Was könnte einen perfekten
Sommer besser abrunden als eine knackige, spritzige Stadtratssitzung? Das wird
sicher genauso lustig wie meine Irlandreise, dachte ich im Vorfeld, nur, dass
es statt „Slàinte“ und „Uisce bheatha“ „strukturelles Defizit“ und „Zinssätze“
heisst. Und dass es statt Elfen und Schafe, Gemeinderäte – und Gemeinderätinnen
sowie Stadträte – und Stadträtinnen gibt (ich überlasse es den Lesenden zu
entscheiden, wer in dieser Aufteilung jetzt wer ist). Ausserdem ist Irland
definitiv kühler als im Sitzungszimmer des Stadtrates, wo ich mich nach
spätestens fünf Minuten fühle wie im Backofen (wer hatte eigentlich die grandiose
Idee, ein Zimmer direkt unter dem Dach zu wählen? Gab es keine freien
Räumlichkeiten im Schwimmbad?)
Bevor sich die Herren und
Damen Stadtrat über das Budget und den Finanzplan 2020 – 2024 beugten (gibt es
eigentlich keine Themen ohne Zahlen mehr?), begrüsste der Zeremonienmeister,
der Stadtratspräsident Patrick Freudiger
(SVP) die Anwesenden und versprach eine kurze Sitzung. Worte, denen ich keinen
Glauben schenkte, wie ich gestehen muss, denn nach meiner Erfahrung ist das mit
den „kurzen“ Sitzungen wie mit den „kurzen“ Voten: Man kann diese Aussage in
etwa so ernst nehmen, wie wenn jemand sagt, er gehe mal „kurz“ eine rauchen oder
„kurz“ die Welt retten. Aber, in diesem Fall sollte Freudiger Recht behalten. Mea culpa.
Patrick Freudiger machte
auch auf personelle Änderungen aufmerksam. Stadtratssekretärin Janine Jauner
ist im Mutterschaftsurlaub oder um es mit Freudigers Worten auszudrücken: Sie
darf ein Kind bekommen. Offenbar hat das Bundesamt für Bevölkerungszuwachs und
Umweltschutz ihr dafür die Erlaubnis erteilt. Und Gabi Heiniger, die
zuverlässige Protokollantin (die richtige Protokollantin) hat eine neue Stelle
angetreten. Da der Stadtschreiber sich noch immer in Rekonvaleszenz befindet,
springt für ihn Rechtsanwalt Dr. Arn ein und so sassen eine Menge neue Leute
mit am erhobenen Tisch des Stadtratsbüros (ist eigentlich schon mal jemanden
aufgefallen, dass diese Tafel GENAUSO aussieht wie der Lehrertisch in Hogwarts?
Abgesehen davon, dass niemand einen Hexenhut trägt). Auch im Stadtrat gab es
einen Neuzugang: Mike Siegrist (EVP) ist für Anita Steiner – Thaler nachgerutscht.
Das hinderte Patrick
Freudiger nicht daran, in üblicher forscher Weise mit Traktandum 1 zu beginnen:
Das Budget 2020 und der Finanzplan 2020 – 2024. Weil beides zusammenhängt (denn
ohne Budget gibt es kein Finanzplan und ohne Finanzplan kein Budget, was uns zu
der hochphilosophischen Frage führt, was zuerst da war: Der Finanzplan oder das
Budget?) präsentierte der zuständige Gemeinderat, Finanzminister Roberto de
Nino beides zusammen.
Um es kurz zu machen: Budgetmässig
sieht es nicht so rosig aus, aber auch nicht zappenduster Die Stadt Langenthal
hat ein strukturelles Defizit von 3, 1 Millionen (findet ihr nicht auch, dass
alles viel wichtiger klingt, wenn man ein strukturell vorne dranhängt?
Strukturelle Buchhändlerin hat doch gleich ein ganz anderes Gewicht als dieses popelige Buchhändlerin!). Das Budget „ruiniert“
hat das Projekt mit dem schönen Namen „IT – Plattform – Outsourcing“, das
stattliche 2.4 Millionen verschlingt (IT
- Outsorucing heisst, dass das Stadtparlament, die Regierung und das
Stimmvolk entschieden hat, die Informatik der Stadtverwaltung nicht mehr selbst
zu betreuen, sondern sie von einem externen Anbietern erneuern zu lassen.)
