Seit heute ist es offiziell:
Die Wahlen für die Legislaturperiode 2021 – 2024 finden statt, allerdings erst
am 29. November 2020. Für den Fall, dass es für das Stadtpräsidium einen
zweiten Wahlgang braucht, ist der 20. Dezember 2020 (Schnapszahl!) vorgemerkt.
Das ist ungewöhnlich spät für Wahlen in Langenthal, die normalerweise um
September/Oktober stattfinden. Nötig geworden ist die Verschiebung nach hinten
wegen – man wird es erraten – Corona.
Denn mal abgesehen davon,
dass wir ja nicht wissen, inwieweit unser Leben sich bis in den Herbst wieder
normalisiert hat, macht das Virus einen Wahlkampf im herkömmlichen Sinne fast
unmöglich. Durch das Versammlungsverbot, können die Parteien nicht
zusammenkommen, was Nominierungsanlässe ausschliesst. Auch das Sammeln von
Unterschriften für Initiativen ist untersagt. Ebenso ist an Verteilaktionen
nicht zu denken. Podien werden ebenfalls schwierig. Es ist unwahrscheinlich,
dass die Massnahmen in den nächsten Wochen aufgehoben werden. Wahlen
durchzuführen, ohne den Parteien die Chance zu geben, zu werben, ist heikel.
Wobei man natürlich ein
interessantes Experiment durchführen könnte. Wie wählen die Menschen, wenn sie
nicht wochenlang mit Wahlgeschenken bombardiert werden? Wie kann man als Partei
die Wählenden erreichen, ohne ihnen nahe zu kommen? Bringen die Flyer und
Plakate wirklich etwas oder ist es letztendlich Papierverschwendung? Kann man
die Menschen auf der Strasse tatsächlich zu einem Meinungsumschwung bewegen?
Wer weiss, vielleicht würden nüchterne und kühle Wahlen, ohne das ganze
Schischi drum herum zu überraschenden Ergebnissen führen.
Allerdings lebt gerade
Lokalpolitik stark vom direkten Kontakt mit den Menschen. Irgendwie wäre es ja
schade, so ganz auf das Wahlbrimborium zu verzichten, denn schliesslich will
man sich als Partei präsentieren und positionieren. Wahlzeit ist die Zeit, in
der die Scheinwerfer in Langenthal auf Politiker – und Politikerinnen gerichtet
sind. Es ist wohl auch der Ehrgeiz jeder Partei einen besonders guten und
kreativen Wahlkampf zu führen. Mit eingeschränkten Möglichkeiten, wie es
momentan der Fall ist, macht es doch nur halb so viel Spass.
Freilich, ein Online – Wahlkampf
wäre eine nette Abwechslung. Diskussionen per Skype hätten durchaus ihren Reiz.
Statt Flyer gibt’s digitale Postkarten und statt Personen in der Marktgasse
anzuquatschen, drehen alle spritzige Youtubevideos, in denen sie kurz erzählen,
warum sie unbedingt in den Stadtrat oder Gemeinderat wollen. Damit würde man
allerdings Personen ausschliessen, die mit der virtuellen Welt nicht viel
anzufangen wissen. Ziel eines Wahlkampfes ist es, die Menschen auf möglichst
vielen Kanälen zu erreichen.
Schwierig gestalten wird
sich der Wahlkampf in diesem Jahr auch, weil Corona ein sehr dominantes Thema
ist, dass die Menschen naturgemäss sehr beschäftigt. Zugleich ist es ein Thema,
bei dem der Lokalpolitik mehr oder weniger die Hände gebunden sind, weil die
Entscheide vom Kanton bzw. vom Bund getroffen werden (z. B kann Langenthal
jetzt nicht selber entscheiden, ob die geplanten Veranstaltungen durchgeführt
werden oder nicht). Es dürfte nicht ganz einfach sein, den Fokus auf lokale
Themen wie Porzi oder Alte Mühle zu lenken.
