Samstag, 14. November 2020

Telefonieren mit Lama: Jürg Schenk



Jürg Schenk sitzt für die EVP im Stadtrat. Er ist Stationsleiter in der Klinik SGM Langenthal, die eine anerkannte Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik ist. Im Interview definiert er die vielzitierten christlichen Werte und äussert sich zu der Frage, warum Politiker*innen oft gegen einen schlechten Ruf zu kämpfen haben.

Bist du eher ein Gruppentyp oder eher ein Einzelgänger?

Früher war ich ein Gruppentyp, heute bin ich eher ein Einzelgänger. Das hängt aber stark mit meiner beruflichen Laufbahn zusammen. Ursprünglich habe ich auf dem Bau gearbeitet und hatte da wenige Sozialkontakte. Deshalb suchte ich dann im Feierabend Anschluss. Heute ist es umgekehrt. Ich habe bei der Arbeit viel sozialen Kontakt, privat bin ich lieber auch mal für mich.

Wieso hast du dich dafür entschieden, beruflich ganz andere Wege einzuschlagen?

Ich war langer Zeit als Spengler-Sanitär Installateur tätig… und hatte plötzlich genug. Danach arbeitete ich vier Jahre im Kinderheim und absolvierte eine Ausbildung zum Pflegefachmann HF Psychiatrie. Ein herausfordernder Job, aber ich möchte es nicht anders.

Warum hast du dich für das Stadtratsamt entschieden?

Weil ich das das Gefühl hatte, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen. Damit ein Gemeinwesen und eine Stadt funktioniert, braucht es Leute, die sich dafür einsetzen.

Was sind deine Schwerpunkte im Stadtrat?

Vom Job her sind mir soziale Anliegen zwar sehr nahe, aber ich bin auch Mitglied in der Finanzkommission. Ich habe durch den Tag sehr viel mit Menschen zu tun, da schlag ich mich zwischendurch auch gerne mal mit Zahlen rum. Für mich ist das oft Psychohygiene. Soziales und Finanzen beisst sich ja manchmal, aber dadurch, dass ich auf dem Land aufgewachsen bin und mich beruflich stark verändert habe, bin ich eben breit aufgestellt, was meine Interessen betrifft.

Wie wichtig ist Politik in deinem Leben?

Als junger Mann war ich weltpolitisch sehr interessiert. Mit der Lokalpolitik konnte ich weniger anfangen. Später hat sich deren Stellenwert für mich vergrössert. Aber Familie und Beruf kommen für mich immer noch an erster Stelle.

Was nervt dich an der Politik?

Mich nervt es, wenn es nur um Eigeninteressen geht. Psychologisch gesehen ist es zwar spannend einen Narzissten zu beobachten, aber den Stuss, den er rauslässt, ist trotzdem extrem mühsam. Generell stört es mich, wenn es Politiker*innen nicht um das Wohl der Gesellschaft geht.

Deine Lieblingsband?

Ich habe früher selber viel Brassbandmusik gemacht und war auch öfters auf Tournee im Ausland. Diese Art von Musik höre ich heute noch gerne, aber ich bin da nicht fokussiert auf eine Band.

Warum bist du in der EVP?

Mir sind christliche Werte wichtig. Viele Werte, die wir auch heute in der Gesellschaft noch hochhalten, beruhen auf einem christlichen Fundament. Zum Beispiel unser Gesundheitswesen oder auch das Sozialwesen. Leider ging es in der christlichen Welt oft um Macht. Aber die Werte wurden trotzdem an uns weiter vermittelt und ich versuche, mit meiner Familie nach ihnen zu leben.

Was sind christliche Werte?

Ehrlichkeit. Und die Menschen so anzunehmen, wie sie sind. Christlich sein bedeutet, den Menschen ins Zentrum des eigenen Handelns zu stellen. Das heisst nicht, dass man immer „Ja“ sagen muss, im Gegenteil. Manchmal muss man auch etwas verneinen und sagen, so geht es nicht. Elementar dabei ist, stets das Wohl der Menschen im Auge zu behalten.

Wie wichtig ist Glauben für dich?

Sehr wichtig. Mir gibt der Glauben Stabilität, gerade bei meiner Arbeit in der Psychiatrie. Da kannst du nicht immer alles im Griff haben. Deshalb ist es gut zu wissen, dass noch jemand anderes für die Menschen da ist und zu ihnen schaut. Das ist enorm wertvoll.

Warum brauchen wir eine starke EVP?

Um die Mitte zu stärken. Ich fühle mich sehr der Mitte zugehörig und sehe das Zusammenführen der beiden Pole als unsere Kernaufgaben. Wir müssen Kompromisse finden und brauchen eine EVP, die stark ist und sowohl die Menschen als auch die Schöpfung und die Natur vertritt. Es ist wichtig, dass wir Sachgeschäfte bearbeiten können, ohne zu sehr nach links oder rechts zu driften. Dass wir unabhängig von Seiten vorwärts kommen ist mir ein grosses Anliegen.