Dennoch, so Roberto de Nino,
sei diese Ausgabe richtig und wichtig, denn hätte man sich dafür entschieden,
die veraltete Technik ständig nachzubessern, hätte das zu noch mehr Aufwänden
und Kosten jährlich geführt. Wenn ich das mal mit einem Sinnbild versehen
dürfte: Wenn dein Boot ein Loch hat und du dieses Loch mit einem Kaugummi
notdürftig reparierst, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Kaugummi
schmilzt, das Wasser ungebremst ins Boot läuft und es untergeht.
Zum Glück gibt es auch
Einnahmen. Nicht nur die üblichen Einnahmen aus Steuern (mein Geld, dein Geld,
unser Geld, dass wir brav der Stadt, dem Kanton, dem Bund abliefern), sondern
auch noch eine unerwartet hohe Dividende von der IB Langenthal. Die hat nämlich
Geburtstag und zu diesem feierlichen Anlass schüttet sie eine Jubiläumsdivdende
aus. Normalerweise schenken einem ja die anderen etwas zum Geburtstag, nicht
umgekehrt, aber wir wollen uns jetzt mal nicht beschweren.
Auch der Finanzplan enthält
mehr Ausgaben als Einnahmen. Tatsächlich rechnet der Finanzvorsteher damit, dass
sich die Schulden der Stadt Langenthal im Jahre 2024 auf rund 116 Mio Franken
belaufen werden (Ich finde, man muss das positiv sehen. Könnten ja auch 120 Mio
Franken sein…). Ein Grund für diese hohe Summe sind die Investitionen. Denn bei
all den Kredite, die in den letzten Stadtratssitzungen gesprochen wurden – ESP Bahnhof
zum Beispiel – handelt es sich ja nicht um Konfetti, sondern eben um Geld. Wer
shoppt, muss eben auch zahlen (Wobei es im Fall des Bahnhofs so sein wird, dass
zumindest ein Teil der investierten Summe wieder zurückbezahlt wird).
Ein Thema, dass bei
Budgetdiskussionen in Gemeinden grundsätzlich aufpoppt sind die Steuern. Denn
wenn man mehr Aufwände hat, muss man umgekehrt dafür mehr Einnahmen generieren,
das weiss sogar ich mit meinen eher beschränken Buchhaltungswissen. Und Erträge
generiert man in einer Stadt nun einmal hauptsächlich mit Steuern. Es läge
daher eigentlich nahe, die Steuern zu erhöhen. Der Gemeinderat möchte das
jedoch vermeiden, denn der relativ niedrige Steuersatz macht die Stadt ja auch
attraktiv. Steuererhöhungen sind zudem aus nachvollziehbaren Gründen beim Volk
nicht wirklich beliebt und wer weiss: Plötzlich hätte die Stadt Langenthal dann
einen Robin Hood, der mit Pfeil und Bogen gegen die hohen Steuern kämpft?
(wobei wenns ein gutaussehender Kerl ist: Warum nicht.)
Die Steuern waren dann auch
Thema bei der Geschäftsprüfungskommission, wie deren Sprecher Diego
Clavadetscher (FDP) bestätigt. Auch sie hat dem Gemeinderat die Frage gestellt,
ob denn eine Steuererhöhung anstehe, was dieser verneint habe. Auch die anderen
Fragen der GPK konnte die Exekutive zufriedenstellend beantworten und so
stellte sie dann auch brav die formale Richtigkeit des Geschäfts fest.
Bei den Äusserungen der
Fraktionen wurde klar, dass niemand im Anbetracht des Defizits Freudensprünge
macht, dass sich aber alle mehr oder wenig einig sind, dass man das Budget und
auch den Finanzplan bereits so weit als möglich aufgehübscht hat. Denn bei
vielen Bereichen kann die Stadt ja auch nicht viel machen, zum Beispiel bei
Dingen, die von Kanton und Bund abhängen (Stichwort Sozialhilfe oder Verkehr).
Jürg Schenk von der EVP äusserte Sorge darüber, dass mehr ausgegeben wird, als
eingenommen, gab aber zu, dass auch seine Fraktion das Ei des Kolumbus nicht
gefunden hat.
