Donnerstag, 5. November 2020

Telefonieren mit Lama: Jana Fehrensen

 

 

Jana Fehrensen ist Kuratorin vom Schloss Thunstetten und Leiterin des Museums Langenthal. Sie widmet sich aber nicht nur mit grosser Leidenschaft der Vergangenheit, sondern gestaltet als FDP Stadträtin auch die Zukunft aktiv mit. Im Interview erklärt sie, wieso Museen mehr als verstaubte Orte sind und was an der Porzi so besonders ist
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Was ist dein Sternzeichen?

Skorpion. Das hat oft einen negativen und angriffigen Touch, womit ich mich aber nicht wirklich identifizieren kann. Ich bin eher jemand, der versucht zu verbinden. Aber mein Energielevel ist wie bei vielen Skorpionen sehr hoch. Wenn ich mir was vornehme, dann ziehe ich es auch durch.

Was war so dein erster Gedanke, als du erfahren hast, dass du als Stadträtin nachrückst?

Ich war erst einmal überrascht, ich habe nicht damit gerechnet, so kurz vor den Gemeindewahlen noch nachzurutschen. Und ich hatte Respekt vor der Verantwortung. Aber ich nahm die Herausforderung an.  Schliesslich habe ich vor vier Jahren nicht einfach als Listenfüller kandidiert, sondern hatte schon das Ziel, gewählt werden. Ich will in Langenthal gestalten und etwas bewegen. Langenthal ist meine Heimat. Wenn ich mich hier nicht einsetze, wo sonst?

Warum braucht es Museen?

Geschichte ist quasi der Boden, auf dem unsere Füsse stehen. Wenn wir wissen, woher wir kommen und was uns beeinflusst hat, können wir die Zukunft besser gestalten und uns weiter entwickeln. Das, was wir heute tun, ist morgen schon Geschichte. Ein Museum ist nicht einfach ein verstaubter Ort, wo wir alte Dinge sammeln, es dient auch dem gegenseitigen Verständnis und kann bei der Integration von Menschen helfen. In Museen erfährt man sehr viel über das Land und die Menschen und man kann verstehen, wieso ein Land so funktioniert, wie es funktioniert. Für mich sind Museen einfach die besten Orte der Welt.

Wenn du dir eine Epoche aus der Vergangenheit aussuchen könntest: In welcher würdest du gerne leben?

Da gebe es einige Epochen.

Das Römische Reich fände ich spannend, weil es so verschiedene Kulturen und Nationen verbunden und pragmatisch integriert hat.

Ich würde auch gerne durch das  Europa unter Karl dem Grossen, dem Vater Europas reisen.  Auch das Elisabethanische Zeitalter mit William Shakespeare wäre interessant. Die erste Wahl bliebe aber das Römische Reich.

 

Was ist dein Lieblingsmärchen?

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Für mich ist dieser alte tschechischer Film mit Libusa Safrankova und mit der Titelmusik von Karel Gott einfach eine schöne Kindheitserinnerung. Der gehörte zu Weihnachten dazu.  Und das Aschenbrödel in diesem Film ist eine sehr selbstbewusste und moderne Frau. Sie ist dem Prinzen ebenbürtig.

Warum ist die FDP deine Partei?

Die Werte der FDP sind mir wichtig. Bürgerfreiheiten, die individuelle und unternehmerische Freiheit,  ein schlanker Staat, Selbstverantwortung,  das sind wichtige Themen. Ich bin in der ehemaligen Tschechoslowakei aufgewachsenen und habe erlebt, wie es ist, wenn das alles nicht möglich ist. Die FDP setzt sich für diese Werte ein und trägt so zum Wohlstand bei. 

Inwiefern haben dich deine Eltern geprägt?

