Montag, 16. November 2020

Telefonieren mit Lama: Fanny Zürn


 

Fanny Zürn studiert an der Uni Freiburg Sozialarbeit und Sozialpolitik. Die junge Frau ist aktiv im Klimastreik Schweiz. Im Interview legt sie dar, warum auch Ausländer*innen das Wahl – und Stimmrecht erhalten sollen. Und  sie verrät ihre grösste Macke.

Philosophin oder Praktikerin?

Ich denke, ich bin beides. Zwar denke ich gerne auch tiefer über Dinge nach und diskutiere auch viel über Theorien, aber ich will die verschiedenen Ideen dann auch umsetzen. Und ich bin ein Mensch, der sehr gerne handwerklich tätig ist.

Popmusik oder Rockmusik?

Popmusik. Und da mag ich eine grosse Bandbreite an Künstlern.

Woher kommt dein Interesse für Politik?

Ich war schon als kleines Mädchen sehr fasziniert von politischen Gesprächen, weil ich gemerkt habe, dass sich Leute sehr schnell an den Kragen gehen, wenn sie unterschiedlicher Meinung sind und ungewöhnlich leidenschaftlich werden. Ausserdem konnte ich mich eigentlich immer recht gut artikulieren, wenn mir was nicht gepasst hat und  habe schnell  Feuer für etwas gefangen. Diskussionen mit meinen Eltern politisierten mich ebenfalls. Durch die Klimafrage erwachte das Interesse an politischen Prozessen  dannnoch mehr.

Wann hast du angefangen dich für die Umwelt einzusetzen?

Ich war ziemlich früh sehr „mühsam“ beim Thema Nachhaltigkeit, weil ich zum Beispiel zuhause immer konsequent das Licht in den anderen Zimmern ausgeschaltet habe. Aber richtig verstanden was für Konsequenzen es hat, wenn man die Umwelt einfach missachtet, habe ich vor etwa fünf Jahren.

Wieso hast du dich dafür entscheiden, für den Gemeinderat/Stadtrat zu kandidieren?

Weil ich viele Ideen und Projekte habe und es cool wäre, die in Langenthal umsetzen zu können. Die Klimajugend Oberaargau hat ja verschiedene Vorschläge in den Stadtrat eingebracht, aber bis jetzt wurde nichts davon in Angriff genommen. Da habe ich verstanden, dass man fast ein Amt innehaben muss, um ein Projekt wirklich starten zu können. 

Was wäre so ein Projekt?

Wichtig für mich wäre vor allem die Einführung des  Abstimmung – und Wahlrechts für Ausländer*innen auf kommunaler Ebene. Ich habe die Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft. Die Idee hinter der  Demokratie ist es, dass Entscheide vom Volk getroffen werden. Daher ist es nicht richtig, nur einen Teil daran teilhaben zu lassen. Und Ausländer*innen sind von den Entscheidungen genauso betroffen wie alle Schweizer*innen auch. Dann sollen sie auch mitbestimmen können.

Möchtest du auch das Jugendstimmrecht 16 einführen?

Also, ich würde jetzt nicht beides gleichzeitig einführen. Allerdings macht es sicher Sinn, Jugendliche früher einzubinden. Sie werden zwar politisch gebildet, können das Erlernte aber oft erst drei Jahre später anwenden. Bis dahin ist vieles wieder vergessen. Und so verlieren wir viele Jugendliche auf dem Weg.

Warum sind Demonstrationen wichtig für eine Demokratie?

Es ist eine Form der freien Meinungsäusserung. So kann man den Blick auf etwas lenken, was momentan nicht im Fokus ist. Demonstrationen lösen bei Menschen etwas aus. Man wird emotional mitgenommen. Manche Menschen stösst es auch ab, aber trotzdem setzen sie sich dann mit dem Thema auseinander.

Wie gehst du damit um, dass die einen Menschen sehr viel Hoffnung in eure Bewegung setzen und die anderen Menschen euch sehr viel Abneigung entgegenbringen?

Wichtig ist es, immer Respekt voreinander zu haben. Man kann anderer Meinung sein, aber man muss unbedingt den Dialog beibehalten. Uns ist das Thema  zu wichtig, als dass uns jemand davon abhalten könnte, uns weiter dafür einzusetzen. Und ich bin überzeugt, dass wir auch Menschen, die uns gegenüber eine negative Einstellung haben, bewegen können. Allein durch unsere Existenz.

Wie nachhaltig agiert Langenthal?

Langenthal hat viel Potential, dass wir nicht ausschöpfen. Im Energierichtplan zum Beispiel fehlen die Ambitionen. Wie kommen wir aus den fossilen Energien raus? Dafür braucht es einen konkreten Plan mit Lösungswegen. Die Stadt soll Möglichkeiten bieten, dass alle Individuen nachhaltig leben können, unabhängig von ihren Einkommen. Also, dass sie den ÖV nutzen können, regionale Einkaufsmöglichkeiten und Zugang zu Gartenflächen haben. Und wir müssen den Langsamverkehr fördern.

Deine prägendste Erinnerung aus der Schulzeit?