Ähnliche Töne schlug Pascal
Dietrich (FDP) an, der den Prozess, in dem das Budget und der Finanzplan
entstanden sind, lobte, mit dem Resultat aber unzufrieden ist. In seinen Votum
konnte er sich einen kleinen Seitenhieb Richtung Gemeinderat dann nicht
gänzlich verkneifen. Als es vor Jahren um die Sanierung des Stadttheaters
gegangen sei, habe man versichert, dass der laufende Betrieb im renovierten
Gebäude, nicht mehr kosten würde, als der im alten Gebäude. Dies sei jetzt aber
laut Aufstellung der Fall: Der Betrieb kostet mehr. „Da hat man was anderes
versprochen“, merkte Dietrich leicht süffisant an.
Paul Bayard (SP) wendete
sich in seiner Stellungnahme dann gleich direkt an die Steuerzahler – und Steuerzahlerinnen.
Er mahnte, dass es nicht richtig sei, Sachen über Gebühren zu finanzieren, die
man über Steuergelder finanzieren sollte. Damit bezog er sich auch auf die
Geburtstagsdividende der IBL, die ja, indirekt vom Gebührenzahler/ der
Gebührenzahlerin finanziert werden wird (So viel zum Thema Geschenk). Er
erinnerte auch daran, dass sich Umstände schnell ändern können, wie ja auch die
aktuelle Weltpolitik beweise, wo ja „schurige Gstalte hervorkroche chöme.“ In
diesem Sinne wisse man ja auch nicht, was die Zukunft für Langenthal bringe. Die
SP/GL Fraktion unterstütze den Finanzplan daher nur zum Teil.
Kurz und schmerzlos machte
es Patrick Fluri von der SVP, der lakonisch verkündete, die SVP werde das
Budget grösstenteils annehmen. Praktisch veranlagt wie SVPler nun einmal sind,
schlug er auch gleich noch eine Sparmassnahme vor. „Hätten wir all das Papier,
das wir im Vorfeld erhalten haben, in elektronischer Form, würde das auch
helfen die Kosten zu senken“, bemerkte er.
Seine Parteikolleggin
Corinna Grossenbacher (SVP) dagegen zeigte sich enttäuscht, dass die Stadt
darauf verzichtet die Positionen zu beeinflussen, die nicht gebunden sind. Sie
brachte das Beispiel vom Personalaufwand in der Verwaltung, denn nach Meinung
der SVP, hätte man durch die Auslagerung der IT, Stellen sparen können bzw.
müssen. Denn Personalaufwand ist
ebenfalls ein sehr grosser Ausgabeposten (nicht nur in der Stadt sondern
überall. Darum kommen auch alle Unternehmen auf die glorreiche Idee, Leute
rauszuschmeissen, wenn es schlecht läuft).
Janosch Fankhauser
(ebenfalls von der SVP) hatte ganz andere Ausgaben im Visiert. In der
Detailberatung über das Budget stellte seine Partei den Antrag, bei der
Bundesfeier mit Feuerwerk zu sparen, denn immerhin kostete das kurzweilige
Vergnügen dieses Jahr rund 15‘000 Franken (übrigens hatte ich ab diesem Punkt
den Song „Feuerwerk“ von Vincent Weiss im Ohr – Danke, SVP, für diesen
Ohrwurm!) und erhöhe auch den CO2
Ausstoss. Die SVP hatte die Idee, 4‘000 Franken weniger ins Bum Bum zu
investieren und das Geld dafür dem Old Capitol zuzusprechen (das Old Capitol
ist ein ehemaliges Kino, das inzwischen zum beliebten Kulturlokal avanciert ist).
In Sachen Feuerwerk waren
alle Redner – und Rednerinnen mehr oder weniger einverstanden. Paul Bayard war
der Ansicht, dass man eigentlich auf den ganzen Zauber verzichten könne, denn
schliesslich störe das alle Hunde und Katzen (und Lamas) und es sei ja wirklich
nicht besonders sinnvoll, für 15 Minuten 15‘000 zu verballern. Für irritiertes
Stirnrunzeln sorgte im ersten Moment allerdings die kühne Verknüpfung zwischen
Feuerwerk und Old Capitol, zwei Dinge, die ja eigentlich nicht viel miteinander
zu tun haben. Janosch Fankhauser begründete diese Idee damit, dass das Old
Capitol von Freiwilligenarbeit lebt und Schwierigkeiten hat sich zu finanzieren.
Der Stadtrat zeigte Herz für das O.C und stimmte den Antrag, inklusive
Quersubventionierung zu. Gespart wurde dadurch allerdings nichts.
