Donnerstag, 23. Januar 2020

Der SCL und sein Einfluss - ein Kommentar zur Referendumsabstimmung


Die Diskussionen rund um die Erhöhung des städtischen Beitrags an die Eismiete des SCL Nachwuchs reissen nicht ab. Das Referendum beschäftigt die Menschen in Langenthal und führt zu heftigen Debatten. Grundsätzlich finde ich es sehr positiv, wenn ein Thema die Menschen dazu bringt, sich politisch zu äussern und sich zu positionieren. Und wer mich kennt, weiss: Ich bin klar gegen die Erhöhung. Aber dies ist nicht das eigentliche Thema dieses Blogs.

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich mich äussern soll. Auch deshalb, weil ich weiss, was für ein heikles Thema der SCL in Langenthal ist und wie schwer es ist, Kritik am Club zu üben. Inzwischen bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass es falsch wäre, zu schweigen. 

Die Hintergrundgeschichte dieses Referendums ist interessant. Bereits im Jahr 2017 brachte der SC Langenthal verschiedene Anträge vor den Gemeinderat. Schon damals bat der Club darum, dass der städtische Beitrag an die Eismiete des SCL Nachwuchses um 125‘000 Franken erhöht wird. Der Gemeinderat lehnte dieses Ansinnen einstimmig ab. Seine Begründung: Nur ein kleiner Teil des SCL Nachwuchses stamme aus Langenthal, der Rest sei aus der Umgebung. 

Zwei Jahre später gerieten sich die Stadt und die Arena Oberaargau AG (eine Tochtergesellschaft des SCL) in die Haare. Zum Zankapfel wurde das neue Eisstadion. Nachdem man sich auf einen Standort im Hard geeinigt hatte, wollte die Stadt den Lead in der Projektplanung übernehmen, obwohl, so der SCL, im Vorfeld etwas anderes zugesichert worden war. Die Konsequenz davon war, dass die Arena Oberaargau AG sich gleich ganz aus dem Projekt zurückzog.

Es gab aber noch eine andere Konsequenz. Der SCL stellte sämtliche Zahlungen an die KEB AG ein (das sind die, die für die Eishalle verantwortlich sind), trainierte aber weiterhin in der Eishalle. Er bezog also Leistungen, ohne für diese zu zahlen. Dadurch geriet die finanzielle Situation der KEB AG in Schieflage. 

Um weitere Eskalationen zu vermeiden und die Situation zu entschärfen, leitete die Stadt ein Mediationsverfahren ein, in dessen Verlauf der SCL und der Gemeinderat schliesslich den sogenannten Koordinationsplan erarbeitete. Das Entgegenkommen der Exekutive zeigte insofern Wirkung, dass der SCL die ausgebliebenen Zahlungen nachholte und seinen Mieterpflichten wieder nachkam.

Im Koordinationsplan kommt die jährliche Eismiete für den SCL Nachwuchs erneut ins Spiel, denn die 2017 angestrebte Erhöhung des städtischen Beitrags taucht in dieser Strategie wieder auf. Nur hatte der Gemeinderat nicht die Kompetenz über diese Aufgabe allein zu entscheiden. Das letzte Wort hatte der Stadtrat beziehungsweise, im Falle eines Referendums, die Stimmbevölkerung. Vor der entscheidenden Stadtratssitzung stand der SCL Nachwuchs für die eintrudelnden Stadtratsmitglieder Spalier und verteilte Schokoladenpucks. Dieser Auftritt war im Koordinationsplan vorgespurt worden, wo wortwörtlich steht, dass der SC Nachwuchs für Kulisse sorgen wird. 

In der Stadtratssitzung selber schliesslich, formulierte die Geschäftsprüfungskommission einen Rückweisungsantrag, weil sie formale Mängel an der Vorlage feststellte. So fehlten im ursprünglichen Antrag die Basisdaten und für wiederkehrende Ausgaben – denn der Betrag wird nicht einmalig, sondern jedes Jahr ausbezahlt – braucht es eine gesetzliche Grundlage. Nach Ansicht der GPK war die nicht gegeben. Der Stadtrat verwarf den Antrag der GPK.
Die beiden vorberatenden Kommissionen, die Sportkommission und die Finanzkommission empfahlen das Geschäft zur Ablehnung. Nach hitziger Diskussion entschied das Gremium sich mit 21:17 Stimmen für die Erhöhung des Beitrags an die Eismiete und für einen Moment schien es so, als könnten Gemeinderat und SCL diesen einen Punkt auf dem Koordinationsplan abhaken.

Doch dann ergriff ein Bürgerkomitee unter der Mitwirkung von mehreren Stadträten das Referendum, um das letzte Wort der Stimmbevölkerung von Langenthal zu erteilen. Die erforderlichen Unterschriften waren schnell zusammen und deshalb stimmen wir am 9. Februar über „Die Erhöhung des jährlichen Unterstützungsbeitrages an die Kosten der SC Langenthal Nachwuchs“ ab. 

Am Anfang stand also ein Sportclub, der vom Gemeinderat nicht das bekam, was er wollte, nämlich die Projektleitung über den Bau eines Stadions, das schlussendlich nicht nur auf die Ansprüche des Spitzen – sondern auch auf die des Breitensports zugeschnitten sein sollte. Und ein grosser Teil der Baukosten wird voraussichtlich aus Steuergeldern finanziert werden. Der SCL griff zu drastischen Methoden, indem er einfach aufhörte für die Nutzung des Eises zu zahlen. Dadurch geriet der Gemeinderat so unter Druck, dass er einer viel älteren Forderung des SCLs schliesslich nachgab, nämlich der, die Eismiete des SCL Nachwuchses komplett zu übernehmen. Man kann jetzt sagen, dass der SCL halt mal auf den Tisch gehauen hat. Man kann auch sagen, dass er ein bisschen Dampf gemacht hat. Oder dass er hart verhandelt hat. Man könnte aber auch sagen, dass der SCL begonnen hat, mit wirtschaftlichen Mitteln massiven Druck auf die Exekutive auszuüben.

