Prolog: Kommet, ihr
Stadträt:innen, o kommet doch all
·
Die ganze Welt ist
von weihnachtlicher Stimmung geprägt und liegt sich innig in den Armen, um
kitschige Weihnachtslieder zu trällern – die ganze Welt? Nein, ein winziges
Dorf im Herzen des Oberaargaus hört nicht auf der zuckersüssen Harmonie
Widerstand zu leisten und eisern spröde Stadtratssitzungen abzuhalten. Hallo
und herzlich willkommen zum allerletzten *Trommelwirbel* anderen
Stadtratsprotokoll 2024 und auch zum letzten anderen Stadtratsprotokoll in
dieser Legislatur, denn heute heisst es Abschied nehmen: In dieser Kombination
kommt der Gemeinde – und Stadtrat nicht mehr zusammen, dabei ist es, als wäre
es erst gestern gewesen, als er jung und voller Träume seine allererste Sitzung
abgehalten hat. Sie werden so schnell gross. Wo sind meine Taschentücher, wenn
ich sie brauche?
·
Ich weiss ehrlich
gesagt nicht, ob sich das heute überhaupt lohnt, denn es wird eine sehr kurze
Sitzung, denn danach gehen die Herren und Damen Stadträte schlemmen
(wahrscheinlich vegane Wildschweine) und all zu viele Traktanden stehen ja
jetzt nicht auf der Liste. Aber ich war jetzt schon an so vielen Sitzungen, es
hätte sich irgendwie falsch angefühlt an dieser jetzt nicht dabei zu sein. Und
ja, ich weiss, wie hobbylos sich das anhört («hallo, ich bin Désirée und in
meiner Freizeit streichle ich gerne Katzen, treffe schlechte
Lebensentscheidungen und höre Menschen zu, die sich wegen Schwimmbädern und
Strassenbeschilderungen kabbeln»).
Teil 1: Herbei, oh ihr
Jurist:innen!
·
Und es geht wieder
einmal um die Schulen. Beziehungsweise um die Schulraumstrategie und die
Volksschulinfrastruktur. Bei beiden wird eine Fristverlängerung beantragt und
prompt gewährt (was soll man auch anders machen? Die anwesenden Gemeinderäte
dazu zwingen sofort eine Sitzung abzuhalten und irgendwas aus den Ärmel zu
schütteln?) Da sich Mathias Wüthrich bei seiner letzten Berichterstattung als
Gemeinderat darauf beschränkt zu sagen, dass er sich kurzhalten will und dann
einfach nichts Weiteres sagt, wird das Geschäft in Rekordzeit durch den
Stadtrat gebracht. Wären wir immer so schnell, bräuchten wir nur die Hälfte der
Sitzung (aber es wäre, zugegebenermassen, nicht halb so spannend).
·
Die EVP/GLP Fraktion
darf Geld verteilen – den sogenannten Ratskredit. Mike Sigrist schlägt vor, den
Kredit an Salti di Gioia zu vergeben, ein Fonds, der Kinder und Jugendlichen
aus sozial schwächeren Familien die Möglichkeit gibt, an Tanzkurzen im Dance
Center Langenthal teilzunehmen. Der Kredit wird widerspruchslos genehmigt.
Tanzen ist super – sollten wir alle viel mehr machen, ich wünschte manchmal,
dass wir noch Bälle hätten, wo wir potenzielle Lebenspartner:innen beim Walzer
tanzen kennenlernen könnten, ich stelle mir das wesentlich romantischer vor als
auf Tinder zu swipen (was mich daran erinnert, mir wieder einmal Sissi
anzusehen).
·
Martin Lerch (SVP)
kündigt gleich mal an, dass er sich nicht so kurzhalten wird wie seine
Vorgänger, weil er nämlich den alljährlichen Besuch der GPK in der Verwaltung
zusammenfasst, wobei er sich insbesondere begeistert zeigt, dass sie sich gleich
mehrere Power Point Präsentationen reinziehen durften mit über 150 Slides (wie
ich sie um diese volle Dröhnung Power Pont beneide). Einblicke bekam die GPK in
die Ressorts Bauwesen (offenbar ist eine Verschlankung des Baureglements
geplant, also freuet euch, ihr Bauenden) und Abfallentsorgung (also das Resort
heisst nicht Abfallentsorgung, aber es ging wohl hauptsächlich um das Thema
Entsorgung).
·
Weil der jetzige
Stadtratssekretär auf Ende Februar demissioniert, wurde von der GPK ein
Ausschuss bestimmt, der Ersatz für dieses Amt sucht. Die Zeit drängt, weil wir
jetzt schon Ende Legislatur ist und ein:e Stadtratsekretär:in – wie der Name es
schon sagt – schon noch so wichtig ist für den Stadtrat. Ich würde es ja
machen, aber meine juristischen Kenntnisse beschränken sich auf die Fähigkeit,
ein OR aufzuschlagen, und ich glaube, das reicht nicht ganz für diese
anspruchsvolle Tätigkeit. Aber wenn ihr Jurist:innen seid und Bock auf eine
spannende Stelle hat, go for it!
