Hauptversammlung. Die
Königsdisziplin unter den Parteiversammlungen. Der Showdown. Das Grande Finale.
Voller Tränen, voller Leidenschaft, voller brodelnder Gefühle. An
Hauptversammlungen zerplatzen Träume, werden aber auch neue geboren. An
Hauptversammlungen liegt man sich in den Armen und im nächsten Moment möchte
man sich erwürgen. Du willst Nervenkitzel? Dann vergiss Bungeejumping,
waghalsige Klettertouren oder River Drafting: Geh einfach an eine
Hauptversammlung von einer Partei und ihr werdet euren Puls schneller hochjagen
als ein Rennpferd galoppieren kann…
Nein, das war natürlich ein
Scherz. Hauptversammlungen sind grundsätzlich eine unaufgeregte Angelegenheit.
Zumindest bei der SP, bei anderen Parteien werde ich ja nicht eingeladen (also
ihr lieben restlichen Parteien wenn ihr mal ein Lama dabei haben wollt: Meldet
euch! Ich erzähl eure Parteigeheimnisse auch nicht weiter. Ich verblogge sie
nur). An der Hauptversammlung wird der Vorstand gewählt, das Budget bestätigt
und die Jahresberichte des Präsidiums genehmigt. Seit ich dabei bin, hat das
nie zu Diskussionen geführt. Liegt wohlmöglich einfach daran, dass man das ganze
Zeug wohlmöglich selber machen müsste, wenn man rummotzt…nein, natürlich liegt
es daran, dass der Vorstand (gibt es eigentlich eine weibliche Form von
Vorstand? Nein, Vorstand beinhaltet auch die weiblichen Mitglieder oder? Weil
Vorständerin macht ja keinen Sinn…) seine (ihre?) Arbeit so gut macht, dass es
nie was zu beanstanden gibt.
Entsprechend entspannt
machte ich mich also auf zum….Hotel Bären. Für die SP ein ungewöhnlicher
Treffpunkt, denn das altehrwürdige Gemäuer dessen Inneneinrichtung mich immer frappant
an das Schloss Schönbrunn in den Sissi – Filmen erinnert, ist, wie mir einige
ältere Mitglieder so gleich anvertrauten, eine FDP – Hochburg. Allerdings
gehört es tatsächlich zum Konzept der SP Langenthal, das sie für ihre
Parteiversammlungen regelmässig das Lokal wechselt. Seit ich Mitglied bin, hat
sich meine Ortskenntnis was die lokalen Restaurants betrifft, erheblich
verbessert. Ihr seht also, eine Mitgliedschaft lohnt sich (Schleichwerbung!).
Franz – Joseph und Sissi….äh
ich meine das Co – Präsidium der SP Langenthal bestehend aus Roland und Saima
Sägesser, eröffneten die Hauptversammlung. Roland, der tatsächlich das letzte
Mal als ich ihn sah noch ein Löwenkostüm trug, gab gleich zu, dass die Fasnacht
– die in Langenthal erst am Dienstag zu Ende ging – ihm noch ein bisschen in
den Knochen steckt. Ausserdem hat ihm die tagelange Tätigkeit als Tambourmajor
der Flötemadli wohl zu einem kleinen Diktator gemacht, auf jeden Fall
verkündete er stolz, er sei es sich nun gewöhnt, dass alle nach seiner Pfeife
tanzen. Nun ja. Männer brauchen halt ihre Allmachtsphantasien.
Der weibliche Teil des Co –
Präsidiums führte gewohnt schwungvoll durch den Jahresrückblick. Beim Anblick
der Bilder schämte ich mich ein bisschen. Tatsächlich war ich letztes Jahr
gerade mal an einer einzigen Parteiversammlung. Dafür habe ich an ein paar
Aktionen teilgenommen, was meine Karmapunkte wieder auffüllt. Vor allem da es
immer mieses Wetter war. Ich weiss nicht, was ich falsch mache, aber immer wenn
ich an einer Standaktion mitmache regnet es oder es ist bitterkalt. Meistens
ist es dann auch noch eine Kombi von beidem. Und ich kann euch eines verraten:
Es macht keinen Spass Wahlzettel zu verteilen, wenn einem die Nase läuft und
die Füsse abfrieren.
