- Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe
eurer monatlichen Lieblingstelenovela «Der Stadtrat von Langenthal». Für die
heutige Episode stehen folgende Titel zur Auswahl «Die Abgründe des niedrigen
Steuersatzes», «der Budgetalbtraum, Part 555» und «Die Kindergartenbande – ein
philosophischer Kinderfilm». Ihr dürft dann aussuchen, welchen ihr wählen
würdet. Oder wir nehmen sie einfach als Staffeltitel oder Prequelname,
schliesslich gibt es heute keine Serie mehr ohne ein entsprechendes Prequel,
ein Vor – Prequel – und ein Vor – vor – Prequel. Nicht zu vergessen, das Sequel
und das nach – Sequel und das nach – nach – Sequel.
- Ich habe mir kurz vorher den Kopf an einem halb
heruntergelassenen Rollo angeschlagen (weil ich zu faul war, ihn ganz
raufzuziehen, von daher ist es wahrscheinlich Karma) und irgendwie tut das
immer noch ziemlich weh. Es tut mir also ehrlich leid, wenn ich wirres und
irritierendes Zeug von mir gebe, ich habe nichts dafür, der Rollo ist schuld,
ich habe wahrscheinlich an meiner latenten Gehirnerschütterung (wobei böse
Zungen ja behaupten, dass mein Hirn immer durcheinander sei).
- Wir fangen mit was Leichtem an: Ein neues Mitglied für
die Finanzkommission wird gewählt, und zwar ist das der Sozialdemokrat Bruno
Grossniklaus, Jahrgang 1988 (fast ein 90er Kind), der laut Fraktionsboss
Baumgartner gerade einen CS – Kurst abschliesst, der juristische Sachen für
Nichtjuristen erklärt (klingt nach einem Lehrgang, den alle im Stadtrat machen
müssten, ha, ha, ha. Ja, dann viel Spass im Langenthaler Geldspeicher, Bruno.
Möge Dagobert Duck stets mit dir sein.
Teil 1: Geld macht nicht glücklich... aber es beruhigt - Super. Der Finanzplan wird präsentiert. Jetzt weiss
ich wieder, warum ich erst gar nicht kommen wollte, es geht heute ja um Geld,
Geld und nochmals Geld und um Zahlen, Zahlen, Zahlen. Mich überkommt gerade der
Drang, mich aus dem Fenster zu stürzen, aber ich unterdrücke ihn.
- Roberto di Nino erklärt, das Ziel der Stadt sei ein
Weight Watchers Defizit. Also, eines das abnimmt, damit wir auch zukünftig Geld
zum Fenster rausschmeissen…äh, ausgeben können. Effizienter wollten wir auch
werden. Und wir wollen eine Steueranlage, die jeden Schönheitswettbewerb
gewinnen würde, also möglichst attraktiv ist. Und einen niedrigen BMI hat.
Also, wir wollen einen möglichst niedrigen Setuersatz, der deshalb attraktiv
ist. War das verständlich? (Und Schönheitswetteberwerbe sind oberflächlich,
einfach, dass ich das hier noch gesagt habe, nicht dass man mir vorwirft, ich
würde hier sexistische Klischees verbreiten.
- Aber unser oberstes Ziel ist natürlich, die steuergünstigste
Gemeinde zu bleiben! Warum habe ich gerade das Gefühl, ein Deja – vu zu
erleben? Ah ja stimmt, weil ich letztes Jahr GENAU das Gleiche schon mal gehört
habe. Wir sind in einer Zeitschleife, Leute, in einer Zeitschleife, wir erleben
jetzt immer und immer wieder die gleiche Diskussion und werden nie mehr über
was anderes reden.
- Der Gemeinderat hat das Ziel, kein höheres Defizit als
4'000'000 zu machen. Die Finanzkommission hat sich bei einem lustigen Happening
namens «Budgetnachmittag» (gibt’s da eigentlich Kekse?) getroffen und mit ein
paar Sparvorschlägen das Ziel erreicht. Ein Hoch auf die Finanzkommission, die
verhindert, das Langenthal verlumpet.
- Die Erfolgsrechnung schliesst besser ab als letztes
Jahr. Rund 1.7 Mio. Noch mehr Applaus. Und das Budget hat auch schon schlechter
ausgesehen. Juhu. Lasst die Korken knallen. Und krieg ich jetzt endlich meinen
Freizeitpark?