Teil 2: O du fröhliche
gnadenbringende Vergangenheit
·
Am Jahresende werden
wir erfahrungsgemäss immer alle mit Rückblicken bombardiert, gerne untermalt
mit dramatisch – fröhlicher Musik, um geschickt zu übertönen, dass unser Jahr
genau so langweilig und stressig war wie die Jahre zuvor, und natürlich passiert
das auch im Stadtrat. Stadtpräsident Reto Müller (SP) zeigt auf, welche Ziele
in den letzten vier Jahren erreicht wurden und welche nicht (da war doch was
mit den Kindergärten…) Am Ende bedankt sich der Stadtpräsident für die
konstruktive Zusammenarbeit und freut sich auf weitere vier Jahre voller
Herausforderungen. Nächstes Mal hätte ich es gerne mit Musik – ich würde den
Herr der Ringe Soundtrack vorschlagen.
·
Und damit kommen wir
zum Schlusswort der Stadtratspräsidentin Saima Sägesser (SP). Konsequenterweise
widmet sie auch ihre letzte Worte an die Kultur und stellt sich dabei noch
einmal nicht nur hinter das Stadttheater, sondern bedankt sich auch
ausdrücklich bei der SVP – Gemeinderätin Helena Morgenthaler, die immer wieder
auch in den eigenen Reihen Überzeugungsarbeit leisten musste. Die scheidende
Stadtratspräsidentin betont aber auch die persönlichen Herausforderungen in
diesem Amt. Es sei nicht immer einfach gewesen, Beruf und Politik unter einen
Hut zu bringen, zumal sie parallel zum Amt der höchsten Langenthaler auch in
der Privatwirtschaft eine Führungsposition übernommen hat und gleichzeitig die
Abschiedssaison von «Kultur im Stöckli» geschmissen hat – die von ihr allein
(!) geführte Kulturplattform ist nach zehn Jahren nun leider auch Geschichte.
Aber alle Geschichten haben ein Ende – sogar die guten. Und so wie sie die Legislatur mit Kultur
angefangen hat, beendet sie die Legislatur auch mit Kultur. Genauer gesagt mit
Melanie Pfützenreuter, die ein etwas anderes Weihnachtsgedicht vorträgt.
·
Tja und das war’s ihr
lieben Leute. Diese Legislatur ist beendet und damit auch diese Lama – Saison.
Es waren vier intensive Jahre und für mich auch – entschuldigt die direkte
Wortwahl, aber ihr seid es euch ja gewöhnt von mir – sehr beschissene Jahre, die
in vielerlei Hinsicht schmerzhaft und manchmal nur schwer zu ertragen waren. Das
hat sich schlussendlich auch aufs Lama ausgewirkt. Immer wieder habe ich
pausiert, weil ich es nicht mehr gepackt habe. Aber ich bin immer wieder
zurückgekommen, weil – und das meine ich ganz ehrlich – ich immer wieder
festgestellt habe, wie viel mir das Lama gibt. Zum einen, weil ich von allen
Seiten und parteiübergreifend immer unglaublich viel Wertschätzung erfahre (sehr
viel übrigens vom Stadtrat, obwohl ich es ihm manchmal echt nicht leicht mache,
mich zu mögen), aber auch, weil es mir einfach guttat, mich nicht immer mit mir
selbst zu beschäftigen, sondern den Blick zu erweitern. Und natürlich habe ich
mit euch eine ganz tolle, liebe Community, die auch nach langen Pausen immer
wieder zu mir zurückgekommen ist. Danke dafür. Wir sehen uns.
Best
of
«Zuerst
war es zu dunkel und dann zu hell» Schöpfungsgeschichte mit Stadtratspräsidentin
Saima Sägesser (SP).
«Fab…Nid de Fabian Fankhauser… » Manchmal sagen auch andere von der GLP/EVP Fraktion
etwas. Wieder Saima Sägesser.
« Ich
denke Jurist :innen können sich auch bewerben.» Und irgendwie hören wir
Beatrice Lüthi laut «Jawohl!» schreien. Noch einmal Saima Sägesser.
«Ich
kann alles… ausser Kindergärten bauen, das kann ich nicht.» Sogar ein Stapi
kommt manchmal an seine Grenzen. Reto Müller (SP).
«Du
hast es mit dem Funken gut gemeint – manchmal hat es dann im Stadtrat dann
gebrannt.» Die Feuerwehr ist ja jetzt generalüberholt: Fabian Fankhauser (GLP)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen