Teil 1: Verrücktes
Vorwort
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Hallo und herzlich
willkommen zum besten – weil einzigen – Liveticker zur Stadtratssitzung vom 12.
5. 2025 und ich hätte an der Stelle gerne Applaus für mich, weil ich mich durch
den strömenden Regen gekämpft habe, um hier teilzunehmen. Alles für euch, meine
allerliebsten Lamafans, ich lasse mich von so ein bisschen Regen nicht
abhalten, selbst wenn er mir in die Socken läuft und den Rücken hinunterrinnt,
selbst Wind und Sturm könnten mich nicht davon abhalten diese wichtige Aufgabe
zu erfüllen, selbst wenn ich wie Anakin Skywalker alle meine Gliedmassen im
Feuer verlieren würde, würd ich mit letzter Kraft in die Alte Mühle robben, um
kein einziges der ehrwürdigen Worte zu verpassen, die der Stadtrat spricht.
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Heute ist eine
Premiere, und zwar die Stadtratspremiere des neuen Stadtschreibers Marc
Häusler, denn der «alte» Stadtschreiber Daniel Steiner ist nun offiziell im
verdienten Ruhestand und lässt es sich hoffentlich mit einer riesigen Kokosnuss
unter wedelnden Palmen gut gehen. Habe ich euch eigentlich erzählt, dass die
Frau von Daniel Steiner mir erzählt hat, dass sie meine Stadtratsprotokolle
immer gelesen hat und dank mir immer wusste, wie lange es noch etwa dauert und
in welcher Laune er heimkommt? Ist das nicht toll, was ich für einen Mehrwert
generiere, jetzt unterstütze ich auch noch Paare in ihrer Beziehungsarbeit. Man
reiche mir den Pokal!
Teil 2: Feurige
Feuerwehr (okay, der ist schlecht, aber ich konnte nicht widerstehen)
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Ich dachte, wir
hätten diese Phase überwunden, aber wir sind wieder bei den Reglementen
angekommen – hurra. Und mit den Reglementen kommt auch die obligatorische
zweite Lesung. Was habe ich es vermisst! Mindestens so fest wie Sonnenbrand
oder Reizhusten oder Ausschlag am Hintern. Ungewöhnlich ist allerdings, dass der
Gemeinderat gleich am Anfang die Entscheidung treffen will, ob eine zweite
Lesung stattfindet oder nicht. Das sei aber in der Kompetenz des Stadtrats, mahnt
die GPK in Gestalt von Michael Schenk (SVP) und es kann ja wohl nicht angehen,
dass diese Entscheidung einfach von der Exekutive vorweggenommen wird.
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Die Revision wird
präsentiert von Mr. Martin Lerch (SVP) dem neuen Vorsteher der Öffentlichen
Sicherheit. Er steigt gewohnt positiv ein, indem er daran erinnert, dass es
jederzeit bei uns allen brennen kann (SAG DOCH SO WAS NICHT, DAS TRIGGERT MICH
IMMER! Bin kurz in Panik geraten und habe mir überlegt, ob ich den Herd
WIRKLICH ausgemacht habe, aber dann habe ich mich daran erinnert, dass ich nie
koche und den Herd das letzte Mal vor drei Monaten angemacht habe, also alles
gut). Er lobt unsere hervorragende Feuerwehr, die auf einen Milizsystem basiert
und die daher ein neues transparentes und revidiertes Reglement verdiene.
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Ich habe letzthin
erst begriffen, dass ich theoretisch auch in der Feuerwehr mitmachen könnte und
kurz hat mich der Gedanke erfreut, dass ich so eine schicke Jacke tragen könnte
(und keine Abgabe leisten müsste), aber dann ist mir in den Sinn gekommen, dass
ich nicht mal Zündhölzer selber anzünden will und es als Ministrantin mal fast
geschafft habe meinen Rock am Adventskranz in Brand zu setzen und dann habe ich
den Gedanken ganz schnell wieder abgeschrieben. Besagte Ersatzabgabe soll
übrigens erhöht werden, weil die eigentlich immer etwas zu tief war. Zudem wird
die Ersatzabgabe nicht mehr mit einem festen Betrag ins Reglement geschrieben, sondern
flexibler gestaltet.