Nachdem der Gemeinderat eingelenkt hatte, musste noch das Stadtparlament zustimmen. Hier war der Club offensichtlich der Ansicht, dass sachliche Argumente nicht ausreichen, um die Stadträte – und Stadträtinnen zu überzeugen. Im Vorfeld der durften sich alle Parlamentsmitglieder über Post freuen, denn die SCL – Kinder baten sie mit handgeschriebenen Karten darum, dem Geschäft zuzustimmen. Natürlich, mir ist absolut klar, dass viele Interessengruppen, den Stadträten – und Stadträtinnen ihre Argumente vorlegen, um sie zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen. Für mich ist es aber ein Unterschied, ob das ein Erwachsener tut oder ob Erwachsene neunjährige Kinder dafür einspannen. Das Spalierstehen geht in die ähnliche Richtung. Man hat dem Stadtrat deutlich zu spüren gegeben, was erwartet wird. 

Und der Stadtrat liess sich von dieser Emotionalität beeinflussen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Einwände der GPK mit einem Achselzucken abgetan wurden. Im Laufe der Diskussion gab es auch Statements, die mich in dieser Meinung bestätigen. Man solle sich nicht mit juristischen Spitzfindigkeiten aufhalten, sondern auf sein Bauchgefühl hören, wurde da verkündet, unter den wachsamen Augen der SCL Funktionäre. Ich habe genug Stadtratssitzungen besucht, um sagen zu können, dass es für diesen Stadtrat sehr ungewöhnlich ist, rechtlich Unsicheres einfach durchzuwinken. 

Ihr seht, der SCL ist ein Sportclub, der es hervorragend versteht die Fäden zu ziehen und der seine Interessen durchsetzt – nicht selten, mit einer gewissen Eigennützigkeit. Die politischen Gremien sind dem SCL nicht nur entgegengekommen, sie sind dem Club quasi entgegen gerannt und haben sich ihm in die Arme geworfen –alles in der Grenzen des Erlaubten, dennoch unterstreicht die sehr, sehr tolerante Haltung die sowohl unsere Legislative als auch unsere Exekutive bei diesem Geschäft an den Tag gelegt hat, die Sonderstellung, die der SCL hier geniesst. 

Wisst ihr, ich kann viele Argumente des Ja – Komitees nachvollziehen. Jugendförderung, schwierige finanzielle Situation der KEB AG, den Wunsch auch mal etwas zu unterstützen statt immer nur eine ablehnende Haltung einzunehmen – alles easy und ich respektiere jeden, der sich offen zu seiner Meinung bekennt. Ich habe mich auch schon dahingehend geäussert, dass ich mir gewünscht hätte, dass in Themen Schulsozialarbeit und Programm Schrittweise ebenfalls investiert worden wäre, denn das betrifft ebenfalls junge Menschen. Doch darum geht’s mir nicht mit diesem Blog. Mir geht es darum, dass sich ein Sportclub so aufführt, als wäre das Budget der Stadt ein Selbstbedienungsladen. Mir geht es darum, dass manche Menschen glauben, die Interessen eines Sportclubs würden es rechtfertigen, dass man andere Meinungen einfach niederbrüllt. Mir geht es darum, dass Politiker, die den Mut hatten, gegen allen Druck ein Referendum zu ergreifen, beschimpft werden. 

Es gab Gründe für dieses Referendum. Und es ist völlig in Ordnung ein Referendum zu starten, genauso wie es in Ordnung ist, sich bei den Befürwortern zu engagieren. Es ist kein Landesverrat, wenn man der Erhöhung des Beitrags an die Eismiete nicht zustimmt. Es ist nicht so, dass der SCL sich aus purer Herzensgüte um die Kinder und Jugendlichen kümmert, denn er will ja schliesslich von seiner Nachwuchsabteilung auch profitieren (er trainiert sie nicht gratis). Beim Hockeynachwuchs handelt es sich auch nicht um arme, auf der Strasse lebenden Waisenkinder, denen man das letzte Stück Brot wegnimmt. 

Es mag für viele unglaublich sein, aber die Stadt besteht nicht nur aus SCL – Fans. Es gibt auch andere, mich zum Beispiel. Ich finde, wir haben es verdient, unsere Sorgen und unsere Kritik anzubringen, ohne dass man über uns herfällt. Ich finde, wir haben es verdient, dass man uns zuhört und unsere Argumente nicht einfach als blödsinnig abtut. Und ich finde, wir haben es verdient, dass wir genauso als vollwertige Bürger – und Bürgerinnen wahrgenommen werden, wie jeder SCL – Fan.

Denn die Stadt gehört nicht dem SCL.

Die Stadt gehört den Menschen, die in ihr leben.

2 Kommentare:

  1. ...danke Renate...als Gründer des 1ten Fanclubs des SCL 1978..trotzdem würde ich nein abstimmen. Es hat sich in den 30 Jahren, die ich von Langenthal, nicht viel verändert. Ich glaub..es mischen immer noch die Gleichen wie damals mit...nenne keine Nahmen...

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    1. Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, ich bin nicht Renate;-)

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