- Personalaufwand nimmt 2024 zu, weil verschiedene
Stellen voraussichtlich besetzt werden. Und nächstes Jahr sind ja noch Wahlen,
da muss auch mehr Leistung erbracht werden und das kostet halt. Grösste
Position ist immer noch der Transferaufwand, das sind Zahlungen an dritte
(Bund, Kanton, etc), die natürlich null beeinflussbar sind. Ausser wir würden
versuchen den Kanton zu erpressen, indem wir beispielsweise damit drohen
würden, uns abzuspalten und einen eigenen Kanton zu gründen (ja, ja, ich glaube
an diesen Kanton Oberaargau, ich lasse mir diese Idee nicht mehr ausreden).
- Ertrag: Grösster Ertrag durch Steuereinnahmen (also,
das Geld, das ihr eingezahlt habt, ihr lieben Kinderchen), die Langenthaler
Wirtschaft floriert, weil wir alle so fleissig giessen. Dividenden werden auch
noch ausgeschüttet von der IBL und der Onyx – AG. Das sind unsere Obstbäume, um
bei der Gartenmetapher zu bleiben.
- Roberto Di Nino will uns reinen Wein einschenken und
zeigt konkret mit Zahlen auf, wie sich die Steuererhöhungen auf die einzelnen
Vermögen der natürlichen Personen (also von uns), auswirken. Das ist
tatsächlich superpraktisch für Menschen, die unter Dyskalkulie leiden, so wie
ich.
- Um die Defizitgrenze nicht zu überschreiten, werden
wir trotz Steueranpassungen weiter sparen müssen. Super. Da freue ich mich doch
darauf. Zum Glück habe ich schon lange aufgehört, etwas vom Leben zu erwarten,
sonst wäre ich jetzt richtig deprimiert. Aber dank der Erhöhungen können wir
unseren Finanzhaushalt stabilisieren. Also, der hängt immer noch am
Sauerstoffgerät und am Tropf, aber zumindest hat er keinen
Kreislaufzusammenbruch mehr (sagt mir, dass meine Metaphern gut sind, ich finde
mich gerade ziemlich genial, ehrlich gesagt.)
- Jaja, wir haben die tiefsten Steuern. Winde
Blumenkränze um mein Haupt, tralala und Hoppsesasa. Werde das bei Dates und
Bewerbungen zukünftig immer erwähnen: «Hey, ich wohne in der Stadt mit dem
tiefsten Steuersatz im Kanton Bern» und dann werden alle vor Ehrfurcht
erstarren. De Nino beschwört die Anwesenden, die Langenthaler:innen daran zu
erinnern. Ihr könnt ja einfach diesen Blog teilen, dann habt ihr das erledigt
(*Schleichwerbung*)
- Der Gemeinderat will Infrastrukturen erhalten. Wow.
Überrascht mich jetzt. Ich dachte, der Gemeinderat hat das Ziel, alles
verlottern zu lassen, weil es so sexy ist, in einer heruntergekommen
Geisterstadt zu leben.
- Defizit 3,85 Milionen, Steueranlage 1.44. So sieht die
Zukunft aus. Und vergesst nicht, wer hat die tiefsten Steuern? LANGENTHAL!
- Die GPK zeigt sich ganz angetan von der Arbeit des
Gemeinderates – oder zumindest nicht komplett abgeneigt. Sie hatte nur noch
einige Fragen, kam aber letztendlich zum Schluss, dass die angestrebte
Steuererhöhung in Anbrecht der noch zu tätigenden Investitionen Sinn mache.
Also, die Steuererhöhung, die letztes Mal noch eine Katastrophe war, ist jetzt
annehmbar. So schnell dreht sich der Wind.
- Diego Clavadetscher (FDP) bringt eine tröstliche
Botschaft: Altgediente Mitglieder seien der Meinung, dass die Realität meist
besser kommt als geplant (also, meine Realität kommt meist schlechter als
geplant, aber vielleicht ist das nur mein ganz persönlich Unglück). Das gebe
doch Hoffnung, verkündet er strahlend. Dennoch macht er sich Sorgen wegen der Zunahme
von Schulden. Das sei schlecht für zukünftige Generationen, deshalb werde die
FDP den höherem Steuersatz diesmal zustimmen. Aufgrund des immer noch sehr
miesen Selbstfinanzierungsgrad lägen keine unnötigen Sprünge drin, da komme er
zum gleichen Schluss wie der ehrenwerte Finanzminister.
