Donnerstag, 4. April 2019

Von Deals und Traumbahnhöfen


Erstaunlicherweise hat sich doch noch ein ordentliches Grüppchen an treuen SP – Mitgliedern zur Parteiversammlung in der Braui zusammengefunden. Ich sage deshalb erstaunlicherweise, weil die einen oder anderen wahrscheinlich eine lange Nacht hinter sich hatten. Immerhin ist der SC Langenthal gestern zum dritten Mal Schweizer Meister geworden…in der Nati B (das mit der Nati B schlucken die meisten runter, weil es klingt einfach besser, wenn man sagt, ich komme aus der Stadt der Schweizer Meister, als wenn man sagt, ich komme aus der Stadt der Schweizer Meister B. Wobei ich das als Nichthockey – Fan eigentlich überhaupt nicht sage). Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass der SC Langenthal ja fast gewinnen musste, nachdem der Stadtrat dem Nachwuchs so viel Geld erlassen hatte…so wegen Stadtmarketing und so. Aber das Lama hat ja keine böse Zunge, sondern ist ganz lieb.

Der Co – Präsident der SP Langenthal, seines Zeichens bekennender YB – und SCL Fan sah schon wieder ganz munter aus, als er die Hauptversammlung eröffnete. Und er startete gleich mit DEM riesengrossen Projekt von Langenthal: ESP Bahnhof *Trommelwirbel*. Der Bahnhof Langenthal muss generalüberholt werden. In erster Linie muss er natürlich behindertengerecht werden. Da wir in Zukunft eher mehr Verkehr haben, als weniger, soll er grösser werden. Und schöner. Und einfach besser. Da es das nicht gratis gibt, wird die Stadt natürlich Geld dafür ausgeben müssen und eben dieser Kredit muss vom Volk bewilligt werden. Wobei in der Vorlage auch noch andere Sachen drinstecken. Das Vorprojekt muss in der geplanten Form genehmigt werden und die Kompetenzdelegation (schwieriges Wort, heisst eigentlich nur, dass man das Geschäft definitiv dem Gemeinderat überlässt. Man stimmt einmal darüber ab – im Mai – und dann nie wieder.)

Das ganze Projekt wurde von Roland Loser vorgestellt, inklusive vielversprechender Bilder, wie denn der Bahnhof in Zukunft aussehen soll (sah aus wie ein Prospekt für „Schöner Wohnen“. Lauter gutaussehende Menschen, die in strahlendem Sonnenschein gebadet, geschäftig über den Bahnhofplatz eilen…wie hat man die Bilder überhaupt gemacht? Existieren diese Menschen tatsächlich oder sind das Roboter, hergestellt in der Fabrik „Perfekte Langenthaler“?) Im Stadtrat war das Geschäft übrigens unbestritten. Es wurde einstimmig angenommen UND der Stadtrat räumte dem Gemeinderat sogar noch mehr Kompetenzen ein. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Auch in der SP gab es keine grosse Diskussion, höchstens noch einmal ein paar Präzisierungen und Anmerkungen (zum Beispiel dass die Busschauffeure am Bahnhof aktuell nicht einmal aufs Klo können). Unklar ist momentan auch noch, wie die Übergangsphase aussehen wird, also die Baustellenzeit. Schliesslich müssen die Langenthaler – und Langenthalerinnen trotzdem irgendwie noch auf den Zug kommen. Ausser wir kriegen alle ein eigenes Pony, dann können wir reiten. Die SP beschloss einstimmig die JA – Parole.

In letzter Zeit machte die SP Schlagzeilen mit einem prominenten Abgang. Peter Kurth beweist, dass es auch Mitglieder gibt, die es lange aushalten. 40 Jahre ist er schon in der SP. Und hat fast alles gemacht, was man in der SP  machen kann. Er war Präsident der Gewerkschaft Langenthal, Gemeinderat, Grossrat und aktuell ist er Präsident der SP 60 plus. Daneben ist er passionierter Schütze, Flieger, Segler und Mitglied in der SP. Er ist keiner, der die rote nur auslöffelt, sondern auch mitkochen will, um es mit den Worten von Dorette Balli auszudrücken.

Bedeutend trockener wurde es nach dem Apéro nicht wegen fehlender Getränke, sondern wegen dem Thema. Es ging um STAF! Das klingt wie eine englische überdrehte Popband, ist aber in Wirklichkeit eine etwas umstrittene Vorlage. Ausgeschrieben bedeutet es Steuerreform – und AHV Finanzierung.

In der Vergangenheit wurden zwei Vorlagen abgelehnt. Eine betraf die Unternehmenssteuerreform, bei der es in erster Linie darum ging, dass internationale Statusgesellschaft in der Schweiz bis jetzt keine Steuern abgeben mussten, für den Gewinn, den sie in Ausland erwirtschaftet haben. Das verschaffte der Schweiz natürlich einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Ländern. Deswegen sind wir international angezählt und auf einer grauen Liste. Wenn wir nicht auf einer schwarzen Liste landen wollen, müssen wir die Steuern anpassen. Weil man die Unternehmen nicht verlieren will, hat man diese Anpassung ursprünglich mit sehr vielen  Privilegien verbunden, Privilegien, die von linker Seite nicht getragen wurden. Also ergriffen die Linken das Referendum und gewannen, was natürlich positiv für uns war. Weniger positiv war, dass die AHV 2020 den Bach ab ging.