Grundsätzlich kann die SP
Langenthal auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Bei den Grossratswahlen
hat die SP Oberaargau abgeräumt. Zwar nicht genug um die Verhältnisse zu
drehen, aber sie hat ihre drei Sitze verteidigt und auch ansonsten zugelegt,
womit sie den Trend bei den Gemeindewahlen bestätigt hat. Um den Nachwuchs
braucht sie sich vorerst auch keine Sorge zu machen, wie die Bilder beweisen,
helfen auch die SP – Kinder bei den Aktionen mit Feuereifer mit (zumindest
jetzt noch. Wartet nur bis sie angeschissene Teenager sind, mit Kopfhörer
rumlaufen und verlernen in ganzen Sätzen zu sprechen. Fertig Jöh!)
Auf ein intensives Jahr kann
auch die SP/GL Stadtratsfraktion zurückblicken. Oberflötenmadli Loser fasste
für die anwesenden das turbulente Geschehen im Stadtrat zusammen (für den
genaueren Bericht empfehle ich euch meine Stadtratsprotokolle) und liess es
sich nicht nehmen, auch noch Stellung zu nehmen zu den immer wieder
auftauchenden Bemerkungen, dass die SP/GL Fraktion ungewöhnlich viele Wechsel
verzeichnet. Im letzten Jahr waren es drei. Das klingt nach viel, ist aber
gemessen an der Grösse der Fraktion und im Vergleich zu den anderen Parteien,
die ebenfalls Abgänge im Stadträte verzeichneten, ist es noch im Normalbereich.
Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass die SP tatsächlich schon Jahre hatte,
in denen sehr viele Stadträte und Stadträtinnen ausgewechselt wurden. So
geschehen in der Legislatur 2008 – 2012 als gleich sechs Mitglieder der
Fraktion ausschieden und die SP vor ernsthafte Probleme stellte: Weil man zwei
Jahre zuvor nur mit einer 20er Liste, statt einer 40er Liste angetreten war,
gingen den Sozialdemokraten sogar beinahe die Ersatzkandidaten aus.
Ebenfalls Stellung nahm
Loser zu den herumschwirrenden Gerüchten, dass das Verhältnis vom Stadtrat zum
Gemeinderat auch schon entspannter gewesen sei. Sehr viele Geschäfte wurden im
Stadtrat gebremst bzw. in eine zweite Lesung geschickt und es scheint
tatsächlich so, als würde der Stadtrat sich mehr Macht wünschen. Ob das an den
vielen Rechtsgelehrten liegt, die mit ihrer Detailverliebtheit die juristisch
weniger sattelfesten Stadtratsmitglieder an den Rand des Wahnsinns treiben oder
an der wild grassierenden „Kommissionitis“ („Wir haben keine Lösung für das
Problem, aber lass uns doch erst einmal eine Kommission gründen, bevor wir
weiterreden.“), wer weiss das schon. Langweilig wird es im Stadtrat auf jeden
Fall nie. Im nächsten Jahr stehen viele emotioal aufgeladenen Diskussionen an:
Porzi, SCL, Stadion. Gut für mich, dann geht mir der Stoff nicht so schnell
aus.
Und auch der Stapi hat so
auf jeden Fall immer genug zu tun. An der Hauptversammlung stellte Reto Müller
mal wieder sein Talent schneller reden zu können als ein Maschinengewehr unter
Beweis. Zu Begriffen wie „Alte Mühle“ oder „ESP Bahnhof“ gab er so blitzschnell
und pointiert Stellungnahmen ab, dass Roman Kilchsperger vor Neid erblasst
wäre. Wenn das mit dem Stapi nichts mehr für ihn ist, könnte er es glatt als
Moderator beim „Donnschtig – Jass“ versuchen.
Besonders bemerkenswert war
der sichtliche Stolz auf das Projekt „Mediterrane Nächte“, das für Langenthal
untypisch schnell umgesetzt wurde. Wenn’s ums Trinken geht, können sich
Gemeinde – und Stadtrat offenbar tatsächlich zusammenraufen. Ebenso zufrieden
zeigte sich Reto Müller auch mit der „möblierten“ Stadt. Überall in Langenthal
wurden Stühle und Tische verteilt, wo man sich gemütlich und ohne Geld ausgeben
zu müssen niederlassen konnte. 5 Stühle wurden geklaut (Aber ich wette, nicht aus
Böswilligkeit. Vermutlich sind letzten Sommer irgendwo irgendwann fünf
verschiedene Leute arg verkatert aufgewacht und haben sich gefragt: Was zum
Teufel macht dieser hässlich rosafarbene Stuhl in meinem Wohnzimmer?)