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Die linke Seite zeigt
sich dankbar für die Weitsicht des Gemeinderats die Finanzierung jetzt anzugehen,
bevor man in einer Unterdeckung geht und lobt einzelne Punkte des Reglements ausdrücklich,
wie etwa die Schaffung einer Jugendfeuerwehr (ab dem 14. Lebensjahr dürfen
Jugendliche neu freiwillig in der Feuerwehr mitwirken und ab dem Erreichen des Mindestalters auch bei ernsteren
Einsätzen eingesetzt werden) während die GLP und die FDP einige Anträge ankündigen,
um noch mehr Klarheit zu schaffen, wie sie es ausdrücken. Es geht dabei
hauptsächlich um den Feinschliff von Formulierungen und hey bis jetzt hat noch
niemand ein Komma korrigiert, aber dafür werden einzelne Wörter in ihrer
Bedeutung so genau seziert, dass der Duden vor Neid erblassen würde.
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Ich habe komplett
vergessen – oder verdrängt – wie scheisse langweilig die Revision eines
Reglements ist. Nicht mehr lange und ich fülle noch meine Steuererklärung aus, um
mich zu unterhalten har, har, har. Aber hey, wir sind ja schon bei Traktandum 3
von 14, also alles gut. Martin Lerch (SVP) zeigt sich jedenfalls begeistert
über Stadträt:innen, weil die so toll mitgearbeitet haben (naja hoffentlich
arbeiten die mit für das sind die da, trotzdem natürlich süss bedankt er sich
und ist er offen für Verbesserungen). Aber
weil die Stadträt:innen sich so fleissig reingenkniet haben, gibt es keine
zweite Lesung – yeah. Make Love, not 2. Lesung! Und das Reglement wird
verabschiedet, hallelujah!
Teil 3: Bildende
Bauten
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Was wäre eine
Stadtratssitzung ohne irgendein Geschäft, das sich mit der Infrastruktur eines
unserer Schulhäuser auseinandersetzt? Dieses Mal geht es um das Schulhaus Elzmatt,
das eine neue Heizung braucht. Und zwar eine Pelletheizung, weil das die
sinnvollste Lösung ist. Das wusste ich
gleich, ich musste nicht erst googeln was eine Pelletheizung ist, nein,
Heizungen sind meine Spezialität (okay, nein, ich habe ausnahmsweise mal wieder
die Stadtratsunterlagen gelesen) Natürlich will niemand, dass die armen
Kinderlein frieren (ausser mir vielleicht, weil ich ein bösartiges Wesen bin)
und so wird das Geschäft widerspruchslos durchgewunken. So lobe ich mir meinen
Stadtrat.
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Sanieren müssen wir
auch die Berufsfachschule, die schon mal im besseren Zustand war. Der Kanton
hat freundlicherweise die Gelder dafürgesprochen (lieben wir) und einen
Wettbewerb veranstaltet, wo man Projekte einreichen konnte und der glückliche
Gewinnerentwurf wird jetzt umgesetzt. Dafür mussten aber einige Anpassungen in
der Überbauungsordnung vorgenommen werden, die nun vom Stadtrat in seiner
Funktion als unser oberstes und edelstes Gremium abgesegnet werden muss.
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Die Fraktionen zeigen
sich angetan, dass der Kanton Bern den Bildungsstandort Oberaargau stärkt. Und
naja, wenn der Kanton zahlt – wie heisst es so schön: Einem geschenkten Gaul
schaut man nicht ins Maul. Auch diesem Geschäft wird einstimmig zugestimmt.
Harmonie und Liebe für alle.
Teil 4: Mahlende Mühlen
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Heute ist eigentlich
fast mehr Retro (nicht zu verwechseln mit Reto) Edition als Regenedition, weil wir
haben mal wieder die «Alte Mühle» auf dem Zettel. Der umstrittenste Teil dieses
Geschäfts dürfte die Forderung sein, dass man die Gratisnutzung der Vereine
aufhebt (bis jetzt ist es ja so, dass Vereine von Langenthal diese schönen
Räumlichkeit gratis nutzen können) und der Bevölkerung anderen Raum zur
Verfügung stellt. Dies, so argumentiert die Mutter der Motion, die FDP, weil
das eine grosse Einschränkung darstellt und eine Lösung für die komplexe
Mühlesituation erschwert. Man müsse zudem diskutieren, so Rosario Volante, ob
es Aufgabe der Stadt sei, Vereinen Gratisräume zur Verfügung zu stellen.
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Wenig begeistert von
diesem Vorstoss zeigt sich Saima Sägesser (SP), die darin einen Versuch der
Bürgerlichen wittert, das geplante Familienzentrum zu torpedieren. «Ich kann
solche böswilligen Unterstellungen nicht stehen lassen», widerspricht ihr da
vehement Pascal Dietrich (parteilos/FDP Fraktion), «rein von der Zeitachse geht
das gar nicht auf, das Familienzentrum wäre befristet bis ins Jahr 2030 geplant.»
Entscheiden wird in diesem Punkt, ob die Gratisnutzung weiter besteht oder nicht,
sowieso das Stimmvolk – also freut euch. Wenn die Gratisnutzung fällt, dann wird
sich tatsächlich ein gewisser Handlungsspielraum entfalten, weil, die Alte
Mühle verlöre dann den öffentlichen Zweck und könnte umgewidmet werden bzw.
sogar verkauft werden (habe ich das nicht schön gesagt? Klingt richtig klug,
oder? Okay, eventuell habe ich einfach aufgeschrieben, was Stapi Reto Müller
(SP) erklärt hat, aber das habe ich dafür richtig gut gemacht).
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Die FDP/JLL Fraktion
möchte den Gemeinderat damit beauftragen, eine Vorlage für die zukünftige
Nutzung der «Alten Mühle» zu erarbeiten (wir hatten ja noch fast gar keine
Konzepte für die Alte Mühle in der Vergangenheit, haha), damit auch für die
Zeit nach dem Familienzentrum etwas aufgegleist wird (also, falls das
Pilotprojekt nicht weitergeführt wird). Das wird so weit gutgeheissen.
Teil 5: Kriselnde
Kultur
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Kultur gab in den
letzten Jahren immer wieder zu reden und zumindest von der bürgerlichen Seite
kamen immer wieder Signale, dass sie gerne da mehr eingreifen würden. Von daher
ist die Motion der FDP/JLL Fraktion nicht so überraschend, die nämlich fordert,
dass die sogenannten Leistungsverträge, die mit den Kulturinstitutionen, aber
auch mit der Stadt, der Region und dem Kanton abgeschlossen werden, im Stadtrat
besprochen werden sollen, weil bis jetzt kann er die faktisch nur absegnen.
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Wenig überraschend
ist auch, dass die SP/GL Fraktion so gar nicht begeistert von dieser Motion
ist. Saima Sägesser (SP) verortet gefährliche Tendenzen, etwa, dass
Kulturförderung dann plötzlich von der politischen Meinung der
Entscheidungsträger:innen abhängt, sie sieht es aber auch grundsätzlich
kritisch, dass der Stadtrat noch mehr an sich reissen will. «Wie stellt ihr
euch das denn vor? Sollen dann alle Kulturschaffenden, die sich Förderung
wünschen, im Stadtrat antanzen?», fragt sie rhetorisch in den Saal.
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Ein bisschen weniger
scharf, aber dennoch deutlich äussern sich Murielle Schärer (GLP) und Janosch
Fankhauser (SVP), die den Kommissionen ebenfalls nicht reinreden wollen und
sich zufrieden mit den bisherigen Abläufen zeigen. Schärer weist zudem auf das
Kulturförderungskonzept hin, dass noch in der Arbeit ist.
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Pascal Dietrich
(parteilos/FDP/JLL Fraktion) zeigt sich sichtlich angesäuert über den
«Frontalangriff» von Saima Sägesser (SP) (seine Formulierung, nicht meine) und
vertritt den Standpunkt, dass es ja urdemokratisch sei, die Diskussion auf
diese Weise zu öffnen. Nathalie Scheibli (SP) versucht zu schlichten, indem sie
Gesprächsbereitschaft signalisiert, will aber der Motion nicht zustimmen, weil
es diese dafür nicht braucht. Genau, geht mal ein Bier trinken! Oder geht mal
zusammen ins Stadttheater oder ins Kino oder an die Fasnacht oder an ein
Konzert oder in die Buchhandlung (Buchzeichen ist btw für Buchhandlung des
Jahres nominiert).
