Einhorn: „Du, Lama, ich hab
da mal eine Frage: Wieso will der Berner Regierungs – und Grossrat, dass
Sozialhilfebezüger weniger Geld bekommen?“
Lama (belehrend): „Ach,
Einhorn, was ist denn das für eine Frage? Weil der Kanton sparen muss,
natürlich!“
Einhorn (zweifelnd): „Ja,
aber Sozialhilfebezüger, haben doch sowieso schon wenig Geld zur Verfügung
oder?“
Lama (herablassend): „Nun
ja, offenbar sind die Summen recht grosszügig bemessen, wenn so viele lieber in
der Sozialhilfe rumhängen, statt was Ordentliches zu arbeiten!“
Einhorn (nachdenklich): „Aber
denkst du nicht, dass der Grossteil der Sozialhilfebezüger gerne arbeiten würde,
wenn sie die Chance dazu hätten?“
Lama (verständnislos): „Was
heisst das, wenn sie die Chance dazu hätten? Wer arbeiten will, der kann auch!“
Einhorn (kleinlaut): „Weisst
du, ich dachte nur, weil so viele Jobs gestrichen werden, wegen der
Digitalisierung und allem…und wenn du über 50 bist, will dich ja auch keiner
mehr, weil dann bis du zu teuer…“
Lama (schnippisch): „Deswegen
brauchst du nicht so rumzujammern! Das nennt man eben Wirtschaftlichkeit!“
Einhorn (verwirrt): „Also
werden die Leute dafür bestraft, dass die Wirtschaft sie nicht mehr will?“
Lama (verdutzt): Äh….also…du
machst wieder ein Durcheinander! Es geht jetzt nicht um die Wirtschaft, es geht
doch darum, dass es nicht sein kann, dass sich Sozialhilfe mehr lohnt als
Arbeit.
Einhorn (bissig): „Wenn sich
Sozialhilfe mehr lohnt als Arbeit, liegt das vielleicht nicht daran, dass die
Sozialhilfe zu grosszügig bemessen ist, sondern daran, dass so viele Jobs zu
schlecht entlohnt werden!“
Lama (gereizt): „Jetzt tu
nicht so, als wären alle in der Sozialhilfe arme Schlucker! Darunter gibt es
viele, die betrügen!“
Einhorn (energisch): „Nicht
alle Sozialhilfebezüger, sind Sozialhilfebetrüger!“
Lama (genervt): „Sag mal,
was ist eigentlich los mit dir? Irgendwie bist du so auf Krawall gebürstet!“
Einhorn (trotzig): „Ich
verstehe einfach nicht, wieso wir bei denen sparen, die sowieso schon arm sind!“
Lama (irritiert): „Bei wem
willst du denn sonst sparen?“
Einhorn (triumphierend): „Na,
bei den Reichen. Nimm es den Reichen und gib es den Armen, das hat schon Robin
Hood gesagt!“
Lama (hochnäsig): „Wir sind
hier aber nicht im Sherwood Forest! Wenn wir anfangen bei den Reichen zu
sparen, sind die wohlmöglich auch plötzlich arm!“
Einhorn (gespielt naiv): „Also
wären wir dann alle plötzlich arm?“
Lama (beflissen): „Ja,
genau!“
Einhorn (lauernd): „… und
das wäre schlecht?“
Lama (fassungslos): „Natürlich
wäre das schlecht! Wills du etwa arm sein?“
Einhorn (sinnierend): „Vielleicht
siehst du das den falschen Weg rum. Das Ziel ist nicht, dass alle gleich arm
sind. Sondern alle gleich reich…“
Lama (schockiert): „Also
Einhorn, du hast einfach zu heiss gebadet! Jetzt kommst du noch mit
Kommunismus. Darum geht es jetzt wirklich nicht bei dieser Abstimmung!“
Einhorn (beschwichtigend): „Da
stimme ich dir sogar zu. Es war nur so eine Träumerei. Bei der Abstimmung geht
es darum, ob Menschen ein einigermassen würdiges Leben führen können oder
nicht. Das hat nicht viel mit rechts oder links zu tun, sondern mit der
Verantwortung, die die Gesellschaft gegenüber ihren weniger gut gestellten Mitgliedern
hat. Deshalb braucht es auch einen besseren Schutz für Arbeitnehmer – und
Arbeitnehmerinnen über 50!“
Lama (seufzend): „Ach,
Einhorn, du träumst ja schon wieder! Das ist keine realistische Vorstellung!“
Einhorn (sonnig): „Natürlich
ist das realistische Vorstellung. Um genau zu sein, ist sie schon wahr
geworden. Man nennt sie „Volksvorschlag Sozialhilfe“ und der ist das soziale
Gegenstück zu der Vorlage des Grossen Rates. Ist das nicht wunderbar? Das ist
quasi wie Weihnachten!“
Lama (skeptisch): „Na, ich weiss
nicht!“
Einhorn (verschwörerisch): „Ach,
komm schon. Weisst du, auch Lamas können Einhörner sein.“
Lama (zweifelnd): „Meinst
du?“
Einhorn: „Natürlich! Und willst
du noch was wissen: Sogar Esel können Einhörner sein! Wenn sie den Mut haben,
ihr graues Fell der Zahlen abzustreifen und sich stattdessen in das bunte und
soziale Gewand der Menschenliebe und der Hilfsbereitschaft werfen. Darum
wünsche ich mir für die Abstimmung vom 19. Mai: Lass alle Berner – und
Bernerinnen für einmal Einhörner sein!“
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