Ostern oder Weihnachten?

Vom christlichen Standpunkt her bevorzuge ich Ostern, vom familiären Aspekt her mag ich Weihnachten lieber. Für mich bedeutet Ostern, dass das Leben nach dem Karfreitag weitergeht und wieder aufblüht. Und Weihnachten ist natürlich schön wegen den Kindern und ihrer Freude über die Geschenke.

Von welcher Stadt könnte sich Langenthal eine Scheibe abschneiden?

Es wäre schön, wenn wir ein Schloss wie Burgdorf hätten. Das ist wirklich mega schön.

Was war bis jetzt die grösste Herausforderung in deinem Leben?

Es gab schon Schicksalsschläge in der Familie. Aber ich bin jemand der lieber vorwärts schaut. Aus meinem Glauben ziehe ich die Gewissheit, dass sich immer wieder eine Tür öffnet. Glaube und Familie, das sind meine Ressourcen, mit denen ich Herausforderungen meistere.

Dein Lieblingsplatz in Langenthal?

Die Wässermatten. Dort kann ich mich bei einem Spaziergang optimal erholen.

Was macht Langenthal aus?

Der Reiz vom Dörflichen und Städtischen. Die Einheimischen sprechen ja vom Dorf, Zugezogene von der Stadt. Wir haben ein schönes Stadttheater und viele hübsche Quartiere, die auf ihre Art sehr wertvoll sind. Und bald haben wir einen tollen neuen Bahnhof.

Auf was kannst du nur schwer verzichten?

Auf meine Familie. Und auf die Zeitung, wobei ich die eigentlich immer zu spät lese, nämlich abends. Mir hilft das beim Runterfahren.

Warum haben Politiker*innen einen schlechten Ruf?

Ich habe das Gefühl, dass die politischen Entscheidungen für die weniger interessierte Bevölkerung oft schwer nachvollziehbar sind. Manchmal wissen die Leute auch einfach schlicht zu wenig über die Zusammenhänge und können daher nicht verstehen, warum etwas entschieden wurde.

Was sind deine Grundsätze beim Politisieren?

Ich möchte pragmatisch handeln und so, dass es der Gesellschaft dient. Auch Nachhaltigkeit ist ein grosses Thema für mich. Natur und Umwelt sollen nicht kaputt gemacht werden.

Wie sieht die Zukunft der Porzi aus?

Also, wie sie genau aussehen wird, kann ich nicht sagen. Aber was ich mir wünschen würde, wäre ein langsam wachsendes Quartier, wo sowohl das Kleingewerbe als auch Wohnraum Platz hat. Ob das machbar ist, ist die andere Frage.

Was ist dein nächster Neujahrsvorsatz?

Gar keiner. Ich mache mir nie Neujahrsvorsätze. Vielleicht bin ich aus dem Alter raus. Das Leben kommt so, wie es kommt.

Warum mahlen die Mühlen der Politik in Langenthal langsam?

Ich bin nicht sicher, ob sie wirklich so langsam mahlen – sehen wir jetzt mal von diesem zwölfjährigen Postulat ab, dass letzthin im Stadtrat besprochen wurde. Es ist wichtig, die Leute mitzunehmen. Bei vielen Projekten mussten wir plötzlich vorwärts machen, weil Bund und Kanton sonst nichts gezahlt hätten. Wenn wir früher angefangen und kleine Schritte vorwärts gemacht hätten, wären wir am gleichen Ort, hätten aber dafür nicht ständig das Gefühl, im Hintertreffen zu sein.

Was kann Langenthal machen um nachhaltiger zu sein?

Vor allem im Energiebereich müssen wir eine Lösung finden. Aber das ist enorm anspruchsvoll. Ich habe zu diesem Thema viel gelesen. Die Frage ist, was man in Langenthal umsetzen könnte… vielleicht bräuchten wir eine Windmaschine, die den Nebel wegpustet, damit wir die Sonnenenergie nutzen könnten. Die Maschine müsste natürlich mit einem Velo angetrieben werden. Strampeln könnte dann ja vielleicht der Stapi. 

Was war die grösste politische Niederlage der EVP?

Eindeutig der Verlust des Gemeinderatssitzes von Daniel Rüegger. Er hat gute Arbeit geleistet und die Bevölkerung hat das nicht honoriert. Das hat unsere Partei richtig durchgerüttelt und es eindeutig als Niederlage erlebt.

Welchen Film siehst du dir immer wieder an?

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Der ist einfach härzig. Und die Musik finde ich sehr schön.

Wie müsse das Wahlresultat für die EVP ausfallen, damit du zufrieden bist?

Wir würden gerne den Gemeinderatssitz zurückerobern und hätten auch gerne zwei Stadträte – oder Stadträtinnen* mehr.

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