Sagen wir es doch mal so wie
es ist: Für die SP ist es am Wahlsonntag mies gelaufen. Zwar gab es den
ersehnten Linksrutsch, aber nur dank dem sensationellen Ergebnis der Grünen,
die ein historisches Ergebnis schafften und mal eben so, mit scheinbar
spielerischer Leichtigkeit, Sitz um Sitz eroberten. Auch auf dieser grünen Welle
surften die Grünliberalen, die ebenfalls einen beachtlichen Sitzgewinn
verbuchen konnte. Und die SP? Obwohl ebenfalls eine ökologische Partei, die
sich für Umweltthemen stark macht, kippte sie vom Surfbrett und machte einen
Taucher. Das Resultat sind Sitzverluste.
Im Kanton Bern erwischte es
zwei Nationalräte: Corrado Pardini und Adrian Wüthrich, beides Gewerkschafter.
Während um den Sitz von Wüthrich schon im Vorfeld gebangt wurde, war die Abwahl
des erfahrenen Pardinis eine böse Überraschung. Einziger Trost: Die Frauenliste
der SP war erfolgreich. Tamara Funiciello, der streitbaren Ex – Jusochefin, gelang
es, den Sitz der abtretenden Margrit Kiener – Nellen zu erobern. Auch in
Zürich, eigentlich eine Hochburg der Sozialdemokraten, regnete es keine roten
Rosen. Stattdessen gab es eine Ohrfeige vom Stimmvolk. Die SP Kanton Zürich
musste ebenfalls zwei Abwahlen verkraften.
Wie alle anderen auch, war
ich vom schlechten Abschneiden meiner Partei überrascht, denn den Umfragen
nach, sah es ja eher so aus, als würden wir stabil bleiben oder gar leicht
zulegen. Dass es einen Linksrutsch gab, aber ohne uns, ist ernüchternd.
Die Grünen haben alles
richtig gemacht. Sie sind zweifellos die Umweltpartei überhaupt und hatten die
ökologischen Themen schon auf ihrer Agenda, als sie noch völlig unsexy waren.
Sicher, die Themenkonjunktur spielte ihnen in die Hände. Aber es wäre unfair,
ihren Erfolg nur darauf zu schieben. Den Grünen ist es gelungen, sich als
frische, offene und coole Bewegung zu präsentieren. Das haben wir nicht
geschafft.
Natürlich, hätten wir ein
Grün im Namen, wäre es uns wahrscheinlich besser gelaufen. Unser Resultat nur
daran festzuhängen, fände ich jedoch nicht richtig. Ich glaube – und das ist
jetzt mein persönliches Empfinden – das uns die Flügelkämpfe der letzten Jahre,
massiv geschadet und geschwächt haben, besonders, weil wir sie vor aller Augen
ausgetragen haben. Statt hinter verschlossenen Türen um Positionen zu ringen,
haben wir allzu oft über Pressemitteilungen unsere Streitigkeiten nach aussen
getragen und uns dabei nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Nehmen wir zum Beispiel die
SP Kanton Zürich. Was für ein Theater in den letzten Jahren! Erst wurde SP –
Regierungsrat Mario Fehr von der JUSO angezeigt, dann schmiss der Sektionspräsident Daniel
Frei entnervt seinen Posten hin, weil er mit dem sehr linken Flügel der SP
Zürich nicht mehr klarkam, dann gab es ein Intrigenspiel, um eine gute
Platzierung des besagten Daniel Freis auf der Nationalratsliste zu verhindern
und das Ganze endete schliesslich mit einem Übertritt Freis zu der GLP. Auch
Zugpferd Chantal Galladé wechselte zur GLP. Und das alles unter freundlichen
Mitwirkung der Medien, die diese Dramen nur zu gerne aufbauschten und
kommentierten. In Anbetracht dieser Schlagzeilen ist es eher verwunderlich,
dass die SP Zürich bei den Kantonratswahlen gut abgeschnitten hat.
Diese Querelen stehen
exemplarisch für die ständigen Streitigkeiten in der Partei, die sich
hauptsächlich um die Frage drehen, ob wir jetzt noch linker sein sollen oder
uns lieber der Mitte annähern wollen. Und tatsächlich: Kaum standen die schlechten Ergebnisse am Sonntag definitiv
fest, fing es schon wieder an. Die JUSO forderte prompt einen noch linkeren
Kurs, während der sozialliberale Flügel sich mehr Realitätsnähe wünschte.
Meiner Meinung nach, bringt uns das nicht weiter. Wir verschwenden viel zu viel
Zeit damit, uns lang und breit darüber zu streiten, was jetzt der richtige Kurs
ist, statt dass wir vielleicht einfach mal losfahren würden.
Unsere Partei setzt sich ein
für Toleranz und Meinungsfreiheit. Wie sollen wir das glaubwürdig vertreten,
wenn wir nicht einmal mit Nuancierungen in unserem linken Meinungsspektrum
umgehen können? Ich verstehe echt nicht, wieso es in der SP nicht Platz für
einen Daniel Jositsch und für eine Tamara Funiciello geben sollte. Aus einer
solchen Spannweite können starke Kompromisse und Lösungen entstehen – sofern
man bereit ist die Diskussion zu führen und nicht von Anfang an, stur auf
seinem Standpunkt beharrt.
Linke Parteien scheinen
einen Hang dazu zu haben, sich untereinander zu zerfleischen. Die SPD wechselt
ihre Parteispitze schneller aus, als manche ihre Unterhosen, in England ist
sich Labour uneins, ob sie jetzt ein neues Brexit – Referendum wollen oder doch
lieber nicht. Und in Amerika half die halbherzige Unterstützung der Demokraten
für Hillary Clinton jetzt nicht wirklich dabei, Trump zu verhindern.
Vielleicht liegt es an
unseren hohen Ansprüchen. Wir wollen eine bessere Welt, aber die Menschen, die
diese Welt bevölkern, sind nun einmal nicht perfekt. Auch unsere
Parteimitglieder sind nicht perfekt. Manchmal beschleicht mich aber das Gefühl,
dass genau das ein Stück weit von mir verlangt wird. Entscheide dich richtig.
Entscheide dich für den richtigen Kurs. Entscheide dich, auch innerhalb der
Partei, für eine Seite. Das erzeugt Druck und das ist ein unangenehmes Gefühl. Wenn
Parteimitglieder von anderen Parteimitgliedern im Wahlkampf angeschossen
werden, wenn Menschen austreten, weil sie sich nicht gehört fühlen, wenn man gegenseitig
aufeinander rumhackt, weil der eine zu marxistisch ist und der andere zu
neoliberal, dann ist das einfach nur doof.
Als einfaches Basismitglied
geht mir dieses ständige Kursgequatsche inzwischen ordentlich auf den Keks. Ich
will eine breit aufgestellte Partei, in der alle Strömungen vertreten sind. Ich
will ein Wir – Gefühl im Wahlkampf spüren. Ich will eine SP, die positiv in die
Zukunft sieht, die frische Ideen und neuen Schwung hat und die beweist, dass
sie eine breit abgestützte Bewegung ist.
Damit meine ich nicht, dass
wir uns nicht streiten sollen.
Aber vielleicht sollten wir uns wieder angewöhnen, es hinter verschlossenen Türen zu tun.
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