Sie waren Vorbilder für mich. Sie haben grossen Wert gelegt auf die Ausbildung. Und  in einer Zeit,  in der man nicht alles sagen durfte, haben sie immer sehr offen mit mir und meinem Bruder gesprochen.  Sie haben uns gelehrt, wie wichtig ist es ist, sich nicht zu verbiegen und  sich nicht selbst untreu zu werden. Meine Mutter war für mich ein wichtiges Frauenvorbild. Sie war immer eine selbstständige, berufstätige Frau. In Beruflichen haben mich meine Eltern aber gar nicht geprägt.  Sie waren beide Chemieingenieure. Zwar habe ich in Chemie immer gute Noten heimgebracht habe, aber vor allem deshalb, weil ich auf keinen Fall wollte, dass sie mir irgendwas erklären. Denn sie haben immer dabei bei Adam und Eva anfangen. Dafür habe ich später einen Chemiker geheiratet.  

Was war dir wichtig bei der Kindererziehung?

Dem Kind den Blick zu eröffnen, welche Möglichkeiten die Welt bietet. Man sollte sein Kind nie in seine eigene Richtung drängen, sondern versuchen zu erkennen, welche Veranlagungen ein Kind besitzt. Wichtig ist auch ein tragfähiges Verhältnis aufzubauen, das auf Offenheit und Vertrauen basiert. Meine Tochter kann sehr viel mit mir diskutieren und kommt oft zu mir. Am wichtigsten ist, die Kinder nicht nach sich selber zu formen und zu verbiegen, sondern sie in ihren eigenen Interessen zu unterstützen.

Würdest du dich als Feministin bezeichnen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich bin Vizepräsidentin des Schweizerischen Dachverbandes der Frauenvereine (SGF - Schweizerische Gemeinnützige Frauen). Ich engagiere mich für in dieser Funktion aber auch privat für Frauenanliegen, sei es um Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder für Lohngleichheit. Ich war natürlich auch letztes Jahr am Frauenstreik in Bern. Im modernen Sinne des Wortes bin ich vielleicht dann eine Feministin. Ich bin allerdings der Ansicht, dass wir mit den Männern gemeinsam kämpfen müssen, so wie es beim Vaterschaftsurlaub der Fall gewesen ist. Frauenpolitik liegt mir sehr am Herzen. Nächstes Jahr feiern wir 50 Jahre Frauenstimmrecht und ich bin im Vorbereitungskomitee für die Feierlichkeiten. Einer der Höhepunkte wird die 1. August - Feier, die wir vom SGF zusammen mit anderen Frauendachverbänden auf dem Rütli ausrichten dürfen, eben ein Frauen-Rütli und im Oktober 2021 findet auch die Frauensession im Bundeshaus statt. Es bedarf weiterhin noch Anstrengungen bei der Gleichstellung und bei der wirtschaftlichen und sozialen Chancengleichheit.

Wie sieht für dich die Zukunft der Porzi aus?

Das ist ein grosses Thema in Langenthal, wobei ich vielleicht eine etwas eingeschränkte Optik habe. Aus Museumssicht ist es wichtig, die Porzellansammlung zu sichern. Das ist das Designerbe der Schweiz. Mir würde das Herz bluten, wenn das nicht in Langenthal oder zumindest im Oberaargau bleiben würde. Auf dem Porziareal sind architektonisch sehr wertvolle Bauten. Die Ofenhalle von Hector Egger ist gebaut wie eine gotische Kirche mit mit dem Hauptschiff und den Seitenschiffen mit den Öfen - das ist etwas Einzigartiges. Diese geschützten Bauten muss man sobald wie möglich sanieren und nutzen. Es braucht einen vernünftigen Mix zwischen Wohnen, Arbeiten und Kultur.  Ich würde mir wünschen, dass zwischen den beiden Parteien ein Dialog entsteht. Das ist doch eine gute schweizerische Tradition, dass wir Dinge ausdiskutieren und Kompromiss finden.Wir müssen bald eine Lösung finden, denn die Bauten und die Sammlung zerfallenam Ende verlieren wir alles.

Was sind die Vorzüge von Langenthal?

Es ist gross genug, um alles machen zu können und klein genug um die die Menschen und Begebenheiten zu kennenfür mich als Mutter war das früher sehr beruhigend. Langenthal bietet viele Arbeitsplätze. Es ist unglaublich, wie viele Pendler*innen zum Arbeiten hierher kommen. Wir haben viele Schulen, viele Freizeitmöglichkeiten, wir können Konzerte, Theater und  Museen besuchen und haben ein Breiten- und Spitzensportangebot.  Langenthal bietet eine sehr hohe Lebensqualität. Ich habe Langenthal einfach gerne.

Und was sind die Schattenseiten von Langenthal?

Hm, vielleichtalso es betrifft jetzt nicht nur Langenthal, aber wir haben eine gewisse Bildung von Szenen. Zum Beispiel am Bahnhof  oder auf dem Wuhrplatz. Da bräuchte es mehr Mut, etwas dagegen zu unternehmen, genauer hinzusehen. Grundsätzlich bin ich aber ein  positiver Mensch. Deshalb finde ich spontan wenige Schattenseiten.

Wie war dein Gefühl nach der ersten Stadtratssitzung?

Oh, die war superlang. Man musste wirklich konzentriert sein.  Mir wurde bewusst, was für eine Verantwortung dieses Amt mit sich bringt. Zugleich hatte ich trotz Müdigkeit ein Hochgefühl, weil man diskutieren konnte und einander zugehört hat, um das Beste für Langenthal zu entscheiden.

Dein Lieblingsbundesrat oder deine Lieblingsbundesrätin?

Karin Keller – Sutter. Pragmatisch. Lösungsorientiert. Sie drückt sich klar und verständlich aus und hat ein feines Gehör für Anliegen und Sorgen. Und ihr Departement ist wirklich kein leichtes.

Wie bist du zur Politik gekommen?

Ich bin schon lange in Verbandspolitik tätig. Irgendwann wird das zwangsläufig zur Politik. Es lag einfach nahe, das zu erweitern. Der Dachverband der Frauenvereine (SGF) zum Beispiel setzt sich für die Anerkennung von Freiwilligenarbeit, Gleichstellung von Frau und Mann und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. ein. Da braucht es die Politik, um etwas zu erreichen. So hat SGF folgerichtig auch Einsitz in der Eidgenössichen Kommission für Frauenfragen. Und im Museum macht man auch immer Kulturpolitik.

Auf was könntest du abgesehen von Lebensnotwendigen nicht verzichten?

Auf Bücher. Mein Mann fragt mich regelmässig, ob ich wirklich immer drei Bücher auf dem Nachttisch haben muss. Tatsächlich lese ich nach je nach Laune mal dieses, mal jenes. Was allerdings nicht allzu erstaunlich ist, denn ich habe Germanistik und Anglistik studiert.

Gibt es Dinge in deinem Leben, die du im Rückblick anders gemacht hättest?

Das finde ich schwierig zu beantworten. Denn du handelst immer in der Position, in der du gerade bist und mit dem Wissen, das du gerade hast. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, was man anders hätte tun sollen. Doch aus Fehlern lernt man, man sammelt Erfahrungen. Alles was ich gemacht habe, hat mich geformt und zu der Person werden lassen, die ich heute bin. Also würde ich nichts ändern.

Welche politischen Baustellen in Langenthal machen dir Sorgen?

Die Sicherung der Porzellansammlung ist mir wichtig. Und der finanzielle Haushalt beschäftigt mich. Wir müssen mit Vorsicht und vor allem nachhaltig investieren. Letzthin war ich bei einem Vortrag über ICT 4 Kids. Dieses Projekt  hat Langenthal viel gekostet, aber das Geld wurde mit weitsichtig investiert und wird gerade in der Corona-Zeit bald seine Früchte tragen. Auch die Debatten über Klima und Umwelt sind in Langenthal angekommen. Wir sind eine Energiestadt und sollten auch entsprechend handeln. Da könnten wir schon ein paar Schritte mehr wagen. Bei jeder Investition müssen wir uns überlegen, ob sie vereinbar ist mit  den Ansprüchen der nächsten Generation.  Wie wollen wir die Stadt an unsere Kindern und Enkelkinder übergeben? Sowohl bei der Finanzplanung als auch den geplanten Sanierungen muss die Umweltverträglichkeit eine grosse Rolle spielen.

Was ist dein Mittel gegen Traurigkeit?

Arbeit, Familie und Freundinnen. Wobei Arbeit das falsches Wort ist. Es geht mehr darum aktiv zu bleiben, etwas bewegen zu können. Du brauchst aber auch Leute, die dir den Rücken stärken und auch mal was Albernes und Belangloses mit dir machen. Generell neige ich aber nicht zur Traurigkeit.

Warum braucht es Kultur in Langenthal?

Weil man von der Arbeit allein nicht satt wird. Kultur ist übrigens auch ein wunderbares Mittel gegen Traurigkeit. Egal ob Sport oder Kultur, beides bereichert dich und gibt dir seelische Nahrung. Gerade in der momentanen Situation, in der wir physisch nicht reisen können, können wir zumindest per Buch und Musik reisen.

Wo kann man dich in Langenthal antreffen abgesehen vom Museum natürlich?

Ich besuche gerne das Stadttheater oder Konzerte oder mein Lieblingskino, das Scala. Mit meinen Freundinnen gehe ich auch öfters in die Innenstadt Kaffee trinken. Ich kaufe ehrlich gesagt auch gerne ein, ich mag es neue Sachen kennenzulernen. Dabei ist es mir wichtig lokal einzukaufen. 

Und wo findet man dich in Langenthal eher nicht?

In letzter Zeit trifft man mich eher weniger in Badi. Früher, als meine  Tochter noch klein war, war ich da oft. In den Schulen bin ich natürlich auch seltener, seit sie erwachsen ist. Die Schulen kommen dafür heute zu mir ins Museum. 

Wenn du alleine über das Budget der Stadt entscheiden könntest in welchem Bereich würdest weniger ausgeben?

Heutzutage, mitten in der Corona-Krise ist das eine sehr undankbare Frage. Aus meiner Sicht ist das städtische Budget so noch in Ordnung. Es berücksichtigt verschiedene Bedürfnisse und ist ausgewogen. In Hinblick auf die Zukunft müssen wir sorgfältiger planen, aber zu stark kürzen sollten wir auch nicht.

Warum braucht Langenthal eine starke FDP?

Weil Langenthal eine Partei braucht, die sich für einen wirtschaftlichen Standort stark macht. Wir brauchen Arbeitsplätze in Langenthal, denn dadurch generieren wir Einnahmen. Wir brauchen eine  Partei, die den Behörden auf die Finger schaut. Wir dürfen nicht in Bürokratie versinken. Es  braucht eine starke FDP, die sich für Frauen und die Umwelt einsetzt.

Was sind deine Ziele als Stadträtin?

Ich möchte mich für Kultur und Sport engagieren.  Das kommt aktuell manchmal ein bisschen zu kurz. Ein grosses Thema für mich, ist die Sicherung der Porzellansammlung und das Fördern von Freiwilligenarbeit.  Ohne Freiwilligenarbeit wäre die Schweiz heute nicht da, wo sie jetzt ist, deshalb müssen wir das besser honorieren. Die Finanzen müssen wir im Griff haben. Ich erinnere mich noch an die Zeit vor dem Verkauf der Onyxaktien. Damals hatte Langenthal  hohe Schulden. Das war ein enges Korsett. Die Stadt  konnte sich keinerlei Investitionen leisten. Deshalb müssen wir das Geld vernünftig einsetzen. Wir sollten es nicht aus dem Fenster werfen, aber uns auch nicht kaputt sparen.

Was gehört nach deiner Ansicht auf eine Pizza?

Tomatensauce, feiner Mozarellakäse, Rucola Blätter. Ich bin beim Kochen sehr bodenständig. Ich koche mit dem, was uns die Saison jeweils bietet.

Abschlussfrage: Wie sieht die perfekte Wahlparty für dich aus?

Also aktuell mit Abstand, Desinfektionsmittel und Maske.  Für mich wäre die perfekte Wahlparty, dass wir uns überhaupt sehen können. Und es wäre schön,  ein paar FDP Gemeinderäte und Stadträte mehr zu haben.

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