Montag, 9. November 2020

Telefonieren mit Lama: André Rentsch

 

 

André Rentsch (JLL) ist zwar nicht in Langenthal aufgewachsen, war aber schon immer eng verbunden mit der Stadt. Inzwischen arbeitet er als Bauleiter im Ingenieurbüro Scheidegger AG und absolviert mehrere Weiterbildungen. Im Interview beschreibt er seine Leidenschaft für den SCL und erzählt auch, welchen Schabernack er als Schüler getrieben hat.

Bist du eher ein Morgen – oder ein Nachtmensch?

Tatsächlich ist beides bei mir sehr stark ausgeprägt. Ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die mit wenig Schlaf auskommen. 5 - 6 Stunden reichen mir aus. Weil ich am Morgen gerne noch einige Dinge erledige, stehe ich meist vor sechs Uhr auf.

Was war dein Lieblingsfach in der Schule?

Eindeutig Sport. Und von den Hauptfächern standen Mathe und Geografie bei mir hoch im Kurs. 

Warst du ein Musterschüler oder eher ein Rebell?

Da müsste man fast den ehemaligen Schulleiter Peter Rubeli fragen, was er dazu meint. Nein, ich war schon ein ziemlich grosser Rebell. Wenn es darum ging, den Lehrpersonen Streiche zu spielen, stand ich oft an vorderster Front. Einmal haben wir zum Beispiel im ganzen Musikzimmer Knoblauchzehen versteckt. Das stank so fürchterlich, dass der Unterricht für diesen Tag ins Wasser fiel. Und ein anderes Mal haben wir in Hauswirtschaft den Boden mit Zuckerwasser aufgewischt und die nächste Gruppe musste dann die Sauerei beseitigen. Aber wir blieben immer innerhalb gewissen Grenzen. Ich kann heute noch allen Lehrern – und Lehrerinnen*   in die  Augen schauen und wir können auch gemeinsam über diese Schulsünden lachen.

Warum hängt dein Herz so am SCL?

Das habe ich mich letzthin auch gefragt, als ich in den Vorstand vom SCL Verein gewählt wurde. Seit ich denken kann gehört der Club zu meinem Leben. Zuerst war ich mit meinem Grossvater und Eltern an den Matches, später dann mit Freunden. Das war immer auch mit vielen Emotionen verbunden. Ich erinnere mich zum Beispiel noch an den Aufstieg des SCLs in die zweite Liga: Nach wie vor ist der Club für mich ein Lebensbegleiter. Ich treffe dort immer noch viele Bekannte und kann auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen. Der SCL bietet zudem mehr als einfach spannende Spiele, er ist auch sehr engagiert. So hat er eine gute Jugendabteilung und ein erfolgreiches Damenteam (das dieses Jahr hoffentlich aufsteigen kann) aufgebaut. Und er sorgt dafür, dass die Gemeinden im Oberaargau näher zusammenrücken. Wir haben da zum Teil noch immer ein grosses „Gärtlidenken“, wie wir z.B. an den ganzen Diskussionen rund um die Umfahrungsstrasse Aarwangen sehen. Der SCL weicht diese Grenzen auf.

Warum braucht die Stadt einen Hockeyclub?

Weil es ein Ort ist, wo sich nicht nur Jung und Alt, sondern auch Leute aus allen Schichten treffen können. Da sind nicht nur die Anzugträger, sondern auch das einfache Volk und alle fiebern mit Langenthal mit. Man kommt auch mit Leuten zusammen, mit denen man sonst eher weniger Kontakt hat, weil man vielleicht in verschiedenen Parteien ist oder aus anderen Gründen keine Berührungspunkte hat. Der SCL ist ein sehr erfolgreicher Hockeyclub über den nicht nur in Langenthal geredet wird. Eine Meistertitelfeier sorgt schweizweit für Schlagzeilen und dient der Region. Wobei wir natürlich auch andere erfolgreiche Sportclubs hier haben.

Was haben Sport und Politik gemeinsam?

Beides braucht eine Strategie. Sowohl im Mannschaftssport, als auch in der Politik ist es wichtig, im Team zu arbeiten und Kompromisse einzugehen, um erfolgreich ans Ziel zu kommen.

Dein Lieblingsfilm als Kind?

Ich habe nie so viel Zeit damit verbracht, Fernsehen zu schauen, weil ich immer lieber draussen was unternommen habe. Aber ein Film, den ich mehrmals gesehen habe, war Tarzan. Mir hat das noch imponiert, wie er sich da durch den Urwald geschwungen und mit Gorillas gelebt hat.

Wann kam der Entscheid in die Politik zu gehen?

Ich war schon in der Schule politisch interessiert, wollte selbst aber nie politisch aktiv werden, weil keine Partei wirklich zu mir passte. Dann fragte Michel Giesser mich für das Vizepräsidium der JLL an. Das musste ich mir schon erst gründlich überlegen, aber schliesslich habe ich mich dafür entschieden. Und bereue es überhaupt nicht. Gerade als junger Mensch ist es wichtig, nicht nur zu jammern, sondern auch zu versuchen aktiv mitzugestalten. Für mich hat sich das Engagement in den letzten dreieinhalb Jahren gelohnt. In Thunstetten war Ich für die FDP in der Sozialkommission tätig und kantonal durfte ich zudem immer wieder an Aktionen teilnehmen, wie zum Beispiel an der BEA am Stand der FDP. Es macht Spass mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen und den Puls zu fühlen.

Was unterscheidet die Jungliberalen von anderen Parteien?

Als einzige Jungpartei sind wir seit Jahrzehnten im Parlament vertreten. Wir haben ein eigenes Profil und sind nicht einfach ein Spiegel der FDP.  Uns geht es aber nicht einfach darum, zu rebellieren, wir wollen Lösungen mit Verstand präsentieren.  Dabei streben wir nicht in erster Linie eine möglichst grosse Medienpräsenz an, sondern bemühen uns um sachliche Lösungen. Andere Jungparteien geht es mehr darum, aufzufallen, wir wollen als ernsthafter Player wahrgenommen werden.

Deine Lieblingsfrucht?

Eigentlich esse ich viel lieber Gemüse als Früchte. Wenn es unbedingt eine Frucht sein muss, dann eine Kiwi. Apfelkuchen mag ich auch sehr gerne, aber rohe Äpfel mag ich gar nicht.

Euer Wahlslogan ist: Langenthal kann. Was kann Langenthal nicht?

Langenthal kann alles – aber manches besser, manches schlechter, Langenthal kann viel bieten, wir haben hier viel Gewerbe und es gibt kaum einen Laden, der hier nicht vertreten  ist, gerade im Bereich der Kleiderbranche. Langenthal hat alles was man zum Leben braucht. Was die Digitalisierung betrifft, könnten wir die Möglichkeiten noch mehr ausschöpfen. Gerade auf Stadtverwaltung könnte man so die Prozesse noch optimieren.

Welche verlorene Abstimmung der letzten Jahre hat dich persönlich am meisten geschmerzt?

Das war schon die vom 9. Februar, als der Unterstützungsbeitrag für den SCL Nachwuchs vom Langenthaler Stimmvolk abgelehnt wurde. Ich bedaure die Dynamik, die im Abstimmungskampf entstanden ist und dass die anderen Sportvereine ein solches „Gärtlidenken“ an den Tag gelegt haben. Ich bin überzeugt, hätte man diese Vorlage angenommen, hätten die anderen Vereine auch davon profitiert, weil sie ebenfalls leichter Vergünstigungen hätten fordern können.

Welche Art von Musik bevorzugst du?

Ironischerweise Musik, die man eher dem linken Spektrum zuordnet. Meine absolute Lieblingsband ist Patent Ochsner. Und auch die Konzerte der Toten Hosen besuche ich gerne, auch wenn ich die Musik privat jetzt nicht so viel höre. 

Wie sieht Langenthal in zwanzig Jahren aus?

Ich hoffe, grösser. Es wäre schön, wenn wir mit ein paar umliegenden Gemeinden, also Loztwil, Thunstetten oder Roggwil fusionieren und man die daraus entstehenden Synergien nutzen würde, so dass Langenthal zu einem grossen Zentrum werden würde. So könnte man auch die verschiedenen Verwaltungen zusammenlegen.

Welche Eigenschaften braucht es, um in der Politik Erfolg zu haben?

Gut, es wäre schlecht wenn jeder Politiker und jede Politikerin* die gleichen Eigenschaften hätte. Geduld ist sicher wichtig und die Fähigkeit, einstecken zu können. Es braucht Zielstrebigkeit. Dabei darf man sich nicht einschüchtern lassen von anderen Meinungen. Vielleicht braucht es auch Mut, unpopuläre Meinungen zu vertreten. Und man muss akzeptieren können, wenn’s mal nicht nach dem eigenen Kopf läuft. 

Wenn du dir eine Zauberkraft aussuchen könntest, welche wäre das?

Das ist für mich fast ein wenig zu abstrakt, weil es für mich keine Zauberkräfte gibt. Aber wenn ich eine Superkraft wählen könne, dann wäre es die, nie schlafen zu müssen, sondern den ganzen Tag Sachen erledigen zu können und Spass zu haben. Es wäre schon cool, die 24 Stunden, die der Tag hat, komplett nutzen können.

Was wäre dein erstes Ziel als Stadtrat?

Alle Kollegen – und Kolleginnen* zu kennen. Ich habe jetzt nicht das Gefühl, gleich an der ersten Sitzung schon einen Vorstoss einzubringen, da warte ich lieber ein paar Sitzungen ab und lerne erst einmal den Betrieb kennen. Ein allgemeines Ziel für mich ist es gute Konditionen und Trainingsmöglichkeiten für unsere Sportclubs zu erwirken. Das kostet was, aber es ist Geld, das wir in unsere Jugend investieren. So können wir Kinder auch wegbringen von Internet, von Fernsehen und von Computerspielen (wobei ich durchaus auch mal gerne eine Runde zocke). Die positive Wirkung auf Jugendliche, die sich in Sport oder Kultur engagieren, muss man fördern.

Wie viel Spass macht Wahlkampf?

Grossen Spass, weil du dann immer regelmässiges Feedback von Leuten erhältst. Das ist sehr schade an der Coronakrise, dass wir mit den Menschen weniger ins Gespräch kommen können. Ich schätze das sehr. Es macht aber auch Freude, die Wahlprospekte zusammenzustellen und die Strategie festzulegen. Unsere „Langenthal kann“ Kampagne hat ein grosses Echo bei den Menschen ausgelöst. Wir werden wahrgenommen, ohne dass wir nur unsere Köpfe zeigen à la wir sind die Grössten und Besten, bitte wählt uns. So haben wir Langenthal ins Zentrum gerückt.

Welche drei Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Also, ich gehe jetzt davon aus, dass alles Lebenserhaltende dort vorrätig ist. Ich würde eine Kiste Rotwein mitnehmen, eine Riesentruhe mit Büchern, um mein Wissen zu erweitern und ein Fussball, mit dem man sicher viel anstellen kann.

Wie wichtig ist Erfolg im Leben?

Es ist schon wichtig.  Ich nehme Herausforderungen gerne an. Schon als Kind wollte ich gerne der Schnellste und Beste sein. Die Frage ist natürlich, wie man Erfolg für sich definiert. Wichtig ist es, sich selber ein Ziel zu setzen und das so anzustreben, dass man in den Spiegel schauen und stolz auf sich sein kann. Und dass man an dem was man macht, Freude hat.

Was macht Langenthal besser als andere Gemeinden?

Das ist schwierig zu beantworten, weil Langenthal in der näheren Umgebung halt die einzige Stadt ist. Die politischen Prozesse laufen hier ganz anders, weil wir zum Beispiel einen Stadtrat und keine Gemeindeversammlung haben. Ich bin ja in Thunstetten aufgewachsen und da ist man schon sehr an Langenthal orientiert. So bin ich hier zur Schule gegangen. Langenthal hat ein breites Angebot, gute ÖV – Anbindungen und Ausgehmöglichkeiten. Hier herrscht eine Diversität, die in einer kleineren Gemeinde zwangsläufig weniger vorhanden ist.

Was macht dich glücklich?

Kleine Sachen. Ich versuche eigentlich tagtäglich glücklich sein und negative Gedanken einfach auszublenden. Es braucht kein  bestimmtes Ereignis um mich glücklich zu machen. Aber immer sehr glücklich bin ich in den Bergen. Egal ob ich Skifahren gehe, wandere oder  klettere, dort kann ich den Kopf durchlüften,  abschalten und zur Ruhe kommen.

Was stresst dich am meisten in der Coronakrise?

Ganz viel. Da sind die zehrenden, negativen Neuigkeiten und die nicht nachvollziehbaren Massnahmen, zum Beispiel das Verbot von Grossveranstaltungen in Kanton Bern, obwohl es dort keinerlei bestätigte Infektionen gab. Ich begrüsse sehr, dass der Bundesrat inzwischen eine Vereinheitlichung der Regeln anstrebt, denn gerade der Oberaargau  grenzt an verschiedene Kantone. Aber es ist speziell,  dass der Kanton Bern so vorgeprescht ist. Eine weiterte Kuriosität war, dass Messen zuerst nicht als Grossveranstaltung galten. Zudem leiden Gastro – und Kulturbranche stark unter den Massnahmen.  Privat trifft es mich weniger, ich unternehme natürlich nicht mehr so viel, aber mein eigener Job ist sicher.

Was sind die Chancen der Digitalisierung?

Dass wir vernetzter werden. Bei Corona sehen wir, dass da zum Teil noch wenig erreicht wurde. Die Zahlen werden per Fax gemeldet und müssen dann noch abgeschrieben werden. Die  Digitalisierung kann Prozesse optimieren und beschleunigen. Nehmen wir zum Beispiel Lehrmittel: Habe ich diese als PDF kann ich Begriffe und Themen schnell suchen.  Bei einem  gedruckten Buch mit über fünfhundert Seiten habe ich dagegen Ewigkeiten.

Was sind die Nachteile der Digitalisierung?

Direkt fallen mir  keine ein. Oft spricht man ja davon, dass Jobs wegfallen. Es ist aber eher so, dass sich die Berufe verändern. Und das gab es schon früher. Den Milchmann gibt es heute schliesslich nicht mehr. Ist der Job in Gefahr, hat man Angst. Doch es werden neue entstehen. Es braucht allerdings die notwendige Infrastruktur, also ein starkes Netz. Zum Teil werden noch Kupferkabel verwendet, die das Datennetz gar nicht tragen können. Im Baugewerbe hat man Mühe, diesen veränderten Bedürfnissen schnell genug nachzukommen.

Was muss eine Sportstadt in deinen Augen bieten?

Sie muss die notwenige Infrastruktur zur Verfügung stelle. Das heisst jetzt nicht, dass die Stadt hundert Prozent von der Eismiete übernehmen muss, aber sie sollte mithelfen, sie für möglichst alle zugänglich zu machen.

Abschlussfrage: Wenn es der JLL gelingt den angestrebten zweiten Sitz zu erobern – wie feiert ihr das?

Das hängt stark von Corona ab,  aber wir würden es auf jeden Fall feiern – wahrscheinlich relativ spontan.  Eine Woche nach den Wahlen findet ja unser traditioneller Chlausehöck statt und ich bin zuversichtlich, dass wir da bei einem Raclette auf den zweiten Sitz anstossen können.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Das andere Stadtratsprotokoll - Die Ostern - Edition: Der (Fast) Liveticker zur Stadtratssitzung vom 25.3.2024

  Das Vorgeplänkel ·         Hallo und herzlich willkommen zum neuen exklusiven anderen Stadtratsprotokoll, geschrieben wie üblich von e...