Jetzt ist der Ständerat auf die Idee gekommen, dass man die beiden abgelehnten Gerichte miteinander in einen Topf werfen könnte, um etwas Geniessbares daraus zu zaubern. Entstanden ist der Steuerreform – und AHV Deal, der von manchen Leuten als Kompromiss des Jahres gefeiert wird und von anderen als „Bschiss“ des Jahres. Erstmals muss man dazu sagen, dass die beiden Dinge ja jetzt nicht wirklich viel miteinander zu tun haben. Man hat sie einfach miteinander verknüpft, weil beide Geschäfte dringend durch das Volk müssen und im Idealfall alle Parteien ihre Basis mobilisieren können.

Und um die SP Langenthal zu mobilisieren ist  Hans Stöckli vorbeigekommen. Der Mann, der für mich immer ein wenig aussieht wie ein rasierter Weihnachtsmann, ist Ständerat vom Kanton Bern und daher bestens vertraut mit der Materie. Entsprechend aufgeräumt versuchte er die komplizierten Details zu erklären – auswendig und so laut, als würde er gerade in einem Fussballstadion stehen. Er versuchte vor allem klar zu machen, dass diese Unternehmenssteuerreform einige Verbesserungen gegenüber der verworfenen hat. Und vor allen: Dadurch können wir die AHV sanieren und können so – zumindest für eine Zeit lang – das höhere Rentenalter verhindern. 

Der Vortrag war relativ lang und für einen Laien nicht immer verständlich, aber ich denke damit habe ich das Wesentliche zusammengefasst. Wenn ich jedes Mal einen gehoben hätte, wenn das Wort Steuern gefallen wäre, wäre ich besoffen unter dem Tisch gelegen. Übrigens auch, wenn ich es beim Wort „SCL“ gemacht hätte. Auf jeden Fall war Stöckli überzeugend, denn die SP  Langenthal beschloss die Ja – Parols. Naja, der Hans, der kann’s.

Etwas schwieriger hatte es da Peter Kurth. Als Schütze informierte er über die Umsetzung der EU – Waffenrichtlinie. Da die Schweiz Mitglied im Verbund der Schengen – und der Dublin – Staaten ist, müsste die Schweiz auch das verschärfte neue Waffengesetz der EU übernehmen. Die Schützen wollen zwar Schengen nicht gefährden, sind aber nicht glücklich mit dem Waffengesetz. Denn das würde zur Folge haben, dass man halbautomatische Waffen zwar weiterhin besitzen darf, allerdings muss man die Waffe registrieren lassen und Mitglied eines Schützenvereins sein oder regelmässig damit üben. Die Schützenvereine sind der Ansicht, dass dadurch viele die Lust an dem Sport verlieren.

Naja ehrlich gesagt, kann ich das nicht nachvollziehen. Entweder man will ein Hobby ausüben und ist dafür bereit halt auch einen gewissen Aufwand in Kauf zu nehmen oder man will es eben nicht. Zudem würde man bei einem Nein, das Schengen Dublin Abkommen gefährden und das ist aus meiner Sicht schon ein hoher Preis, nur weil ein paar Schützenvereine Angst um ihren Mitgliederbestand haben. Die SP Langenthal liess sich auch von Peter Kurth nicht überzeugen und sagt Ja zum Neuen Waffengesetz.

Einstimmig war die Nein – Parole zum neuen Sozialhilfegesetz. Der Kanton Bern hat ja die grandiose Idee, die Sozialhilfe noch weiter zu kürzen als ohnehin schon. Und zwar so weit, dass sie unter die Ansätze der SKOS fallen würde. Das wäre schweizweit einmalig, würde aber vermutlich nicht einmalig bleiben. Dem Sozialhilfegesetz gegenüber steht ein Volksvorschlag. Ein Volksvorschlag, der zwar kurzfristig Mehraufwand verursachen wird, längerfristig allerdings weniger Kosten auslösen wird, weil die Menschen schneller integriert werden und folglich weniger lange Sozialhilfe beziehen müssen. Zudem bietet der Volksvorschlag einen erhöhten Schutz für über 55 – jährige. Die Meinung der SP ist klar: Ja, zum Volksvorschlag.

Die Parteiversammlung hatte also wenig Überraschendes zu bieten. Wirklich spannend finde ich ja, dass offenbar in Langenthal die Unterschriftensammlung für ein Referendum läuft. Ein Referendum, das den im Stadtrat gesprochenen Betrag für den SCL Nachwuchs wieder rückgängig machen will. Was ich gar nicht gewusst habe, weil es nie gross in den Medien war. Und weil ich kein Referendumskomittee finden kann. Wo seid ihr? Das wäre eine spannende Geschichte! Ein Referendum in Langenthal! Ist denn schon Weihnachten?

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