Ein anderer Antrag der SVP –
die in den Ferien offenbar neue Energie getankt hat – betraf die
Liegenschaftssteuer. Der Kanton Bern hat die Liegenschaften neu bewertet,
stiess aber bei manchen Städten auf Widerstand. Das Bundesgericht hat diesen
Städten Recht gegeben, der Grosse Rat muss noch einmal über die Bücher. Die SVP
Langenthal wollte die Liegenschaftssteuern im Budget anpassen und von 1.0 % auf
0.9% senken.
Bernhard Marti (SP) konnte
diesem Ansinnen nicht viel abgewinnen. Denn mal abgesehen davon, dass damit nur
eine Anspruchsgruppe begünstigt würde – sei das auch ein Entscheid ins Blaue,
weil man ja nicht weiss, wie sich die Regelung im Kanton Bern jetzt entwickeln
wird. Ausserdem mache eine Steuersenkung bei diesem Minus im Budget keinen Sinn
und es gebe mehr Mieter als Eigentümer.
Pascal Dietrich äusserte
sich ähnlich, zumindest was die Sache mit dem hängigen Prozess im Kanton Bern
betrifft, der es schwer mache, jetzt schon etwas zu fixieren. Roberto de Nino
schliesslich erklärte noch einmal, dass der Gemeinderat weder Steuererhöhungen
noch Steuersenkungen anstrebe (fast erwartete ich, dass er auf den Tisch
springt und anfängt „ich erhöh euch die Steuern, gewählt ist gewählt, ihr könnt
mich nicht mehr feuern“ zu singen). Ausserdem würde die Senkung der
Liegenschaftssteuern ein Loch von 350’00 in die Kasse reissen. Wie zu erwarten
wurde der Antrag deutlich abgelehnt. Nachdem das geklärt war, schritt man zur
Schlussabstimmung: Dem Budget wurde mehrheitlich zugestimmt. Auch die
dazugehörige Abstimmungsbotschaft – denn auch das Volk darf noch darüber
befinden – wurde ohne weitere Änderungsanträge durchgewinkt und so konnte man
dieses Traktandum abhaken und sich dem nächsten zuwenden, das den klangvollen
Titel trug: Gesamtsanierung Kugelfang Hinterberg und Neugestaltung
Kinderspielplatz. Hierbei handelte es sich eine Motion von Daniel Steiner –
Brütsch (EVP), die aus dem Jahr 2017 stammt und noch immer nicht umgesetzt ist.
Gemeinderat Pierre Masson (SP), zuständig für das Departement Energie,
Versorgung und Entsorgung beantragte erneute eine Fristverlängerung.
Beim Kugelfang handelt es
sich – wie der Name es schon vermuten lässt – um eine ehemalige Schiessanlage,
deren Erdreich von Altlasten befreit werden müsste und die sich in der Nähe
eines Kinderspielplatzes befindet, den man ebenfalls auffrischen müsste. Eine
Zeitlang sprach man davon, nur den Kinderspielplatz zu sanieren, bis die Motion
von Steiner – Brütsch die Gesamtsanierung des Gebiets ins Spiel brachte. Der
Motion wurde zugestimmt, doch die Umsetzung harzt. Wie Pierre Masson
ausführte, hat der Kanton Bern die Sanierung
zwar als dringend eingestuft und es gibt inzwischen auch ein Konzept, dennoch
braucht es noch einmal einen Aufschub bis 2020.
Daniel Steiners
Begeisterung ob dieser Neuigkeit hielt sich spürbar in Grenzen. Er bezeichnete
den langwierigen Prozess gar als „Drama“ und äusserte die Befürchtung, dass am
Ende die gesamte Sanierung ins Wasser fallen könnte. Trotz seiner Frustration
blieb ihm nichts anderes übrig, als die Fristverlängerung zähneknirschend zu
akzeptieren.
Ein Schicksal, das er mit
der SP/GL Fraktion teilte, die die Berichterstattung zum Postulat Umsetzung des
Masterplans Arbeitsintegration in Langenthal auch nicht gerade prickelnd fand.
Carole Howald (JLL) dagegen war zufrieden, denn der Gemeinderat hat das von ihr
angestossene Geschäft, Easy Vote in Langenthal, an die Hand genommen und umgesetzt.
Wenigstens eine ist glücklich.