Sowohl der Jahresbericht des
Präsidiums als auch des Fraktionschefs wurden kommentarlos genehmigt, genau wie
das Budget. Ach ja und der Vorstand wurde in dieser Form bestätigt. Das
bedeutet Roland Loser und Saima Sägesser bilden weiterhin das Co – Präsidium,
Benjamin Fessler (jep, das ist mein Bruder) darf weiterhin Protokolle
schreiben, Soraya Taibo kümmert sich um die Finanzen, Michèle Nufer um die
Medien, Sascha Burkhard betreut die politischen Aktionen und Claudia Horisberger
ist für die Mitgliederwerbung zuständig. Never change a winning Team.
Nach reichhaltigem Apéro
(inklusive der obligatorischen roten Suppe) ging es dann auch schon weiter und
man warf einen Blick in die Kristallkugel. Was erwartet uns im nächsten Jahr?
Neben den Nationalratswahlen (Telefonaktion! Ich kann‘ s kaum erwarten. Aber
zumindest wird man dabei nicht nass) steht ein weiteres Grossereignis an: Die
SP Langenthal wird 100! Oder 95! Oder 115! So genau kann man das nämlich gar
nicht sagen. Irgendwie existieren da keine exakten Aufzeichnungen, wann sich
die Genossen in Langenthal nun genau zusammengeschlossen haben. Da sieht man
mal wie wichtig exkat geführte Protokolle sind! In 200 Jahren werden mir die
Nachkommen der SP Langenthal dankbar sein, dass ich so gewissenhaft gebloggt
habe!
Egal ob jetzt 100 oder 200,
auf jeden Fall ist die Sektion im goldenen Alter und das muss gefeiert werden!
Mit einer Party! Ich persönlich wäre ja für ein Helene Fischer Konzert! Oder
nein, noch besser, wir machen ein Musical! Ich kann es mir schon vorstellen:
Singende SP – Stadträte im Wettstreit mit singenden FDP – Stadträten! Vergesst „Westside
– Story“ wir machen eine „Longvalleystory!“ Oder wenn das mit dem Singen nicht
klappt, können wir es auch mit einem Ballett versuchen. Das würde sich schon
deshalb lohnen, weil ich zu gerne ein paar unserer SP – Männer in Strumpfhosen
sehen würde…ach, ich habe so gute Ideen!
Wenn ich in der Politik in
den letzten Jahren etwas gelernt habe dann das: Gewählt wird immer. Wir sind im
Jahre 2019 und schon werfen die Wahlen 2020 ihre Schatten. Und was braucht man
für Wahlen? Kandidierende! Und wer kandidiert normalerweise? Mitglieder! Auch
deshalb ist die Mitgliederwerbung von enormer Wichtigkeit, wie die Co –
Präsidentin betonte. Und schlug auch gleich ein Jahresziel vor: Jeder solle
doch eine neue Person an eine Parteiversammlung mitbringen (Zählen Kater auch?
Und Fantasiefreunde?)
Auf die Motivation der
Mitglieder kann die SP auf jeden Fall zählen. Paul Bayard zum Beispiel scheute
sich nicht, seine Socken auszuziehen und damit rum zu wedeln. Nicht weil er sie
lufttrocknen wollte, sondern weil es ganz besondere Socken waren: SP – Socken!
Tja. Die SP sorgt für warme Füsse in kalten Zeiten….oder einfach für ein
kräftiges Käsearoma im Wahlkampf.
(An dieser Stelle möchte ich
mit einem alten Klischee aufräumen, mit dem Klischee des „Cüpli – Sozis“, dass
ich zugegebenermassen auch schon bedient habe. In den drei Jahren in denen ich
SP – Mitglied bin, habe ich noch nie erlebt, dass an einer HV oder PV Cüpli
getrunken wurden. Ich sehe immer nur Bier, Bier, Bier! Wo ist mein Cüpli, huere
Siech no mal?!)
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