- Agnes Imhof (SP/GL) betont für die Linke noch einmal,
dass Sparen alleine nun mal nicht mehr ausreiche und ihre Fraktion nur noch
begrenzt Sparmassnahmen sehe. Man müsse mit den Steuern raufgehen aka mehr
Einnahmen generieren.
- Der Finanzplan wird zur Kenntnis genommen. Mehr kann
der Stadtrat damit auch nicht mehr machen.
Teil 2: Sie kamen, sie sahen, sie budgetierten - Wenden wir uns nun den wichtigen Dingen zu. Der
Finanzplan ist ja im Grunde nur ein schönes Gemälde hinter einer
Sicherheitsscheibe, das der Stadtrat bewundern oder kritisieren kann, aber beim
Budget, da kann er selbst mitkritzeln und mitzeichnen und am Ende stolz seine
Signatur daruntersetzen (oder, wie beim letztjährigen Budget, einfach
behaupten, dass man eigentlich gar nicht mitgemacht hat und die merkwürdigen
Striche darauf sicher nicht von ihm, sondern vom Gemeinderat stammen.)
- Als erstes steht im Raum, ob wir wieder so eine
lustige Variantenabstimmung durchführen wollen. Wird der Antrag angenommen,
gibt es eine zweite Lesung. Aber wir beraten trotzdem alles durch. Oh ja, bitte
macht, dass es eine zweite Lesung gibt, ich habe in diesem Jahr definitiv viel
zu wenig über das Budget geredet, ich möchte unbedingt noch viel mehr darüber
reden!
- Patrick Fluri (SVP) erklärt, die Steuererhöhung sei
nötig, aber sie komme nur durch, wenn der Wille zum Sparen wirklich da sei und
davon spüre man zu wenig bei der Stadt, bemängelt er. Er wünsche sich mehr
Unternehmertum. Deshalb stelle seine Fraktion zwei Anträge: Eine zur
Variantenabstimmung und eine für eine zweite Lesung. Mir erschliesst sich die
Logik, dass die Menschen viel lieber mehr Steuern zahlen, wenn sie dafür
weniger Leistung erhalten, nicht ganz, aber ich bin ja bekanntlich auch
linksversifft.
- Diego Clavadetscher (FDP) erklärt, seine Fraktion
unterstütze mehrheitlich die Erhöhung der Steueranlage (vielleicht sollte
jemand den Bürgerlichen Fieber messen. Irgendwas läuft mit denen heute
seltsam), allerdings würden die Stimmberechtigten diese Auffassung
möglicherweise nicht ganz teilen, zumal der Abstimmungstermin wieder eher
unglücklich ist, weil an dem Datum keine kantonalen oder nationalen
Abstimmungen stattfinden (also, Abstimmungen, deren Ausgang die Menschen
tatsächlich interessieren würden). Ansonsten zeigt er sich sanft konsterniert
darüber, dass manche der Kürzungen, die der Stadtrat noch beim letzten Budget
erfolgreich durchgebracht hat, nun wieder unter den Tisch gefallen sind. Und er
nutzt seine Redezeit, um erneut auszuführen, dass der ganze Budgetprozess
unglücklich angelegt sei, denn «politische Entscheide werden gefällt, ohne dass
der Stadtrat Einfluss darauf nehmen kann.» Aufgrund dieser systemischen
Voraussetzungen sei man also gezwungen «Konfrontativ miteinander zu ringen.»
Wow. So schön hat noch niemand ausgedrückt, dass man vorhat, sich gegenseitig
an die Gurgel zu gehen.
- Die Mitte – Links Gang stehen hinter dem Budget, wobei
es sich Gang Boss Sandro Baumgartner (SP) nicht nehmen lässt, noch einmal
darauf hinzuweissen, dass es sich ja exakt genommen gar nicht um eine
Steuererhöhung handelt, sondern vielmehr um eine Zurückführung auf den
Steuerfuss aus dem Jahr 2010. Auf dieses Statement hin, schiebt sich Diego
Clavadetscher so viel Ovo Schokolade in den Mund, als müsse er sich damit davon
abhalten, zu einem weiteren Vortrag anzusetzen.
- Martin Lerch (SVP), der ja irgendeinen Rang im Militär
bekleidet (ich habe gerade vergessen welchen, aber ziemlich was Hohes) liefert
uns dann freundlicherweise noch eine komplette Risikoanalyse, die ich gerne für
euch rekapituliere: Erstens, die Stimmbevölkerung hat zweimal eine
Steuererhöhung abgelehnt und der Stadtrat riskieren innerhalb von gerade mal
elf Monaten eine dritte Ablehnung. «Will man wirklich sehenden Auges gegen eine
Mauer zu knallen?», ruft Martin Lerch dem Stadtrat zu. Naja, vielleicht öffnet
sich so ja das Tor zu Gleis 9 ¾ und um Hogwarts sehen zu dürfen, würde ich
sogar mehr Steuern zahlen. Wirklich.
- Weiter führt Lerch aus, sei es in der Schweiz
eigentlich Konsens, dass man nach Abstimmungen eine gewisse Schonfrist einhalte
bevor man mit demselben Anliegen wieder vors Volk gehe (ausser man bringt das
gleiche Anliegen unter anderem Namen, wie es die SVP seit Jahren tut, dann ist
es natürlich vollkommen okay) und die wirtschaftliche Situation der
Bürger:innen habe sich nicht geändert und sehe nun einmal nicht gerade rosig
aus. Ausserdem sei die Steuererhöhung keineswegs alternativlos, denn nichts im
Leben ist alternativlos. Ausser sterben. Irgendwie habe ich den Teil verpasst,
in dem er erklärt, welche Alternativen wir denn genau haben, um das
strukturelle Defizit loszuwerden. Verkauf des Glaspalasts an irgendeinem
verrückten Schlosssammler? Ja, es ist kein Schloss, aber wenn wir es ein wenig
aufpeppen, geht es vielleicht als solches durch.
- Diesmal steht die SVP aber ziemlich alleine da. Mike
Sigrist (EVP) erklärt betont nüchtern, Risiken gebe es immer und ja, sicher
auch immer Alternativen – nur seien die halt nicht immer sinnvoll. Selbst Pascal
Dietrich (parteilos), letztes Jahr noch ein vehementer Gegner der
Steuererhöhung, ist nun Team Steuersatz 1.44, denn die wirtschaftliche Lage
habe sich inzwischen entspannt. «Und bei den Investitionen, die wir machen
wollen, brauchen wir die Erhöhungen.» Variantenabstimmungen erachtet er als
eher ungesunde Entwicklung bei Budgetdebatten, eine Haltung, die Nathalie
Scheibli (SP) teilt. Sie redet zudem dem Stadtrat ins Gewissen, sich für dieses
Budget einzusetzen, den höheren Steuersatz der Bevölkerung gegenüber offen zu
vertreten und sich auch, wenn nötig dafür aus dem Fenster zu lehnen. Aber seid
bitte vorsichtig, das ihr nicht rauskippt, das wäre schade um euch.
- Der Antrag auf Variantenabstimmung wird abgelehnt. Das
erspart uns beim Ausfüllen, die damit einhergehende Ratlosigkeit, was genau wir
da jetzt eigentlich ankreuzen sollen. Aber vielleicht habe nur ich damit
Probleme, ich kann ja bekanntlich nicht so gut mit Demokratie umgehen.
Teil 3: Worüber reden wir nochmal?
- Kein Budget ohne zahlreiche Anträge. Eigentlich darf
die SP ihre präsentiere, doch deren Chef, Sandro Baumgartner fragt lieber
Patrick Freudiger (SVP), ob er die Anträge, vortragen möchte, worauf Freudiger,
leicht irritiert, mein, er präsentiere lieber seine Anträge, als die der SP.
Aber eigentlich fände ich das eine gute Idee, um das gegenseitige Verständnis
im Stadtrat zu fördern. Vor der Sitzung werden jeweils die Anträge getauscht
und jeder muss mal einen Antrag der anderen Parteien vortragen und versuchen,
ihn durchzubringen. Das wäre wichtig für das gegenseitige Verständnis!
- Die SP will mehrere Positionen streichen und das dadurch
gesparte Geld für die Entlastung von Lehrpersonen (andere Städte nennen es auch
Schulsozialarbeit) zur Seite legen. Niemand zeigt mehr Freude über den
plötzlichen Sparwillen der Linken als Patrick Freudiger (SVP), der geradezu
verzückt ist und sich so äussert, als sei die SP ein Haufen unerziehbarer
Teenager, der sich für einmal richtig benimmt.
- Die gute Stimmung erhält einen Dämpfer, als die
Diskussion unterbrochen wird, weil niemand so richtig weiss, welche Positionen
die SP/GL Fraktion jetzt genau einsparen will, bzw. was genau sich hinter denen
von ihnen angegeben Konten verbrirgt. Gemeinderat Roberto di Nino (SVP) zeigt
sich «überrascht darüber», dass die Antragsstellenden gar nicht wissen, wo sie
sparen wollen, die Antragsstellenden – also, die SP/GL Fraktion – hält dagegent,
dass sie ja schliesslich auch nie wissen, was die anderen genau einsparen wollen
und am Ende stimmen trotzdem alle der Kürzung zu. Hoffen wir, dass irgendjemand
auf der Verwaltung weiss, was er jetzt da einsparen muss.
- Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung mehr, von was wir
da eigentlich reden, aber der Stadtrat hält immer einstimmig die Karten hoch,
wahrscheinlich weil es ihnen völlig egal ist, wo wir sparen, Hauptsache es wird
gespart. Aber schön zu sehen, wie der Gemeinderat völlig entnervt die Konten
raussucht, damit zumindest der Anschein gewahrt wird, als wüsste irgendjemand, um
was es geht.
- Es entspinnt sich eine Diskussion um die sogenannte
Besoldungsreserve. Patrick Freudiger (SVP) stösst sich daran, dass diese im
Budget mit einer höheren Teuerung berechnet wird, obwohl diese für dieses Jahr
wahrscheinlich niedriges ausfallen wird. Diego Clavadetscher (FDP) kann seinen
Kollegen beruhigen, er sei mit derselben Frage zum Gemeinderat gegangen (mit
denen kann man offenbar tatsächlich reden) und der habe ihn versichert, dass nur
die effektive Höhe der Teuerung angepasst werden würde, nicht die prognostizierte.
Deshalb hilft die die FDP für einmal nicht mit beim bekannten SVP - Spiel «Wie
sorgen wir dafür, dass gar niemand mehr auf der Verwaltung arbeiten will?» Der
Antrag wird folglich abgelehnt.
- Der Wirtschaftslunch wird auch weggekürzt – richtig, wurde
da nie eingeladen, ist ein Skandal, ich will auch essen und Champagner trinken
und wenn ich nicht kann, sollen die anderen auch nicht – und diesmal wissen
wenigstens alle, von was wir reden, deshalb kommt die Abstimmung diskussionslos
durch. Kein Wirtschaftslunch mehr. So traurig. Nicht.
- Ach ja, und das Budget für die Bundesfeier soll gekürzt werden. Ja, sorry, das ist wegen mir so hoch, meine Gage, wisst ihr, und dann musste die Stadt die Leute auch noch für meine bodenlos freche Rede entschädigen, deshalb ging das ins Geld und jetzt müssen sie meine Scharte auswetzen und eine Riesenparty schmeissen, damit die Leute sich wieder beruhigen, was noch einmal teurer wird. Tut mir echt leid.
- Nein, Spass, ich habe kein Geld dafür bekommen. Nur
einen riesigen Geschenkkorb. Den ich schon leer gefuttert habe, nebenbei
bemerkt. Aber die nächste Bundesfeier wird bescheidender ausfallen. Und ohne
mich, ihr könnt also wieder hingehen.
Teil 4: Jobs, Jobs, Jobs…oder auch nicht. - Eigentlich will der Gemeinderat neue Stellen schaffen,
doch da hat er die Rechnung ohne Patrick Freudiger (SVP) gemacht, der sich klar
gegen die Schaffung neuer Stellen ausspricht. So wie es die Finanzkommission im
Vorfeld bereits getan hat, bevor der Gemeinderat den Beschluss wieder gekehrt
habe, was die Steuerzahlenden rund 1 Mio. kosten wird. Freudiger mahnt, der Gemeinderat habe sein
selbst gestecktes Finanzziel nur deshalb erreicht, weil er die IBL – Dividende
erhöht hat. Vor diesem Hintergrund sei es nun mal nicht richtig, neue Stellen
zu schaffen. «Man muss das Notwendige vom Wünschbaren trennen», so Freudigers
Mantra. Das ist ein guter Spruch, den könnte man zum Beispiel bringen, wenn das
Kind rumtrotzt, weil es unbedingt ein Spielzeug haben will.
- Diego Clavadetscher (FDP) spricht der SVP seine Unterstützung
aus. Man wolle niemanden Lohn wegnehmen, sondern lediglich das Wachstum
einschränken. Ich möchte den Moment nutzen, um kurz die Ironie dahinter zu
bewundern, dass das Finanzamt wahrscheinlich keine neuen Stellen bewilligt
kriegt, wegen fehlender Finanzen. Das ist fast schon tragisch, aber zumindest
komisch.