Da man ja ohnehin gerade in
der Vergangenheit schwelgte, beschäftigte man sich auch noch mit einem Thema,
das Langenthal seit fünf Jahren immer wieder beschäftigt: Die Alte Mühle, ein
zauberhaftes Gebäude vom historischen Wert, in dem auch die Stadtratssitzung
abgehalten wird. Sonst passiert da aber nicht mehr viel, denn der
Restaurationsbetrieb musste eingestellt werden. Alle Versuche eine rentable
Nutzung für die Alte Mühle zu finden, sind gescheitert und trotz diverser
Theorien, Arbeitsgruppen und Zeitungsartikel sind wir mehr oder weniger gleich
weit wie vor fünf Jahren, als der damalige Wirt aufgeben musste.
Es ist nicht verwunderlich,
dass die Alte Mühle immer wieder auf der politischen Agenda auftaucht, ist sie
ja nun wahrlich nicht gerade ein Ruhmesblatt für Langenthal. Die FDP/JLL
Fraktion, wagt erneut einen Vorstoss mit der Motion: Gebiet der Alten Mühle rasch
beleben und rentabilisieren. Damit renne man offene Türen ein, versicherte
Stadtpräsident Reto Müller, der die Gelegenheit nutze, diese unendliche
Geschichte in allen Kapiteln noch einmal zu erzählen und aufzuzählen, was alles
konkret am Laufen sei. Im Namen des Gemeinderats empfahl er die Motion zur
Annahme.
Seiner Aufforderung folgte
die SP/GL – Fraktion, ebenso wie die SVP – Fraktion – wenn auch ohne grosse
Begeisterung, wie Stefan Grossenbacher erklärte, aber Begeisterung wird ja auch
beim Abstimmen nicht verlangt. Überraschungsei Beatrice Lüthi (FDP), dagegen
stellte sich gegen die Motion ihrer Fraktion zur Ablehnung, wobei ihr vor allem
das Silo ein Dorn im Auge ist. Das Silo ist ein äusserst hässliches Gebäude,
das ebenfalls zum Mühleareal gehört und das aus – mir unerfindlichen Gründen –
in manchen Langenthalern – und Langenthalerinnen Nostalgie auslöst. Beatrice
Lüthi erklärte, dass im Jahr 1981 eigentlich schon klar gewesen sei, dass
dieses Silo abgerissen werden würde. Davon spricht heute niemand mehr. Trotz
dieses Votums wurde die Motion mit grosser Mehrheit angenommen.
Das letzte Geschäft des
Abends drehte sich um Abfall. Es ging um eine Ergänzung oder Überarbeitung des
bestehenden Abfallkonzepts, insbesondere in Hinblick auf Plastik, der, wie wir
alle wissen, ein grosses Umweltproblem ist. Und wie immer, wenn man über Umwelt
diskutiert, dreht man sich im Kreis, weil der eine behauptet, die Entsorgung in
Deutschland sei super, weshalb es Sinn macht, den Abfall dort hinzufahren,
während der andere erklärt, dann könne man den „Güsel“ auch gleich bei uns zum
normalen Abfall schmeissen, weil das in Deutschland eh auch so gemacht wird und
der dritte wiederum findet, wenn man es den Menschen zu leicht mache, Plastik
zu entsorgen, würden sie noch viel weniger darauf achten, was sie kaufen. Man
streitet also ewig lange, was ökologischer ist und am Ende bleibt alles gleich
unökologisch, weil die ökologischen Lösungen nicht ökologisch genug sind.
Der Abfallchef von
Langenthal, Pierre Masson, erklärte, dass auch diese Motion offene Türen
einrenne (vielleicht sollte sich der Glaspalast keine neue IT, sondern neue
Türen leisten, wenn sich die offenbar so schlecht schliessen lasse) und das man
daran sei, ein Abfallkonzept zu erarbeiten, dass sich eben auch mit der Frage
nach, wohin mit den Kunststoff beschäftige. Trotz einer Diskussion, die mehr
oder weniger genauso ablief, wie oben beschrieben, nahm der Stadtrat die
Abfallmotion an.
Damit endete die Geschichte
vom Budget, dem Finanzplan, dem Spielplatz, dem Feuerwerk und dem Güselsack.
Und das noch vor zwölf Uhr! Das ich das noch erleben darf.
Was sonst noch passiert ist:
- Zwischendurch dachte ich ja echt, Roland
Loser (SP) stecke sich stinkfrech eine Zigarette im Stadtrat an…es stellte sich
aber heraus, dass er sich nur den Stift zwischen die Zähne gesteckt hatte. Wohl
bekomms.
- Die Sitzordnung im Stadtrat hat sich
verändert. Renate Niklaus (GLP) wurde zu den Grünen gesetzt, was für einige
Verwirrung sorgte. Vielleicht sollte man dazu übergehen, für die Stadträte –
und Stadträtinnen Sitzkissen mit Namenszug zu nähen.
- Interessanterweise ist es so, dass eine einfache Anfrage vom Gemeinderat schriftlich, aber nicht mündlich beantwortet wird und auch der Antragssteller sich im Stadtrat nicht dazu äussern darf. So geschehen mit der Anfrage von Pascal Dietrich, betreffend Resolution Gemeindevielfalt. Es wurde zwar traktandiert, aber kein Wort darüber verloren. Worum es ging? Keine Ahnung. Aber schön, dass wir darüber geredet haben, dass wir nicht darüber reden werden.
Best of:
„Für die EVP/GLP Fraktion
spricht Mike Siegrist…äh Jürg Schenk…aber die Fraktion war richtig oder?“ Der
sonst so tadellose Patrick Freudiger (SVP) bringt die Namen durcheinander, freut
sich aber, dass er zumindest die Parteizugehörigkeit richtig genannt hat.
„Wir essen hier den Kuchen,
der eigentlich für die nächste Generation reichen sollte.“ Paul Antoinette (SP).
Nun, dann sollen sie halt Brot essen, zut alors!
„Es war wunderschön, aber es
wäre auch mit 4‘000 Franken weniger noch schön.“ Janosch Fankhauser (SVP)
erkennt, das Schönheit nicht nur mit Geld zu tun hat.
„Darum bitte ich euch, wer
dafür ist, hebe die Hand!“ Wieder Janosch Fankhauser, der bei seinem
Feuerwerkvotum so in Schwung ist, dass er die Abstimmung gleich selbst initieren
will. Möglicherweise hat er beim Wort „Bundesfeier“ auch einfach Lust verspürt,
den Rütlischwur nachzuspielen.
„Ich möchte hier festhalten,
dass die Durchführung von Abstimmungen nicht der SVP – Fraktion obliegt!“ Patrick
Freudiger, verteidigt seine Kompetenzen vehement, auch gegen Angreifer aus
eigenen Reihen.
„Ich bin zwar nicht so gut,
wie Rechtsanwalt Dr. Arn, aber möglicherweise kann auch ich helfen.“ Der leicht
pikierte Patrick Freudiger auf Bernhard Martis (SP) Bitte an besagten Dr. Arn,
eine rechtliche Unsicherheit zu klären. Der Prophet gilt eben nichts im eigenen
Land…
„Mein Sohn wird
wahrscheinlich nichts mehr von neuen Spielplatz haben…höchstens wenn er selbst
Vater ist!“ Daniel Steiner – Brütsch (EVP), in Bezug auf die erneute
Verzögerung der Spielplatzsanierung. Immerhin Vater, nicht Grossvater, das lässt doch
hoffen.
„Ich hoffe, dass Drama wird
keine Tragödie, sondern eine Komödie mit Happy End.“ Wieder Steine – Brütsch.
Nun, ein weiser Mann hat einmal gesagt: die Welt ist eine Komödie für
diejenigen, die denken und eine Tragödie für diejenigen, die fühlen. Gilt
vielleicht auch für die Politik.
„Maximus…äh Maximum.“
Josephine Lüdi (parteilos, SP/GL Fraktion) verirrt sich kurz ins alte Rom.
„Wir sind überzeugt, dass es
mit Herr Bircher, kein Müsli geben wird.“ Scherzkeks Patrick Freudiger.
„Also, was wir hier alles
beleben wollen…Marktgasse, Wuhrplatz…uns gehen doch langsam die Leute dafür aus!“
Aber, aber, Stefan Grossenbacher (SVP), zur Not finden wir sicher noch ein paar
Schafherden irgendwo. Oder Lamas
„Je mehr so ein Gebäude verfällt – und wenn es
dazu zwischendurch noch ein wenig brennt – desto mehr scheint sich der
Denkmalschutz dafür zu interessieren.“ Béatrice Lüthi (FDP) erklärt, wie ein
Gebäude historisch wird.
„In Studien kann man alles
finden, was man hören will.“ Pierre Masson (SP) mit einer Variation des
berühmten Ausspruchs, dass man nie einer Statistik trauen soll, die man nicht
selber gefälscht hat.