Freitag, 7. August 2020

Das Lama geht fremd

 

Ja, ich gebe es zu: Ich bin fremdgegangen. Also parteitechnisch, zumindest. Ich besuchte nämlich zum ersten Mal die Hauptversammlung der Jungliberalen – nicht weil ich vorhatte beizutreten, sondern weil sich mein Interesse an Politik nicht nur auf die eigene Partei beschränkt und ich ein grundsätzliches Interesse daran habe, was bei den Lokalparteien so abgeht – besonders im Wahljahr. Also habe ich mich einfach in die Braui geschlichen, wo die Versammlung stattfand, mich als Gummibaum getarnt und heimlich alles mitgeschrieben….

Nein, natürlich nicht. Die Geschichte ist leider wesentlich unspektakulärer, die Hauptversammlung war öffentlich zugänglich. Im Vorfeld erkundigte ich, ob ich als rotes Lama ebenfalls teilnehmen darf, ohne geteert, gefedert und blau angemalt zu werde und da die Antwort positiv ausfiel (Juhu) sass ich an einem heissen Freitagabend im Keller der Braui und sah zu, wie sich der Vorstand der JLL mit Beamer, Licht und Leinwand abmühte. Mit diebischem Lächeln, wie ich gestehe, denn warum soll es den Liberalen besser gehen, als den Sozialdemokraten?

Innovativ und modern wie die Jungliberalen nun einmal sind, schafften sie es dann aber relativ schnell die Technik korrekt aufzubauen. Sogar die Discobeleuchtung bekamen sie unter Kontrolle. Co – Präsident Michel Giesser begrüsste die Anwesenden, um dann gleich an sein Gspännli André Rentsch zu übergeben, dem dieses Mal die Ehre gebührte, durch die Hauptversammlung zu führen.

Die JLL kann auf ein bewegtes Jahr zurückblicken. Dank der Initiative ihrer Stadträtin Carole Howald wurde in Langenthal Easyvote eingeführt, eine Broschüre, die es jungen Bürger*innen erleichtern soll, ihre Abstimmungsentscheide zu treffen. Deutlich positionieren konnte sich die Jungpartei auch in den Diskussionen rund um das Eisstadion. Durch das Engagement von gleich zwei Vorstandsmitgliedern bei der „Operation Eissport“ erreichten sie eine grössere Aufmerksamkeit. Präsenz an lokalen Anlässen, Verteilaktionen und Nationalratskandidaturen runden das Bild einer aktiven Jungpartei ab.

Entsprechend ehrgeizig sind die Pläne für die anstehenden Gemeindewahlen. Die JLL hatte zu ihren Glanzzeiten immerhin zwei Stadtratssitze und mit Christine d’Ingiandi – Bobst sogar eine Gemeinderätin. Für Jungparteien ist es naturgemäss nicht ganz einfach, Sitze zu erringen und zu halten. Zwar können sie mit unverbrauchten Gesichtern antreten, jedoch fehlt diesen meist eine gewisse Bekanntheit. Erlangen sie diese, rutschen sie dann oft aufgrund der Altersbeschränkung in die Mutterpartei. Das passierte auch der JLL bei den letzten Wahlen: Pascal Dietrich konnte seinen Sitz zwar verteidigen, gehörte aber inzwischen zur „alten“ Garde, der FDP.

Diesen verlorenen Sitz will die JLL nun zurückholen. Um ihr Ziel zu erreichen, haben sie sich für den Slogan „Langenthal kann“ entschieden, womit sie besonders die innovative Seite der Stadt hervorheben wollen. Bei der Kampagne will die Partei nicht so stark auf die Onlinekanäle setzen, wie bei den Nationalratswahlen. Medienaffin wie sie sind, werden sie aber zweifellos auch digital Überzeugungsarbeit leisten. Im Vorstand verbleiben für dieses Wahljahr die bewährten Kräfte. Mit einer Ausnahme: Für Leonie Eyer rückt Javier Marquez nach, ein junger Architekt.

Der ebenfalls anwesende FDP – Präsident Diego Clavadetscher zeigte sich jedenfalls angetan von den Plänen des Nachwuchses. In seiner Laudatio betonte er die Wichtigkeit einer Gesellschaft, die gerade in schwierigen Zeiten zusammenhält. Genau diese Gemeinschaft halte er aber für zunehmend gefährdet. „Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen“, zitierte er aus der Bundesverfassung - und für einen Moment glaubte man tatsächlich, man sei an einer SP – Versammlung.

 

Sonstiges

·         Mir wurde eine besondere Begrüssung zuteil, mit Namen und Pseudonym. So erwarte ich das in Zukunft immer, ihr Lieben! Ausserdem hätte ich gerne, wenn bei meinem Eintreten die Schweizer Nationalhymne gespielt wird, dass ich auf einen Thron sitze und mir jemand mit einem riesigen Palmblatt Luft zufächeln.

·         Auf die Wahl eines/einer Stimmzähler*in wurde verzichtet. Unstimmigkeiten wurden nicht erwartet. Und da heisst es immer, in der SP seien die strammen Parteisoldaten…

·         Gipfeli am Bahnhof zu verteilen scheint auch in anderen Parteien gang und gäbe zu sein. Die Begeisterung über den Einsatz in den SEHR frühen Morgenstunden ist, den gezeigten Fotos nach zu schliessen, auch ähnlich gross. Vielleicht sollte man zur Abwechslung mal anfangen Passanten/Passantinnen Kaffee auszuschenken?

 

·         Der Vorstand führte mithilfe einer PowerPoint Präsentation durch die HV, die fast aus dem Lehrbuch hätte stammen können. Wenn nicht einzelne Folien spontan beschlossen hätten, den Platz zu wechseln. Ob Langenthal auch PowerPoint kann? Noch können die JLL ja üben. Wahlen sind schliesslich erst im November.

 

Best of

DAS Bild habe ich nicht freigegeben!“ Vorstandsmitglied Jon Baumann ist nicht so angetan von einem Foto, das ihn an der Fasnacht in etwas unvorteilhafter Pose zeigt.

„Nein, nein ihr müsst euch enthalten als Vorstandsmitglied! Wenn wir uns anfangen selber entlasten, ist nicht mehr gut!“ Wieder Jon Baumann, der auf die Einhaltung der Abstimmungsregeln pocht. Möglicherweise wäre ein/e Stimmenzähler*in doch nicht so schlecht gewesen.

„Ich werde Lüku auch privat nicht los – er ist nämlich auch im Job mein Boss…“ Kassier Dominik Held muss sich zumindest nicht umgewöhnen:  Der ehemalige JLL – Präsident Lukas Bissegger, sagt ihm auch revisionstechnisch, wo’s langgeht.

„Ist schon schade haben wir Päscu (Dietrich) an die FDP verloren. Auch wenn er dauernd wegen seinen Bächlis gestürmt hat, wir vermissen ihn.“ Nostalgie bei Jon Baumann.

„Er ist eben nicht in einen Jungbrunnen gefallen.“ FDP – Präsident Diego Clavadetscher kontert den Vorwurf des internen „Sitzklaus“.

„…als einer, der sogar älter ist, als euer Verein…“ Noch einmal Diego Clavadetscher, der den Jungbrunnen bis jetzt ebenfalls nicht gefunden hat.

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Lama Malwettbewerb

  Platz 1: Kategorie Erwachsen. Ginge sogar als Strickmuster. Falls jemand einen Pulli machen möchte oder so. Platz 2: Kategorie Erwachsen. ...