- Es ist jetzt halb zehn und wir dümpeln immer noch bei
den einzelnen Kostenstellen rum und jetzt gibt es noch ein Sitzungsunterbruch,
weil die SP/GL Fraktion nicht einfach so Handgelenk mal Pi über so viel Geld
verfügen will. Sandro Baumgartner (SP) verkündet schliesslich freudestrahlend,
dass seine Fraktion die Anträge der SVP teilweise unterstützen wird und hat
einen kurzen innigen Moment mit Patrick Freudiger, der eifrig nickt und sich –
wahrscheinlich zum ersten Mal seit Ewigkeiten – begeistert über das Votum eines
SPlers zeigt.
- Übrigens wissen manche der Anwesenden gar nicht, was
diese Stellen eigentlich beinhalten würden. Vielleicht bin ich ja blöd, aber
hätte man diese Stellenbeschreibungen dem Stadtrat nicht vor dieser Debatte
vorlegen können? So wegen Effizienz und so? Ist es nicht komisch, Stellen
bewilligen zu lassen, ohne die Leute darüber zu informieren, was das für
Stellen sind? Ich meine, das könnte ja alles sein. Tomatenpflücker:innen. Büroklammerverbieger:innen. Zimmerpflanzenabstauber:innen. Die Palette ist
unendlich.
- Ich habe glaub selten so eine wirre Abstimmung
gesehen. Frage mich, ob überhaupt noch einer der Anwesenden die Übersicht hat,
über welche Konten man überhaupt abstimmt oder ob wir schon längst beim Zufall
angekommen sind. Zum Glück verlangt niemand von mir, dass ich das genau
protokolliere, ich kann hier ja schreiben, was ich will. Jedenfalls entscheidet
sich der Stadtrat gegen die Stellen. Wow, der Stadtrat ist wirklich sparwillig
und macht Nägel mit Köpfen. Das ist doch ganz ein anderes Bild als noch vor
einem Jahr, wo viel gesagt, aber wenig gemacht wurde. Es wird immer noch viel
gesagt, aber wenigstens auch einiges gemacht. Und wenn wir in dem Tempo weiter
fahrend sind wir vielleicht vor 12 zuhause.
- Spass. Never sind wir vor 12 zuhause.
Teil 5: Back to the Future - Weil heute der Abend ist, wo gefühlt alles, was schon
einmal aufs Tapet gekommen ist, nochmal durchackern, stellt die Mittelinksgang
(ja, ich mag den Namen und SP/GL und EVP/GLP Fraktion ist so lang, also gewöhnt
euch daran) den Antrag, die Kulturlegi wieder einzuführen, was sie – wir
erinnern uns, schon einmal mittels Vorstoss versucht haben. Ist auch eine
Strategie. So lange fragen, bis die Leute so entnervt sind, dass sie einfach
zustimmen.
- Das hat sich jetzt richtig gelohnt. Die Abstimmung
geht genau gleich aus, wie schon beim letzten Mal, erneut gibt es im Stadtrat
ein Patt, wieder gibt Michael Schenk den Stichentscheid und wieder geht die
Kulturlegi deswegen unter. Man kann aber sagen, dass der Stadtrat sich
zumindest treu bleibt und offenbar nicht innerhalb weniger Monat seine Meinung
wechselt.
- NOCH MEHR ANTRÄGE, ich kann nicht mehr, kann mir bitte
jemand eine Fritteuse hinstellen, damit ich wahlweise Pommes Frites drin machen
kann oder einfach meinen Kopf reinstecken kann, um diesem Elend ein Ende zu
machen, ich will keine Kostenstellen mehr hören, das ist Tierquälerei. Selbst
der Beamer ist gelangweilt und schläft ein.
- Im Stadttheater soll gespart werden (auch das hatten
wir schon mal). Weil das viel teurer ist, als ursprünglich angedacht ist und
das Parlament eigentlich schon mal gesagt hat, dass hier gespart werden soll,
wie Diego Clavadetscher (FDP) ausführt. Ausführungen, die er übrigens nur
deshalb tätigen kann, weil er selbst Recherche betrieben hat, denn in den
Grundlagenakten hat er keine tieferen Informationen gefunden und die GPK bekam laut
seiner Aussage, zwar weitere Auskünfte, diese bezogen sich aber auf das laufende
Jahr, nicht auf das nächste. Zudem moniert er, dass sie lange auf Antworten gewartet
hätten, die Antworten sich aber nicht auf die gestellten Fragen bezogen hätten.
