Montag, 24. August 2020

Wohnen in Langenthal: Initiative gestartet

 

Das Thema Boden liegt Paul Bayard am Herzen. Nicht in dem Sinne, dass der sozialdemokratische Stadtrat vorhätte, sich einer zweiten Karriere als Gärtner zu widmen, sondern weil er mit wachsender Sorge den immer knapper werdenden Wohnraum in Langenthal beobachtet. Natürlich sei es in Langenthal noch nicht so stark ausgeprägt wie in den Hotspots Zürich und Bern, erklärt Bayard, dennoch werde es auch in Langenthal langsam schwieriger, Wohnungen zu erschwinglichen Preisen zu finden. Zumal diese zunehmend von privatrechtlich organisierten Baugesellschaften aufgekauft und zu hohen Preisen weiter vermietet werden.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken will Paul Bayard die Stadt stärker in die Verantwortung nehmen. Seine Motion im Stadtrat, die verlangte, dass Langenthal Boden in Zukunft nur noch im Baurecht abgibt, statt ihn zu verkaufen, wurde abgeschmettert. Besonders den Bürgerlichen war das ein zu starker Eingriff in den Markt. Bayard bedauert dies, denn für ihn hat diese Art der Bodenfreigabe erhebliche Vorteile. Damit könnte die Stadt regelmässige Einnahmen generieren und der vorübergehende Eigentümer müsse nicht auf einen Schlag einen hohen Betrag aufwerfen, um den Boden zu erwerben. Zudem steht Paul Bayard auf dem Standpunkt, dass Boden nicht vererbt werden soll, da das meist zu einer weiteren Zerstückelung der Parzellen führen.

(Zur Erklärungen: Boden im Baurecht abgeben bedeutet, dass die Stadt z. B einer Unternehmung den Boden zur Verfügung stellt um zu bauen. Dafür verlangt sie eine Art Miete, die regelmässig entrichtet wird. Nach Ablauf einer gewissen Frist läuft das Baurecht ab und der Boden fällt zurück an die Stadt.).

Nachdem seine Motion abgelehnt wurde, grübelte Paul Bayard weiter darüber nach, wie er sein Ziel, günstigen Wohnraum in Langenthal zu erhalten bzw. zu schaffen erreichen könnte. Ein Blick in die Stadtverfassung verriet ihm, dass der Bereich Wohnen dort nur sehr unscharf umrissen wird. Aktuell steht darin lediglich, dass die Stadt attraktive Voraussetzungen zum Wohnen und Arbeiten bieten muss. Paul Bayard möchte diesen Abschnitt nun ergänzen und die Aufgaben der Stadt klarer definieren. In der Verfassung würde dann festgehalten, dass die Stadt Massnahmen treffen muss, um einen angemessenen Anteil an qualitativ hochwertigen Mietwohnungen zu erreichen.

Eine mögliche solche Massnahme ist die städtische Unterstützung von gemeinnützigen Wohnbauträgern. Solche Wohnbaugenossenschaften stellen Wohnungen zu günstigeren Konditionen zur Verfügung. Beliebt sind sie vor allem in grösseren Städten, aber auch in Langenthal gibt es sie. Für Paul Bayard liegt bei diesen auch der Schlüssel zur Lösung. „Das Ziel ist nicht, Sozialwohnungen zu schaffen oder Mietzinsreduktionen zu erreichen“, betont er.

Um die Verfassung zu ändern, braucht es eine Volksabstimmung. Deshalb hat Paul Bayard gemeinsam mit der SP, der JUSO und dem Gewerkschaftsbund Oberaargau eine Initiative gestartet. Bringt das Komitee die erforderlichen 900 Unterschriften bis im Februar zusammen, kann das Langenthaler Stimmvolk darüber entscheiden, ob sie die Verfassung um diese Punkte erweitern will.

Der Zeitpunkt für die Initiative ist gut gewählt, denn sowohl bei den Diskussionen rund um die Transformation des Porziareals als auch beim geplanten Umbau des Bahnhofs stellt sich für viele Leute aus der Bevölkerung die Frage, ob die dadurch entstehenden Wohnungen erschwinglich sein werden oder eher im Hochpreissegment anzusiedeln sind. Generell führt die erhöhte Bautätigkeit zunehmend zu Unsicherheiten oder im Fall der Porzi, sogar zu Misstrauen. Das hat die Langenthaler*innen für das Thema Wohnboden sensibilisiert. Für die SP ist es zudem günstig, dass sie mit einer Unterschriftensammlung in den Lokalwahlkampf einsteigen können. Damit zeigen sie sich als aktive Partei, die demokratische Mittel nutzt, um in der Stadt ihre Spuren zu hinterlassen.

Generell stehen die Chancen für die Initiative nicht schlecht, nicht nur, weil Gemeinderatskandidat Paul Bayard hervorragend vernetzt ist, sondern auch weil sie davon absieht, allzu starre Forderungen zu stellen. Vielmehr würde sie dafür sorgen, dass die Stadt Werkzeuge in der Hand hat, um günstigen Wohnraum zu fördern. Für den erfahrenen Stadtrat Paul Bayard ist die Initiative eine Herzensangelegenheit. „Boden lässt sich nun einmal nicht vermehren.“ Umso wichtiger sei es, die Regeln jetzt festzulegen, bevor die Situation akut wäre. Denn, so Paul Bayard: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis.“ 

 

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