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Also, irgendwie geht
es gar nicht mehr so sehr um den Vorstoss, sondern eher um die Diskussionen,
was jetzt Demokratie ist und welche Rolle der Stadtrat übernimmt. Saima
Sägesser (SP) führt noch einmal aus, dass sie es nicht in Ordnung findet, wenn
der Stadtrat weiterhin seine Macht mehrt («Am Schluss müssen wir hier noch
jedes Baugesuch und jedes Einbürgerungsverfahren diskutieren!»). Georg Cap
(Grüne) rundet die Diskussion schliesslich ab, indem er das verbindende Element
von Kultur betont und dass sie eben frei von Politik sei und so neue
Begegnungen schaffe. Die Motion wird jedenfalls versenkt. Wie die Titanic, am
Eisberg von Mitte – Links zerschellt (und ein paar SVP – Pinguine waren auch
dabei).
Teil 6: Freudiger
Frischling
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Und dann kommen wir
schon zum letzten Traktandum: Der Neue stellt sich vor, Marc Häusler ist seit
12 Tagen Stadtschreiber. Er versuche mit all seinem Wissen die Lücke, die durch
den Abgang von Daniel Steiner entstanden sei, füllen und könne dabei auf
hervorragende Mitarbeitende zählen. Trotzdem bitte er um Verständnis falls
anfangs nicht alles so funktioniere wie gewohnt. Marc Häusler zählt nicht nur
Meilensteine seines Lebens auf, sondern macht auch deutlich, dass er einigen
Stadtratsmitglieder auf seinem Weg bereits begegnet ist (naja, Oberaargau. Man
läuft sich immer wieder über den Weg, wir sind quasi eine grosse dysfunktionale
Familie). Auf jeden Fall, herzlich willkommen Herr Häusler und viel Spass, ich
hoffe die Motivation ist nach dieser Sitzung nicht gleich wieder in den Keller
gesunken (wobei es war nicht so schlimm. Wir können noch schlimmer, muhahaha).
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Tja und damit beende
ich diesen Liveticker, denn ich bin wahnsinnig müde und muss jetzt ins Bettchen
(also ignoriert bitte Kommafehler und zusätzliche Leerschläge, ich korrigier
die dann morgen. Vielleicht, wenn ich Bock habe, ich bin ein vielbeschäftigtes
Lama. Wir sehen uns!
Best of
«Hätte die SP noch eine zweite Kandidatur?» So scharf sind sie in der SP dann
doch nicht auf die Finanzkommission, Herr Stadtratspräsident Fabian Fankhauser
(GLP).
«Zurecht hat die Feuerwehr den
Ruf auch geselligen Anlässen nicht abgeneigt zu sein…» Weiss gar nicht, wie
Diego Clavadetscher (FDP) darauf kommt.
«Linus Grossacher…äh Rothacher…» Kurz
mal Grossenbacher und Rothacher fusioniert und tada: Neues Pokémon. Wieder
Fabian Fankhauser
«Das Familienzentrum kann den
Finger der Alten Mühle nicht verbinden…» Na, wenn es nur der Finger ist, geht’s
ja noch oder, Corinna Grossenbacher (SVP?)
«Für einisch mal nid einstimmig…»
Soll es auch bei der SVP geben. Janosch Fankhauser (SVP)
«Wir nehmen zur Kenntnis, dass
das, was wir wollen, ganz daneben ist.» Pascal Dietrich (parteilos, FDP/JLL
Fraktion) fasst die Debatte für sich noch mal zusammen.
«Dann ist das kein Milizparlament
nicht mehr, dann wohnen wir hier drin!» Schöner Wohnen mit Saima Sägesser (SP).
«Inhaltlich sind die Antworten sehr
politisch und diplomatisch formuliert – also sehr nichtssagend.» Also bitte,
Mike Sigrist, in der Politik sagt man doch immer alles ganz genauso wies so
ungefähr in etwa gemeint oder gedacht oder gefühlt ist….