Naja, wahrscheinlich weil sie lieber über andere Sachen reden wollten, als die
GPK, was verständlich ist, ich zum Beispiel würde auch lieber über die Leben
von Goethe und Schiller reden als über Geld, aber ich werde zugegebenermassen
auch finanziell nicht von der Stadt unterstützt.
- Diego Clavadetscher (FDP) eröffnet den Anwesenden dann
auch, wieso die Angaben des Stadttheaters nicht besonders hilfreich gewesen
wären. So sei es vollkommen irrelevant über wie viele Plätze das Stadttheater
verfügt, relevant seien die Einnahmen. Weil, Stühle zahlen normalerweise keinen
Eintritt. Zudem seien die Zahlen zu spät geliefert worden und die entscheidenden
Grössen hätten gefehlt, so dass man mehrere Stunden investieren musste, um
überhaupt zu Ergebnissen zu kommen. Ausserdem wundert er sich darüber, dass das
Stadttheater zwar mit abnehmenden Zuschauerzahlen rechnen, aber trotzdem höhere
Ausgaben veranschlagt. Vielleicht sind die Zuschauer: innen, die kommen, ja
einfach besonders anspruchsvoll.
- Falls es wen interessiert: Das Stadttheater hat laut
eigenen Angaben 17'000 Gäste willkommen geheissen. Darin eingerechnet sind aber
auch Zuschauer: innen, die gar nichts für ihr Vergnügen gezahlt haben. Die effektive
Zuschauerzahl beläuft sich, laut Zählrahmen Diego Clavadetscher auf 10'000, was
laut dem FDP – Stadt keine beeindruckende Zahl sei. Das ist relativ. Wenn mir
10'000 Leute zusehen würden, fände ich das ehrlich gesagt schon sehr
beeindruckend.
- Am Ende muss das Stadttheater Federn lassen. Wobei die
SVP uns wieder daran erinnern, dass sie ohnehin vor Jahren gegen die
Luxussanierung des Stadttheaters gewesen sind. Ich bin froh, dass sie das
regelmässig erwähnen, ich habe manchmal Angst, dass ich es vergessen könnte.
Genau wie das mit dem NIEDRIGSTEN Steuersatz im ganzen Kanton Bern. Wir dürfen
aber gespannt sein, ob das Stadttheater und das Amt für Kultur und Sport die
Einsparungen diesmal annehmen, oder sie einfach wieder geflissentlich ignorieren,
so wie die letzten Male, ganz nach dem Motto, was kümmert mich das Geschwätz
des Stadtrats, ich mache hier Kunst!
Teil 6: Lustig ist das Stadtratsleben - Jetzt sind so viele Kürzungen durchgekommen, dass die
SP direkt wieder Lust bekommt, Geld auszugeben. Wobei eigentlich wollen sie
umverteilen. Das, was dank ihren Anträgen eingespart werden soll, soll in die
Entlastung der Lehrpersonen fliessen. Andere Städte nennen das
Schulsozialarbeit, aber in Langenthal ist das ein böses Wort, deshalb sprechen
wir es nicht laut aus.
- Das Anliegen erntet Sympathien, was wohl auch an den
Voten der Fraktionssprecher: innen liegt, die mit eindringlichen Worten
klarmachen, dass die Situation sich verschlechtere. «Es ist, als würde es
brennen und wir haben nicht genug Feuerwehrleute», erklärt Cornelia Gerber –
Schärer und inzwischen sei es so, dass die Lehrkräfte nicht davonlaufen,
sondern gar nicht erst kommen würden. Und, so warnt sie, zu lange zuwarten
würden sich das irgendwann rächen.
- Patrick Freudiger (SVP) stört sich an der fehlenden
Rechtsgrundlage. Als Kompromiss schlägt Diego Clavadetscher (FDP) vor, man
könne den Betrag ja mal provisorisch einstellen und die Diskussion, ob die
Erhöhung nötig sei, ein anderes Mal führen. Ein Platzhalter, bis ein
Reglementsbeschluss vorliegt. Freudiger wirkt immer noch nicht begeistert.
Statements wie «lassen wir die Juristerei, stimmen wir einfach pragmatisch ab»
sind wahrscheinlich ein Stich in sein Juristenherz, aber schlussendlich setzt
sich die Ratslinke mit Hilfe der FDP durch, das Geld wird erst einmal auf dem
Konto bereit gestellt. Aber noch nicht ausgegeben.
