Sonntag, 5. Mai 2019

Lama und Einhorn: Das Sozialhilfegesetz




Einhorn: „Du, Lama, ich hab da mal eine Frage: Wieso will der Berner Regierungs – und Grossrat, dass Sozialhilfebezüger weniger Geld bekommen?“

Lama (belehrend): „Ach, Einhorn, was ist denn das für eine Frage? Weil der Kanton sparen muss, natürlich!“

Einhorn (zweifelnd): „Ja, aber Sozialhilfebezüger, haben doch sowieso schon wenig Geld zur Verfügung oder?“

Lama (herablassend): „Nun ja, offenbar sind die Summen recht grosszügig bemessen, wenn so viele lieber in der Sozialhilfe rumhängen, statt was Ordentliches zu arbeiten!“

Einhorn (nachdenklich): „Aber denkst du nicht, dass der Grossteil der Sozialhilfebezüger gerne arbeiten würde, wenn sie die Chance dazu hätten?“

Lama (verständnislos): „Was heisst das, wenn sie die Chance dazu hätten? Wer arbeiten will, der kann auch!“

Einhorn (kleinlaut): „Weisst du, ich dachte nur, weil so viele Jobs gestrichen werden, wegen der Digitalisierung und allem…und wenn du über 50 bist, will dich ja auch keiner mehr, weil dann bis du zu teuer…“

Lama (schnippisch): „Deswegen brauchst du nicht so rumzujammern! Das nennt man eben Wirtschaftlichkeit!“

Einhorn (verwirrt): „Also werden die Leute dafür bestraft, dass die Wirtschaft sie nicht mehr will?“

Lama (verdutzt): Äh….also…du machst wieder ein Durcheinander! Es geht jetzt nicht um die Wirtschaft, es geht doch darum, dass es nicht sein kann, dass sich Sozialhilfe mehr lohnt als Arbeit.

Einhorn (bissig): „Wenn sich Sozialhilfe mehr lohnt als Arbeit, liegt das vielleicht nicht daran, dass die Sozialhilfe zu grosszügig bemessen ist, sondern daran, dass so viele Jobs zu schlecht entlohnt werden!“

Lama (gereizt): „Jetzt tu nicht so, als wären alle in der Sozialhilfe arme Schlucker! Darunter gibt es viele, die betrügen!“

Einhorn (energisch): „Nicht alle Sozialhilfebezüger, sind Sozialhilfebetrüger!“

Lama (genervt): „Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Irgendwie bist du so auf Krawall gebürstet!“

Einhorn (trotzig): „Ich verstehe einfach nicht, wieso wir bei denen sparen, die sowieso schon arm sind!“

Lama (irritiert): „Bei wem willst du denn sonst sparen?“

Einhorn (triumphierend): „Na, bei den Reichen. Nimm es den Reichen und gib es den Armen, das hat schon Robin Hood gesagt!“

Lama (hochnäsig): „Wir sind hier aber nicht im Sherwood Forest! Wenn wir anfangen bei den Reichen zu sparen, sind die wohlmöglich auch plötzlich arm!“

Einhorn (gespielt naiv): „Also wären wir dann alle plötzlich arm?“

Lama (beflissen): „Ja, genau!“

Einhorn (lauernd): „… und das wäre schlecht?“

Lama (fassungslos): „Natürlich wäre das schlecht! Wills du etwa arm sein?“

Einhorn (sinnierend): „Vielleicht siehst du das den falschen Weg rum. Das Ziel ist nicht, dass alle gleich arm sind. Sondern alle gleich reich…“

Lama (schockiert): „Also Einhorn, du hast einfach zu heiss gebadet! Jetzt kommst du noch mit Kommunismus. Darum geht es jetzt wirklich nicht bei dieser Abstimmung!“

Einhorn (beschwichtigend): „Da stimme ich dir sogar zu. Es war nur so eine Träumerei. Bei der Abstimmung geht es darum, ob Menschen ein einigermassen würdiges Leben führen können oder nicht. Das hat nicht viel mit rechts oder links zu tun, sondern mit der Verantwortung, die die Gesellschaft gegenüber ihren weniger gut gestellten Mitgliedern hat. Deshalb braucht es auch einen besseren Schutz für Arbeitnehmer – und Arbeitnehmerinnen über 50!“

Lama (seufzend): „Ach, Einhorn, du träumst ja schon wieder! Das ist keine realistische Vorstellung!“ 

Einhorn (sonnig): „Natürlich ist das realistische Vorstellung. Um genau zu sein, ist sie schon wahr geworden. Man nennt sie „Volksvorschlag Sozialhilfe“ und der ist das soziale Gegenstück zu der Vorlage des Grossen Rates. Ist das nicht wunderbar? Das ist quasi wie Weihnachten!“

Lama (skeptisch): „Na, ich weiss nicht!“

Einhorn (verschwörerisch): „Ach, komm schon. Weisst du, auch Lamas können Einhörner sein.“

Lama (zweifelnd): „Meinst du?“

Einhorn: „Natürlich! Und willst du noch was wissen: Sogar Esel können Einhörner sein! Wenn sie den Mut haben, ihr graues Fell der Zahlen abzustreifen und sich stattdessen in das bunte und soziale Gewand der Menschenliebe und der Hilfsbereitschaft werfen. Darum wünsche ich mir für die Abstimmung vom 19. Mai: Lass alle Berner – und Bernerinnen für einmal Einhörner sein!“


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