deshalb hat sich auch die Kommunikation und der daran gebundene Aktenversand verzögert. Jetzt ist es aber so, dass in der Geschäftsordnung festgelegt ist, dass Stadtratssekretär:innen Angestellte der Stadt sein müssen – ein Mandat ist da schlichtweg nicht vorgesehen. Die GPK musste eigenständig agieren und sie wollten dem Rat die Möglichkeit geben sich zu äussern, ob er bereit ist die Geschäftsordnung zu ändern und ob nur dieser Punkt geändert werden soll oder aber gleich noch andere Artikel überprüft werden sollen (weil, schliesslich hatte der aktuelle Stadtrat noch nicht das Vergnügen ein Reglement zu revidieren, haha)

·        Der Stadtrat stimmt dem Vorgehen der GPK zu, gibt ihm also grünes Licht. Die Abstimmung ist aber nicht bindend, sondern dient eher als Thermometer. Darf ich ein bisschen enttäuscht sein? Ich dachte, da käme jetzt irgendeine riesige Sache und die GPK hätte sich irgendwie so richtig gefetzt und braucht jetzt den Stadtrat als Schlichter UND DANN GEHT ES WIEDER NUR UM EIN REGLEMENT? Ich bin hier für das Drama, Leute, nicht für trockene Politarbeit, denkt doch auch mal ein bisschen an mich.

 

 

·        Dann heisst es Abschied nehmen vom Urgestein Daniel Steiner (der Wortwitz war nicht beabsichtigt). Der langjährige Stadtschreiber nimmt seinen Hut und zieht sich in seinen wohlverdienten Ruhestand zurück. In seiner Abschiedsrede erinnert er sich an seinen ersten Tag, der offenbar darin bestand, dass er dem damaligen Gemeinderat dabei zuhören musste, wie sie sich gegenseitig alles Schlimme an den Kopf werden und auch die erste Stadtratssitzung war offenbar eine traumatische Erfahrung, denn sie dauerte bis 12 Uhr nachts (manche Dinge ändern sich nie) und als endlich zuhause im Bett lag, hat er sich überlegt, ob er am nächsten Morgen überhaupt noch hingehen soll. Trotz dieses turbulenten Starts unterstreicht er in seinen Abschiedsworten immer wieder, wie dankbar er für die Zeit auf der Stadtverwaltung ist. Er sei immer jemand gewesen, der mitgestalten und unterstützen wollte und habe in Langenthal die Stelle gefunden, die er immer hatte haben wollen, betont er. Und er drückt seinen Respekt für die Anwesenden aus. «Ohne Menschen ist ein politisches System – egal wie gut es ist - nur ein toter Buchstabe». Und: «Ich habe eine grosse Hochachtung vor euch Milizlern, denn ich wurde für meine Arbeit gezahlt – ihr nicht.» Seine Rolle habe er so verstanden, dass er für alle da ist. Nicht nur für die einen oder anderen. Sein Ziel, so Steiner, sei es zudem immer gewesen, dass die Politik sich politisch entfalten kann und sich nicht um Sachfragen kümmern muss. Nicht immer der einfachste sei er gewesen, er habe auch oft in der Kritik gestanden, schlussendlich, habe das Positive immer überwogen. «Ich habe viel dafür gemacht – aber ich habe auch viel dafür bekommen.» Und mit dieser spür – und sichtbaren Dankbarkeit verabschiedet sich das juristische Gewissen der Stadtverwaltung. Alles Gute! (Und falls das Gewissen wissen will, wie es ohne ihn im Stadtrat weitergeht, kann er ja das Lama lesen. Ich bin politisch nicht immer gleich neutral, dafür unterhaltsam. Manchmal.)

 

 

 

Best of

«Die GPK musste sich gleich zu Anfang der Legislatur in den Untergrund eingraben. « Pascal Dietrich (parteilos) und die Geheime Parteikommission der Kleinmaulwürfe.

«Obwohl es um Fäkalien geht, möchte ich hier Goethe zitieren: Ach, zwei Seelen wohnen in meiner Brust…» Goethe geht immer. Wieder Pascal Dietrich.

«Wir sehen, ob unser Finanzminister auskunftsfreudiger ist.» Stadtratspräsident Fabian Fankhauser (GLP) kündet Gemeinderat Patrick Freudiger (SVP) mit einem gewagten Wortwitz an.

«Das sind von Amtes wegen gute Beispiele, sonst wären sie nicht gesprochen worden. Ich hoffe, ich bin auskunftsfreudig genug gewesen.» Patrick Freudiger nimmt den Ball an.

«Wir haben fleissig gewerkelt und das Ergebnis dürfen wir heute begrüssen.» Also, ihr habt die neue Stadtratspräsidentin in der GPK aber nicht irgendwie selbst zusammengeschraubt oder gebacken oder, Corinna Grossenbacher (SVP)?

«In der Politik wird relativ viel Zeit verbraten.» Ökologisch kochen mit Diego Clavadetscher (FDP)

Und zum Schluss noch:

 

Best of Stadtschreiber:

 

«Am 1. Juni 1991 – also, ich nehme jetzt nicht jeden einzelnen Tag durch, keine Angst.»

«Ich wollte euch nicht mit juristischen Fachsimpeln kommen, da hattet ihr, glaube ich, jetzt genug Workout.»

«In der Traube – das ist ein Restaurant, für die, die das nicht kennen. Das war quasi unser Wohnsitz.»

Das andere Stadtratsprotokoll - der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 30.06.2025: Die Hot Summer - Edition

  Prolog: Da bin ich wieder! Hurra!   ·         Hallo *scheu um die Ecke guck*. Ja. Mich gibt’s noch. Lange ist’s her, aber ich war zu b...