Eine schöne Erinnerung ist, wie ich früher mit den Jungs in den Pausen immer Fussball gespielt habe.

Hast du ein Vorbild?

Jacinda Ardern, die neuseeländische Premierministerin. Weil sie Wert auf einen menschlichen Umgang in der Politik legt. Sie hat  andere Schwerpunkte gesetzt, als wir es von Staatsoberhäuptern gewohnt sind. Und sie hat bewiesen, dass man trotzdem politisch erfolgreich sein kann. 

Was können wir von einer Gemeinderätin Fanny Zürn erwarten?

Dass ich mich mit Herzblut für Langenthal einsetzen werde und alles geben werde, um die Stadt sozialer und nachhaltiger zu gestalten

Wie war  dein Eindruck, als du das erste Mal als Zuschauerin den Stadtrat besucht hast?

Ich empfand die Wortgefechte zum Teil als sehr langatmig. Da könnte man  schneller auf den Punkt kommen, um nicht alles so in die Länge zu ziehen. 

Wie sieht ein perfekter Start in den Morgen für dich aus?

Perfekt ist, wenn ich möglichst lange ausschlafen kann. Und dann gemütlich aufstehen, brunchen und ein wenig Musik hören kann.

Wer ist der wichtigste Mensch in deinem Leben?

Da gibt es verschiedene. Wichtige Bezugspersonen sind für mich meine Mutter und meine beste Kollegin.

Tut Langenthal genug für die jungen Menschen?

Es dürfte noch mehr Begegnungszonen geben, wo Junge unter sich bleiben können. Letztens war ich in Basel in einem Park und dort standen für die Kinder überall Spielsachen zur freien Verfügung. Das fehlt in Langenthal. Klar, es gibt den Rumipark, den könnte man allerdings wirklich attraktiver gestalten. Zum Beispiel könnte man eine Bar einrichten, damit die Eltern verweilen könnten, während die Kinder spielen. .

Dein Lieblingsschimpfwort?

Cazzo di merda. Das macht eigentlich keinen Sinn, aber ich kombiniere das immer so.

Deine grösste Macke?

Ich kann sehr vorlaut sein. Mein Mund funktioniert manchmal schneller als mein Kopf. Dann denke ich dann jeweils am Abend: Okay, das ging jetzt wieder voll in die Hose.

Was muss sich in Langenthal ändern?

Allgemein der Umgang mit der Porzi. Meiner Meinung nach müsste Langenthal da anders Stellung beziehen. Das ist ein so schöner Platz und er  ist wichtig für unsere Geschichte, Wie der Wuhrplatz ist die Porzi ein  wichtiger Ort zum Verweilen. Deshalb braucht es eine faire Lösung für die Menschen, die momentan dort arbeiten. Der jetzige Charme der Porzi muss bewahrt werden.

Was sollte in Langenthal unbedingt so bleiben wie es ist?

Das Kleinstädtische. Der Wochenmarkt. Die Tatsache, dass man sich zumindest vom Sehen her kennt. S’Chrämi. Die Fahrbar. Und der Wuhrplatz.

Was bringt dich auf die Palme?

Wenn man was verspricht und es nicht einhält. Ich bin ein sehr wertgesteuerter Mensch, daher stört es mich, wenn man Profit über Werte stellt.

Dein Mittel gegen schlechte Laune?

Viel schlafen, Musik hören, mich mit Leuten treffen, die ich mag, was Lässiges unternehmen und zusammen etwas trinken gehen.

Wenn du Königin von der Schweiz werden würdest: Was wäre deine erste Handlung?

Dann würde ich wahrscheinlich erst die Füsse auf den Tisch legen und in lautes Gelächter ausbrechen. Schliesslich würde ich mich für die Geflüchteten in Moria einsetzen, denn das was dort in den Flüchtlingscamps geschieht, ist nicht human. Und ich würde mich dafür einsetzen, dass alle Menschen ein lebenswertes Leben führen könnten.

Der glücklichste Moment in deinem Leben?

Ich hatte sehr schöne Momente in Italien, als ich eine Töpferschule besucht habe. Dort habe ich Menschen aus verschiedenen Ländern kennengelernt, die ich mega gern bekommen habe. Es war sehr spannend, mich mit ihnen auszutauschen. Und sehr lustig.

Was sind deine Pläne für Zukunft?

Mein Studium möchte ich im Sommer beenden. Für die Zeit danach, habe ich verschiedene Ideen, aber ich lasse noch offen, wie ich mich entscheiden werde, da  im Moment alles sehr unsicher ist. Eine politische Arbeit würde mir gefallen, aber ich könnte mir  auch vorstellen einen Secondhandladen zu eröffnen und Begegnungsorte für andere Menschen zu schaffen.

Dein Lieblingsgetränk:

Apfelschorle und Flauders.

Abschlussfrage: Wie würde deine Reaktion ausfallen, wenn du gewählt werden würdest?

Dann würde ich eine Woche lang mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht rumlaufen. Und mit den Menschen feiern, die mir am Herzen liegen. 

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