Insofern macht eine
Verschiebung Sinn. Sie gibt den Parteien die Möglichkeit, sich doch noch in
Szene zu setzen. Eine Verschiebung bis ins nächste Jahr, würde neue Probleme
aufwerfen. Gewählt sind die aktuellen Behördenmitglieder bis Ende 2020. Rein
rechtlich wäre das schwierig gewesen, schon wegen der Amtszeitbeschränkungen.
Gewählt wird übrigens nach
altem Wahlreglement. Gegen das neue Wahlreglement wurde Beschwerde eingereicht,
weil es sich ein bisschen mit der Verfassung beisst. Das bedeutet unter anderem,
dass es keine stille Wahl für den Stapi geben wird. Auch wenn keine
Gegenkandidatur antritt – wonach es momentan schwer aussieht – wird der Stapi
nach normalen Wahlprozedere gewählt. Die Lücken des alten Wahlreglements
bleiben ebenfalls bestehen – so auch die umstrittene Verdrängungsregel in Bezug
auf die Gemeinderatsliste. Nüchtern betrachtet kann man sagen: Das Parlament
ist damit gescheitert ein einfaches aber klares Wahlreglement aufzugleisen.
Stattdessen gab es einen komplizierten Papiertiger, der jetzt prompt durch eine
Beschwerde aus der Bevölkerung gebremst wird.
Die letzte Stadtratssitzung
fiel wegen des Coronavirus ins Wasser. Kommissionssitzungen wurden ebenfalls
ausgesetzt. Damit übernahm die Exekutive als oberstes Führungsorgan das Ruder.
Die Regelung gilt bis am 30. April. Die nächste Stadtratssitzung findet
voraussichtlich am 11. Mai statt und zwar nicht wie sonst im Saal der Alte
Mühle, sondern im Parkhotel, weil dort die Abstandregeln eingehalten werden
können. Aber auch das ist nicht in Stein gemeisselt, denn momentan gilt noch
das Versammlungsverbot und darunter fallen ebenso Stadtratssitzungen –
zumindest wird das so kommuniziert.
Die Durchführung einer
Stadtratssitzung in Coronazeiten dürfte freilich nicht einfach sein. Vierzig Personen plus
Gemeinderat plus Verwaltungsangestellte plus Presse plus Zuschauer, ergibt
durchaus eine stattliche Summe an Leuten. Menschen von der Stadtratssitzung
auszuschliessen ist nicht ganz unproblematisch, denn Stadtratssitzungen müssen
öffentlich sein. Willkürlich zu entscheiden, wer im Zuschauerraum sitzen darf
und wer nicht, würde dem widersprechen. Auch das Thema Risikogruppen muss
bedacht werden. Die Empfehlung, dass diese so weit als möglich zuhause bleiben
sollen, wird wohl noch eine Weile bestehen bleiben. Was aber wenn ein
Stadtratsmitglied zur Risikogruppe gehört? Man darf keinen Stadtrat und keine
Stadträtin daran hindern, ihr Amt auszuüben. Folglich darf man sie auch nicht
dazu auffordern, der Sitzung fernzubleiben.
Setzt man die
Stadtratssitzungen allerdings weiter aus, kommt es zu einem noch grösseren Stau
der anstehenden Geschäfte. Der Gemeinderat entscheidet nur in dringenden
Fällen, der Rest wird aufgeschoben. Das führt zu zeitlichen Verzögerungen. Und
zu weiteren Monstersitzungen. Zudem darf die Legislative nicht einfach auf Eis
gelegt werden. Alle Macht bei der Exekutive ist keine langfristige Lösung. Auch
auf nationaler Ebene tritt das Parlament wieder zusammen. Auf städtischer Ebene
sollte das ebenfalls möglich sein.
Corona ist und bleibt eine
Herausforderung. Auch für die Demokratie in Langenthal.
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