- Möchte erwähnen, dass es jetzt bald 11 Uhr nachts ist
und wir immer noch nicht durch mit dem Budget sind. Warum genau, hat die
Sitzung eigentlich erst um 19:00 angefangen, wenn so viele Anträge eingereicht
wurden? Vorspiegelung falscher Tatsachen nenne ich das.
- Aber hey, der Stadtrat hat das Defizit tatsächlich
verringert. Und er stimmt dem Budget zu. Dem Budget mit dem NIEDRIGSTEN
Steuersatz im Kanton Bern! Allerdings hat er dafür fünf Stunden gebraucht und
eigentlich stünden da ja noch Kindergärten auf dem Programm. Also, wirkliche
Kindergärten, ich will dem Stadtrat keineswegs unterstellen, dass er sich wie
ein Kindergarten benimmt.
- Pascal Dietrich (parteilos) will die Sitzung
abbrechen, doch relativ viele Stadträt:innen und auch der Stadtratspräsident
wollen durchziehen, schliesslich sei man auch schon bis morgens um zwei dran
gewesen. Ja, klar, und das ist super erstrebenswert, weil ja sicher niemand
müde oder hungrig ist, sagt mal, seid ihr wahnsinnig, ich muss das Ganze noch
ins Reine schreiben und ich bin bald alleinerziehende Katzenmama, ich kann
nicht mehr bis in die Puppen aufbleiben, etwas Rücksicht auf das Lama bitte,
ich habe HUNGER, HUNGER und mein Arsch tut weh, wieso quält ihr mich so???
- Ganz knapp wird dem Ordnungsantrag zugestimmt. Danke,
Stadtrat, ich liebe euch.
- Über die Kindergärten wird bei einer spontan
einberufenen Stadtratssitzung nächste Woche abgestimmt. Leider bin ich da nicht
dabei, ich muss arbeiten. Ich glaube nicht, dass ich da sonderlich viel
verpasse, ich finde Bauvorlagen ehrlich gesagt immer sterbenslangweilig. Und
mein Hintern muss sich jetzt erstmal von diesen Strapazen erholen. Aber wenn es
euch interessiert, geht zuschauen, mit etwas Glück wird sich eine Diskussion
über Sinn und Unsinn der Zentralisierung von Kindergärten ergeben und das ist
immer unterhaltsam.
- Und vergesst nicht: Wir leben in der Gemeinde mit dem NIEDRIGEN Steuersatz im ganzen Kanton Bern!!!
Best of Stadtrat
«Zumindest seid ihr jetzt alle wach.» Michael Schenk
(SVP, Stadtratspräsident), als die Anlage erst nicht funktioniert, dann mit
einem Knall zum Leben erwacht und seine Stimme wie die Stimme Gottes durch den
Raum hallt.
«Robert di Ninio.” Neues Pseudonym für Roberto di
Nino, ausnahmsweise nicht von mir, sondern von Martin Lerch (SVP).
«Es ist nun wirklich nicht meine Art, dem Gemeinderat
übermässig Kompetenzen zuzuschanzen.» Pascal Dietrich (parteilos) eilt der
bedrängten Exekutive zur Hilfe und niemand ist davon überrascher als er selbst.
«Ihr wollt also eine Position einsetzen, für die gar
kein Beschluss vorliegt – oder genau genommen sogar ein gegenteiliger
Beschluss. Aber ich würde bald sagen, das passt zum heutigen Abend.» Roberto di
Nino (SVP), mit seiner Version von «Macht doch, was ihr wollt.»
«Sandro Baumgartner…äh Roland Loser…ihr seid beide so
schwarz angezogen.»
«Naja, ist ein trauriger Tag heute.» Roland Loser (SP)
zeigt sich für einmal nicht nur kleidungstechnisch eher düster.
«Den Boomern finanzieren wir die Kultur, die Jungen
sollen selber schauen.» Fabian Fankhauser (GLP) und das Boomer – Trauma seiner
Generation.
«Über was stimmen wir nochmals ab?» Das fragen wir uns
alle, Sandro Baumgartner (SP).
«Ich rede auch lieber zu euch, wenn ihr noch frisch
seid.» Nathalie Scheibli (SP) mag den Stadtrat lieber, wenn er frisch aus dem
Ofen kommt.
«Du hast hier gar nicht zu gähnen, du willst
schliesslich unbedingt weitermachen, du hast kein Recht dazu!» Franziska Zaugg
– Streuli (FDP) zu Fraktionsgspännli Diego Clavadetscher, der im Gegensatz zu
ihr, sich noch ein wenig länger durch die Stadtratssitzung quälen möchte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen